Ghanaische Katholiken leben Glauben lebendig
Westafrika mitten in Berlin
Seit dem Jahr 2000 kommen in Berlin lebende Ghanaer in der „Katholischen Ghana-Gemeinschaft“ zusammen, um in ihrer Sprache Gottesdienst zu feiern. Tradition wird hier ebenso gepflegt wie Integration.
Singen, Klatschen und ein wenig Tanz: Gottesdienst der Katholischen Ghana-Gemeinschaft Berlin |
Laut und fröhlich geht es zu, wenn die „Katholische Ghana-Gemeinde“ in der St.-Judas-Thaddäus-Kirche in Berlin-Tempelhof zusammenkommt. Das gilt für die Frauen, gerade die Chorsängerinnen mit ihren bunten Kleidern, die ihren Gesang mit Tanz unterlegen. Aber auch Männer erscheinen farbenfroh, mit Kleidung im „Kente“-Muster, oder aber in verhältnismäßig dezenten „Batakari“-Streifen. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Menschen trudeln ein, am Ende der Messe sind gefühlt doppelt so viele da wie zu Beginn. Darunter sind auffällig viele junge Menschen. Father Stephen Duodo spricht vor und nach der Messe mit vielen der Besucher.
Rasantes Wachstum seit der Gründung
Seit 2015 steht Duodo der Katholischen Ghana-Gemeinde vor. Gegründet worden war diese mit Hilfe von Josef Rohrmayer, einem Pater der „Weißen Väter“. Seine Gesellschaft der Missionare Afrikas leitet in Berlin das „Afrika-Center“, das Einwanderer in der neuen Umgebung mit Rat und Tat zur Seite steht. Sechs in der Hauptstadt lebende Ghanaer waren 2000 auf den gebürtigen Niederbayer zugegangen und fragten nach einer Möglichkeit, Gottesdienste in ihrer Sprache zu feiern. Der Liturgie auf Deutsch zu folgen, war ihnen schwergefallen. „Father Joe“ hatte 30 Jahre missionarisch in Ghana gedient und kannte Land und Gebräuche gut. Mit der kleinen Gruppe hielt er die ersten Messen ab.
Seitdem ist viel passiert. Die Gemeinde wuchs immer mehr, auch, weil sie Neuankömmlingen in der Stadt als Anlaufstelle diente. „Vor Corona kamen 150 bis 200 Leute in die Messe. An Ostern und an Weihnachten sind es sogar 400 bis 500, weil dann auch die da sind, die sonst nicht immer kommen“, sagt Father Duodo, der Pater Rohrmayer nach dessen Versetzung in den Ruhestand abgelöst hat.
Je näher Weihnachten rückt, desto ausgelassener wird gefeiert. Tanzen, Klatschen und Jubeln als Ausdruck der Freude sind ausdrücklich erlaubt. Am 25. Dezember, dem wichtigsten Weihnachtstag, gibt es nach der Messe noch ein großes Fest. „Dann stoßen auch die Ghanaer dazu, die zuvor woanders in die Kirche gegangen sind, und feiern mit uns bis in den Abend“, sagt er.
Miteinander statt nur Nebeneinander
Aufgetischt werden traditionelle Gerichte, etwa „Jollof“, in reichhaltiger, scharfer Tomatensoße gekochter Reis. Oder „Banku“, Mehlteig aus Mais und der Maniokpflanze, serviert mit gebratenem „Tilapia“-Buntbarsch. Ein nicht-ghanaisches Getränk darf aber auch nicht fehlen: der gute alte Glühwein. „In Ghana haben wir keinen Glühwein, hier schon. Das ist auch gut so, denn hier ist es viel kälter als in Ghana, wo es zur Weihnachtszeit um die 25 Grad sind“, erzählt Katechist Petrus Boayke, der zu den sechs Gründern der Gemeinschaft gehört. „Sich an den Winter in Deutschland zu gewöhnen, war echt nicht leicht“, sagt er lachend.
Neben ghanaischer Musik und Gospelsongs erklingt auch Hip-Hop, denn die jungen Leute gestalten vieles mit. „Sie studieren auch ein Krippenspiel ein, ganz ähnlich wie in deutschen Gemeinden“, sagt Boayke. Dass Traditionen gewahrt bleiben, darauf legen die Leiter der Ghana-Gemeinschaft zwar Wert. Genauso wichtig finden sie aber, dass ihre Mitglieder sich in die neue Heimat integrieren. „Den Jüngeren fällt das leichter als den Älteren. Das fängt schon bei der Sprache an“, sagt Father Stephen. Deshalb predigt er im Gottesdienst abwechselnd auf Englisch, Deutsch und Twi (ausgesprochen etwa: „Tchi“), einem der Sprachdialekte Ghanas.
Dreimal im Jahr feiern die Berliner Katholiken aus Ghana zusammen mit der Gemeinde Herz Jesu/St. Judas Thaddäus: an Palmsonntag, Fronleichnam und neuerdings auch das Patronatsfest. „Damit wollen wir das Miteinander stärken. Die Ghanaer singen deutsche Lieder und die Deutschen versuchen sich an ghanaischen Gesängen“, lacht Father Stephen. „Es gibt aber auch schon einige gemischte Ehepaare, die manchmal gemeinsam in die Messe kommen“, sagt Stephen Duodo. Sein Lächeln verrät: Er freut sich.
Von Stefan Schilde