Burg Hohnstein
Wo Gott keinen Platz haben sollte
Von den ehemals zahlreichen rechtselbischen Burgen in der Sächsischen Schweiz ist Hohnstein die einzige erhaltene. | Foto: Benedikt Vallendar |
Zu DDR-Zeiten war die Stelle eine Pilgerstätte für all jene, die sich „Antifaschisten“ nannten oder als solche von Schule, Betrieb oder Armee dorthin geschickt wurden. „Von hier aus stürzten sich inhaftierte Kommunisten achtzig Meter in den Abgrund, weil sie die Folter durch die SA nicht mehr ertrugen“, sagt Rainer Schneider, Kurator und Archivar auf Burg Hohnstein in der sächsischen Schweiz. Heute wird die Stelle durch einen Gedenkstein markiert, der den Besuchern eine Ahnung davon gibt, welche Schreckensszenarien sich dort zu Beginn der dreißiger Jahre abgespielt haben müssen.
Die Anfänge von Burg Hohnstein reichen zurück bis ins Mittelalter und bis heute ist sie die einzig erhaltene Burg Sachsens südlich der Elbe. Hauptsächlich diente das Gebäude als Verwaltungszentrum für die umliegenden Territorien, die im Laufe der Jahrhunderte ihre Bezeichnung und Zuordnung wechselten. Während des zweiten Weltkrieges waren dort zeitweilig polnische Offiziere einquartiert.
Nach dem Machtantritt im Januar 1933 richtete Hitlers SA auf Burg Hohnstein ein wildes Konzentrationslager ein, um politische Gegner einzuschüchtern, neben Kommunisten auch Gewerkschafter, Sozialdemokraten und kirchlich gebundene Bürger, die gegen die braunen Herrenmenschen opponiert hatten. „Männer und Frauen wurden getrennt eingesperrt und einzeln zu den Verhören geholt“, weiß Schneider aus den Quellen zu berichten. Erster Häftling war der Sozialdemokrat Konrad Hahnewald, der sich geweigert hatte, die Hakenkreuzfahne zu hissen. Hahnewald war zuvor Herbergsvater auf Burg Hohnstein.
Schläge und Erniedrigungen erfuhren die Häftlinge gleich nach ihrer Ankunft. „Misshandlungen gehörten zum Aufnahmeritual“, berichtete nach dem Krieg ein ehemaliger Häftling. Viele wurden bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt, in den Hungerbunker gesteckt oder im Burggarten zum Strafexerzieren genötigt. Auf Burg Hohnstein waren rund 5600 Menschen inhaftiert, darunter 109 Frauen und mehrere Hundert Kinder und Jugendliche. Sie schufteten ohne Lohn innerhalb und außerhalb der Burg, erledigten Handwerksarbeiten, arbeiteten in der Waschküche und reinigten Zimmer.
Doch nicht nur die braune Diktatur hat auf Burg Hohnstein ihre Spuren hinterlassen. Nach Gründung der DDR 1949 hatten es die Kommunisten unter Walter Ulbricht höchst eilig, Relikte christlicher Kultur aus dem öffentlichen Bewusstsein zu tilgen, da diese als „bürgerlich“ galten und den Chefideologen der Partei ein Dorn im Auge waren. Auf Burg Hohnstein fiel ihnen als erstes die Jahrhunderte alte Sankt-Anna-Kapelle zum Opfer, deren steinerne Überreste bis heute im Burggraben verstreut liegen. Als ihr Erbauer gilt Heinrich von Schleinitz, der 1510 mit der Burg belehnt worden war. „Die Sankt-Anna-Kapelle war das einzige rechtselbige, sakrale Bauwerk der Spätgotik im Meißener Hochland“, sagt Kurator Schneider. Im Laufe der Jahrhunderte war sie mehrfach um- und ausgebaut worden, was zeigt, wie tief das Christentum einst in Sachsen verwurzelt war.
Heute bekennen sich immerhin noch knapp 20 Prozent der Bevölkerung zum christlichen Glauben, die meisten als evangelische Christen, wobei die Zahl der Katholiken punktuell sogar wieder zunimmt. Ihre Wurzeln liegen auch auf Burg Hohnstein, wo gleichermaßen sächsische, deutsche und europäische Geschichte geschrieben wurde.