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Woher kommt der Begriff "Heiden"?

Was ist ein Heide? Woher kommt der Begriff? Früher haben wir für „die armen Heidenkinder“ gebetet. M. B., Laatzen

Das Wort „Heide“ ist die deutsche Übersetzung des hebräischen Wortes „gojim“, das im Alten Testament häufig vorkommt. Das kleine Volk Israel mit seinem Glauben an den einen Gott war immer umgeben von mächtigeren Völkern, die andere Götter verehrten. Baal zum Beispiel oder Astarte, kraftvolle Kriegsgötter oder mütterliche Fruchtbarkeitsgöttinnen; zu ihnen überzulaufen, war viele Jahrhunderte eine Versuchung, wie etwa der „Tanz um das goldene Kalb“ zeigt. Um sich abzugrenzen, spricht das Alte Testament von gojim, Heiden, und meint damit alle, die keine Juden sind und nicht dem Volk Israel angehören. Politisch wie religiös.

Das Neue Testament deutet den Begriff dagegen ausschließlich religiös und spricht von Heiden, wenn von Anhängern der im Mittelmeerraum verbreiteten griechischen und römischen Götterwelt die Rede ist. Als sich das Christentum ausbreitete, gab es deshalb Judenchristen, also Menschen, die vom jüdischen zum christlichen Glauben fanden, und Heidenchristen, etwa Menschen aus Korinth oder Rom, die von der dortigen Kultur geprägt waren.

Im Laufe der Geschichte, besonders, seitdem das Christentum sozusagen die religiöse Weltherrschaft übernahm, änderte sich die Bedeutung. Als Heiden wurden jetzt alle die bezeichnet, die keine Christen waren. Das galt für die Germanen genauso wie später für die Völker Afrikas, die Ureinwohner Amerikas oder die Muslime Arabiens.

Unterschieden wurde missionsgeschichtlich zwischen „Heiden aus Schicksal“, also Menschen, denen die Lehre von Christus noch nicht verkündet wurde, und „Heiden aus Schuld“, also Menschen, die den wahren Glauben nicht annehmen wollen. In Konkurrenz standen dabei zwei Ideale: der Heidenkrieg, also alle Nichtchristen zu töten, und die Heidenmission mit dem Ziel, die Seele der armen Heidenkinder zu retten – zur Not mit Gewalt.

Seit dieser Zeit ist der „Heide“ ein negativer Begriff, der auch mangelnde Bildung und Entwicklung umfasst. In der theologischen Debatte ist er deshalb ziemlich ausgestorben. Auch aus Respekt gegenüber den anderen Religionen und den Nichtgläubigen.

Susanne Haverkamp