Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienst der Caritas in Berlin

Zwischen Lebensfreude und Todesbedrohung

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Die Arbeit der Mitarbeiterinnen des Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienstes der Caritas in Berlin ist ein Balanceakt. Sie müssen in der Betreuung die Bedürfnisse der Kranken und Gesunden berücksichtigen.

Beate Danlowski, Leiterin des Berliner Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienstes der Caritas, mit dem Bild von Leonie.    Foto: Gunnar Lammert-Türk

 

Auf den ersten Blick wirkt das Bild beinahe fröhlich: Ein Baum voller roter Früchte ist zu sehen, neben dem Baum ein Mädchen in rotem Kleid, ungewöhnlich große Blumen und Schmetterlinge. Das fällt bereits auf. Unheilvoller aber sind die schwarzen Vögel im blauen Himmel. Verstörender noch ist, was die rechte Bildhälfte zeigt: Da gibt es einen schwarzen Schmetterling und schwarze Sterne. Und, was besonders irritiert: ein auf seinen Hinterbeinen auf einem Berg stehendes schwarzes Einhorn.
Leonie hat das Bild mit Buntstiften gemalt und mit aufgeklebten Formen versehen, als sie neun war. Damals schon litt das an Leukämie erkrankte Mädchen an den Folgen einer Knochenmarkstransplantation, die ihr Körper abstieß. Inzwischen ist Leonie 14 und ihr Leiden hat sich noch verstärkt. Gemacht hat sie das Bild für Beate Danlowski, Leiterin des Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienstes der Caritas im Erzbistum Berlin, die sie und ihre Familie seit Jahren begleitet und immer wieder besucht.

Gespräche mit Außenstehenden leichter
Das Bild hängt in ihrem Büro und ist auch auf der Vorderseite der Informationsbroschüre des Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienstes zu sehen. Es bringt eindrücklich die Lage schwerkranker Kinder zum Ausdruck, zwischen der Freude am Leben und der Todesbedrohung. Der sind sich die Kinder bewusst, das weiß Frau Danlowski und sie weiß auch: „Die Kinder öffnen sich oft eher uns gegenüber als gegenüber ihren Eltern.“
Die Zeit, die ihnen bis zum Sterben bleibt, ist kostbar. Deshalb bemühen sich die Frauen und Männer des Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienstes, sie für die betroffenen Kinder und Familien so gut wie möglich zu nutzen. Der erste Kontakt zu ihnen ergibt sich in der Regel ab der Diagnose der Krankheit eines Kindes. Davon erfahren sie für gewöhnlich vom psychosozialen Dienst der Kinderklinik der Berliner Charité, wo die betreuten Kinder behandelt werden.
„Für die Familien“, weiß Frau Danlowski, „gibt es ab diesem Punkt nur ein Vorher und ein Nachher.“ Alles ist anders geworden. Das schwerkranke Kind soll zu Hause gepflegt werden. Dafür ist der Kontakt zum Kinderpflege- und zum Kinderpalliativdienst erforderlich. Die heimische Einrichtung muss umgestellt werden. Auch auf die soziale Not, in die viele Familien geraten, muss reagiert werden. Oftmals kann ein Elternteil die Arbeit nicht mehr oder nicht mehr im alten Umfang ausüben. Um dem zu begegnen, ist es nötig, das soziale Hilfsnetz in Anspruch zu nehmen. Doch vor allem der seelischen Not der kranken Kinder, ihrer Eltern und Geschwister gilt es zu begegnen. In all diesen Fragen wird der Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienst aktiv.
Dabei geht es auch um praktische Hilfe, wie um Unterstützung im Haushalt, bei Einkäufen, bei der Umstellung der Alltagsorganisation. Dafür kommen eingegangene Spenden zeitnah und unbürokratisch zum Einsatz. Beispielsweise im Fall einer alleinerziehenden Mutter von sechs Kindern, deren kaputte Waschmaschine ersetzt werden musste. Oder bei der Beschaffung einer Liegeschaukel für einen spastischen Jungen, deren Finanzierung die Krankenkasse abgelehnt hatte. Lebenserleichterung und Lebensfreude können so erreicht und befördert werden.
Den Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienst gibt es seit zwölf Jahren, seit neun Jahren leitet ihn Beate Danlowski. Ihr zur Seite stehen Marie Jansen-Mertens, eine Teilzeitbürokraft und etwa fünfzig ehrenamtliche Helfer, die für ihren Einsatz von Frau Danlowski und Frau Jansen-Mertens ausgebildet werden. Zusammen betreuen sie zur Zeit achtzig Familien in ganz Berlin.

Auch gesunde Geschwister im Fokus
Ein Schwerpunkt liegt in der Arbeit mit den Geschwistern der kranken Kinder, die zu wenig Aufmerksamkeit erhalten und neben den Eltern eine große Last zu tragen haben. Sieben bis acht Mal im Jahr gibt es für sie ein ganztägiges Treffen mit Spiel und Spaß und Ausgelassenheit, begleitet von Kunst- und Ergotherapeuten. Da geht es einmal um sie, die es meist gewohnt sind, dass die erste Frage nicht ihnen, sondern ihren kranken Schwestern oder Brüdern gilt. Höhepunkt des Tages ist ein großes Essen. Unsichtbar mit dabei sind auch verstorbene Geschwister. So deckt ein Junge für ein Kind mehr und bemerkt dazu: „Das ist für meinen Bruder. Du kannst ihn nicht sehen. Aber er ist trotzdem da.“ Die anwesenden anderen Kinder können damit gut umgehen. Sie trösten sich bei diesen Zusammenkünften und beraten sich auch gegenseitig.
Trost und Rat brauchen auch die Eltern. In manchen Fällen wird der Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienst in Familien aktiv, in denen ein Elternteil schwer erkrankt oder gestorben ist, es also nicht um ein schwer erkranktes oder sterbendes Kind geht. So fragte ein Mann, dessen Frau gestorben war: „Haben Sie eine Idee, wie wir jetzt eine Familie werden?“
Wie in diesem Fall konnten die Frauen und Männer des Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienstes auch in anderen Fällen helfen und tun das weiterhin. In der Regel begleiten sie die Familien zwei bis drei Jahre, aber auch bis zu sieben oder neun Jahren. „Wir bleiben, solange die Familien uns brauchen“, bemerkt Beate Danlowski dazu. „Wir bleiben an der Seite der Menschen.“

Kontakt mit Beate Danlowski: b.danlowski@caritas-berlin.de; 0 30 / 6 66 34 03 63
Spendenkonto: Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.; Bank für Solialwirtschaft Berlin; IBAN DE31 1002 0500 0003 2135 00; Verwendungszweck: Kinderhospizdienst

Von Gunnar Lammert-Türk