All You Need Is Love!

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„Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt.“ Das ist das Thema der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Bevor es in Karlsruhe losging, kamen Delegierte aus der ganzen Welt zum Vorwärmen nach Hamburg.


Gute Stimmung beim Fest der Ökumene. Im Vordergrund Nicole Ashwood. | Foto: Marco Heinen

„Ich grüße Sie alle. Ich grüße Christus in unserer Mitte. Wenn wir uns versammeln, ist er längst da“, sagte Erzbischof Stefan Heße. Die Begrüßung durch den katholischen Bischof war eine Premiere. Noch nie gab es eine Vollversammlung des „World Council of Churches“ in Deutschland. Und die weltweit größte christliche Kirche, die katholische, ist gar nicht Mitglied im Weltrat. Dagegen gehört die Landesbischöfin der Ev.- Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Kristina Kühnbaum- Schmidt, zu den offiziellen Delegierten der Vollversammlung. In ihrer Ansprache nannte sie das Thema, das sie vor allem bewegt: „Klimawandel und Klimagerechtigkeit ist das Thema Nummer eins. Wir müssen unseren Lebensstil umstellen, wie wir es bisher nie getan haben.“ 

Pilgerweg für Gerechtigkeit und Frieden, so hieß eine breit angelegte Vorbereitung zur Vollversammlung in Karlsruhe. Einige, die auf dem Domplatz miteinander speisten, sind weite Wege gegangen. Zum Beispiel Sehee Kang von der Presbyterianischen Kirche von Korea. Ökumene, das ist auch in ihrer Heimat ein Thema. „Unsere Lehrer arbeiten hart an der Einheit der Christen“, sagt sie. Sehee genießt schon am ersten Tag die Stimmung. Später, in Korea, möchte sie weitergeben, was sie in der internationalen Versammlung erfahren hat. Ihr Anliegen: „Wir dürfen nicht nur in unseren Kirchen bleiben. Wir müssten mehr nach außen gehen, in der Gesellschaft wirken.“ 

Die Menschen aus dem Gastgeberland wirken da eingespielt. Ein Thema, das immer wiederauftaucht: Gerechtigkeit der Geschlechter. Eine Gruppe von norddeutschen Pilgerinnen hat sich mit diesem Thema lange beschäftigt. Unter dem Motto „Go for Gender Justice“ sind die Frauen unterwegs gewesen, sie kommen gerade zu Fuß aus Lübeck. 

Dominierendes Thema: Gender-Gerechtigkeit 

Überhaupt ist „Gender Justice“, Gerechtigkeit der Geschlechter, ein dominierendes Thema. Vehement vorgetragen von Nicole Ashwood aus Jamaika. „We all carry Gods likeliness“ (Wir alle tragen Gottes Ebenbildlichkeit) ruft Pastorin Ashwood den 300 Teilnehmern zu. „An vielen Orten gibt es Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, auch in unseren Kirchen.“ 

Beim Auftaktfest überwiegen noch Optimismus und Einmütigkeit. Das kann während der großen Versammlung in Karlsruhe aber anders werden. Der polnische Bischof Marcin Hintz ist vorsichtig. „Für mich ist eine Frage, wie die orthodoxe Kirche sich in Karlsruhe verhält.“ Wird die orthodoxe Kirche der Ukraine und die Russisch-Orthodoxe Kirche an einen Tisch kommen? „Und wie werden sie auf radikale Gender-Forderungen eingehen?“ Marcin Hintz ist Bischof der Diözese Pommern-Großpolen. Die evangelisch-lutherische Kirche hat in Polen 70 000 Mitglieder in sieben Bistümern. 

Nach dem Essen draußen kommt der angekündigte Regen. Aber inzwischen sind alle in der Kirche, wo die Hamburger Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen eine Andacht gestaltet. Unter anderem sprechen Katri Oldendorff, Pastorin der finnischen Seemannsgemeinde, der russisch-orthodoxe Erzpriester Dionisij Idavain. Der katholische Pfarrer Karl Schultz grü.t die Gäste mit den Worten der Pfingst-Antiphon: „Gieße aus, deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu!“ 

Hamburg präsentiert sich international, weltoffen, interkulturell. Aber die Stadt hat auch ihre dunklen Seiten, es gibt ein großes soziales Gefälle, es gibt Unterprivilegierte und Obdachlose. Prof. Fernando Enns, Theologe an der Uni Hamburg, macht darauf in seinem Vortrag aufmerksam. 

Die Teilnehmer werden noch einige Tage in der Hansestadt konferieren, aber sie sind eigentlich auf der Durchreise nach Karlsruhe. Es ist Teil einer großen Reise, die Prof. Susan Durban, reformierte Pfarrerin und Vorsitzende der ÖRK-Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, eingehend beschreibt: den „Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“. Susan Durber kommt aus Canterbury in England, wo vor 700 Jahren eine Gruppe von Pilgern einen Wettstreit erfunden hat. Jeder sollte auf dem Weg eine Geschichte erzählen – die Canterbury- Tales. Genauso sei sie mit anderen unterwegs gewesen, um Dinge zu erfahren und davon zu erzählen. Ihren Vortrag garnierte sie mit Zitaten aus Beatles-Liedern – und das letzte Zitat sagte, worauf es am Ende ankommt. „All You Need Is Love!“ – Alles, was du brauchst, ist Liebe.

VON ANDREAS HÜSER