Priester zu Gottesdiensten mit Auflagen im Bistum Mainz

„Angebot in geistlicher Not“

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In Hessen und Rheinland-Pfalz sind öffentliche Gottesdienste wieder möglich. Das Bistum Mainz hat ein Schutzkonzept vorgelegt. Was halten Priester von Gottesdiensten unter Hygiene-Auflagen? Stimmen aus dem Bistum.

Pfarrer Matthias Schmid, Foto: privat
Pfarrer Matthias Schmid,
Foto: privat

Pfarrer Matthias Schmid, Klinikseelsorger am Uniklinikum Gießen: „Es wird kein würdiges Feiern sein, wenn wir pandemische Verhaltensregeln der Öffentlichkeit – mehr oder weniger kreativ – auf die bestehenden Formen der Liturgie in einem sakralen Raum transponieren. Das widerspricht dem Geist der Liturgie, der das heilsgeschichtliche Drama mit Gott und den Menschen rituell fassen will. Zudem spricht nichts dagegen, andere Formen zu finden, zu entwickeln und aus der Tradition neu zu beleben. Was wäre, wenn wir sparsamer mit der Eucharistie umgehen, weil sie ja Höhepunkt und Quelle allen gnadenvollen Spiels der Kirche ist, wie das Zweite Vatikanische Konzil sagt? Besinnen wir uns auf die alten Traditionen und entwickeln neue Gebete zu Zeiten der Pandemie. Das ist schwerer als einfach die Messe mit Mundnasenschutz und weiteren Hygieneregeln zu feiern. Wir sind so sehr in dieser eucharistischen Routine, dass wir den Reichtum der Liturgie, des gemeinschaftlichen Gebets verkennen. Ich habe den Verdacht, auch gar nicht recht wollen. Denn: hier sind die Laien in ihrem Charisma gefragt.“

 

 

 

Pfarrer Ulrich Neff Foto: privat
Pfarrer Ulrich Neff
Foto: privat

Pfarrer Ulrich Neff, Pfarrgruppe Langen/Egelsbach-Erzhausen: „Ich persönlich sehe die Notwendigkeit. Nun kommt das Aber: Wer darf mitfeiern, wen müssen wir ausschließen? Ich glaube, eine gewisse Zeit noch die Füße stillhalten hilft mehr. Unsere Kirchen in der Pfarrgruppe Langen-Egelsbach-Erzhausen sind zum stillen Gebet geöffnet. In Albertus Magnus ist jeden Tag das Allerheiligste zur eucharistischen Anbetung ausgesetzt. Der Geist des Rates und der Geduld ist im Moment angesagt.“

 

 

 

 

 

Pfarrer Tobias Schäfer Foto: privat
Pfarrer Tobias Schäfer
Foto: privat

Pfarrer Tobias Schäfer, Propst am Wormser Dom: „Ich meine, dass Gottesdienst, Liturgie und Sakramente so wesentlich von Gemeinschaftserfahrung, Musik, Zeichen, Berührungen leben, dass die Liturgien unter Corona-Bedingungen eine schwierige und letztlich defizitäre Notlösung bleiben, die zudem große Risiken bergen und äußerste Sorgfalt brauchen. 

Ich erlebe andererseits, dass viele in meinen Gemeinden die lange Zeit ohne Gottesdienst, Gemeinschaft und auch ohne die Stärkung der Eucharistie als echten geistlichen Notstand erfahren. Deshalb halte ich es für richtig, jetzt als Notlösung eine vorsichtige Öffnung zu ermöglichen. Sie sollte auf wenige Gottesdienste, zum Beispiel am Sonntag eine Eucharistiefeier in der Pfarrgruppe, beschränkt bleiben als Angebot in wirklicher geistlicher Not und nicht missverstanden werden als erster Schritt in eine vermeintliche Normalität, von der wir noch sehr weit entfernt sind.“

 

 

 

 

Pfarrer Markus Lerchl Foto: privat
Pfarrer Markus Lerchl
Foto: privat

Pfarrer Markus Lerchl, Pfarreienverbund Bingen: „Ich nehme bei vielen Menschen das Bedürfnis wahr, wieder in die Kirche zu gehen, die Gemeinschaft der anderen Gläubigen am Sonntagmorgen zu erfahren. Deshalb verstehe ich den großen Aufwand, den die öffentlichen Gottesdienste mit sich bringen als einen wichtigen Dienst. 

Ich bin mir dabei bewusst, dass wir im Vorfeld sehr gut und gründlich nachdenken müssen, um aus hygienischer und medizinischer Sicht alles richtig zu machen. Darüber hinaus müssen wir alles tun, um den Menschen die tiefe Verletzung zu ersparen, an der Kirchentür, zum Beispiel wegen einer nicht erfolgten Anmeldung, abgewiesen zu werden. Ich hoffe aber auch, dass die Erwartungen nicht zu groß sind: Denn Gottesdienste ohne Gesang sind nicht wirklich feierlich. Auch die Sitzordnung ist gerade nicht auf die Vermittlung von Nähe und Gemeinschaft angelegt. 

Um einer möglichst großen Anzahl von Gläubigen die Mitfeier der Eucharistie zu ermöglichen, werden wir in der Pfarrgruppe Bingen auf jeden Fall bis Pfings-ten, und vermutlich auch darüber hinaus, zusätzlich den Sonntagsgottesdienst streamen.