Aufruf der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung
„Arbeit soll einen Sinn haben"
In ihrem Aufruf zum 1. Mai fordert die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung, bei der Digitalisierung den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Fragen zu Veränderungen in der Arbeitswelt an Diözesansekretär Frederick Heidenreich.
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung im Bistum Osnabrück hat seit 2017 das Schwerpunktthema „Arbeit.Macht.Sinn“. Was steckt dahinter?
Zum einen stellen wir die Frage, ob Arbeit wirklich sinnvoll ist, zum anderen geben wir auch den Hinweis, dass sie unbedingt sinnerfüllend sein soll. Mit unserer Arbeit haben wir Menschen teil an der Schöpfung, Arbeit ist ein Geschenk Gottes. Dieser Gedanke darf bei allem Streben um wirtschaftlichen Erfolg nicht unter die Räder kommen.
Welchen Blick haben Sie dabei auf die Digitalisierung, das zurzeit bestimmende Thema in der Arbeitswelt?
In unserem Aufruf steht die Frage, ob sie Fluch oder Segen ist. Digitalisierung bringt viele Fortschritte, sie macht in vielen Bereichen die Arbeit leichter, so dass die Menschen auch im Alter noch in besserem gesundheitlichen Zustand sein können. Aber sie verändert natürlich auch die Arbeitswelt, und unter diesem Aspekt werden anstehende Fragen derzeit ausschließlich aus dem Blickwinkel der Industrie betrachtet. Gucken Sie sich zum Beispiel die Arbeitszeiten an: Von Arbeitnehmern wird immer mehr Flexibilität erwartet. Das ist für das gesellschaftliche Leben nicht gesund.
Sehen Sie eine Verschärfung dieses Trends?
Auf jeden Fall. Die privaten Freiräume werden immer geringer. Den arbeitsfreien Sonntag gibt es zum Beispiel schon lange nicht mehr. Das bedeutet, dass sich Familien an diesem Tag gar nicht unbedingt sehen, geschweige denn, dass es eine Möglichkeit gibt, gemeinsam in den Gottesdienst zu gehen. Auf solche Entwicklungen wollen wir aufmerksam machen.
Gilt das denn nur für die Erwerbsarbeit?
Es wäre einseitig, wenn wir nur auf die Erwerbsarbeit achten würden. Wir nennen es die „Triade der Arbeit“, wenn Lohnarbeit, Familienarbeit – also Erziehung und Pflege – sowie Ehrenamt gleichermaßen von Bedeutung sind. Um Familienarbeit leisten zu können, brauche ich natürlich die notwendigen finanziellen und zeitlichen Spielräume. Da kommen übrigens die Modelle der kirchlichen Sozialverbände zum Bedingungslosen Grundeinkommen wieder zum Tragen.
Was genau können kirchliche Verbände zur Frage der Digitalisierung beitragen?
Wie schon erwähnt, geht es uns immer um den Blick auf den Menschen. Wir sehen uns in der Rolle, die Gesellschaft an soziale Aspekte dieser Fragen zu erinnern, ebenso Kommunalpolitiker sowie Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Gewerkschaften oder Umweltverbände sind da wichtige Mitstreiter, aber die gesamte Bandbreite von der Bewahrung der Schöpfung bis zur sozialen Komponente gibt es wohl nur bei den kirchlichen Akteuren.
Was ist mit den Menschen, die den Wandel nicht gut oder auch gar nicht schaffen?
Auch für diese Menschen müssen wir eintreten. Man hat da schnell ältere Menschen im Sinn, weil man meint, sie hätten technische Schwierigkeit. Aber das stimmt ja nicht. Es gibt auch genug junge Leute, denen schlicht die Möglichkeiten fehlen, sich mit Digitalisierung zu beschäftigen. Da zeigt sich, dass wir als Kirche gebraucht werden.
Wie stellt sich die KAB am 1. Mai, dem traditionelle „Tag der Arbeit“, auf?
Der Diözesanverband ist mit einem Stand auf den Maikundgebungen in Osnabrück und Lingen vertreten. Unter den meist linken Gruppierungen bilden wir zusammen mit der Christlichen Arbeiter-Jugend und dem evangelischen Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt so etwas wie die christliche Diaspora. Aber es ist natürlich wichtig, nahe bei den Menschen zu sein und uns ihnen in Erinnerung zu rufen. Die Bezirksverbände bieten verschiedene Arbeitnehmermessen und Maiandachten an. Die genauen Termine stehen auf unserer Homepage.
Interview: Matthias Petersen