Sommerserie 2018 – Teil 1

Auf Gottsuche in Wald und Park

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„Mit Jesus in der Sommerfrische.“ So heißt unsere Sommerserie. Wir besuchen Kurstädte, die an den Rändern der Bistümer Limburg, Fulda und Mainz liegen. Wo gibt es dort spirituelle Orte, wo treffe ich Gott? Erste Station ist Bad Endbach im Kreis Marburg-Biedenkopf – ein Kirchort mitten in der Diaspora. Von Heike Kaiser und Barbara Faustmann.

Logo der Sommerserie 2018Idyllisch. Ruhig. Beschaulich. Etwas abgeschieden, die nächst gelegene Großstadt ist Marburg, etwa 30 Kilometer entfernt. Freundliche Menschen. Das ist unser erster Eindruck, nachdem wir in dem Kneipp-Kurort Bad Endbach am Rande des Bistums Limburg aus dem Auto gestiegen sind. Eine Beobachtung, die sich während unseres Rundgangs immer wieder bestätigt. Kleine Geschäfte wie Metzgerei oder die örtliche Apotheke haben mittags geschlossen, es sind nur wenige Menschen auf der Straße unterwegs. Doch die, die wir antreffen, lassen sich gern auf ein Gespräch ein.

Mitten in der Diaspora mit 708 Katholiken

Eine Schautafel am Rande des Parkplatzes (Parken ist kostenlos!) informiert über Veranstaltungen des Obst- und Gartenbauvereins, weist auf das Programm des Kneipp-Vereins hin, auf Nordic Walking-Kurse, auf den Bienenzuchtverein, den Wanderverein. Kirchliche Veranstaltungen sind nicht zu finden.

Bad Endbach gehört zu der Pfarrei neuen Typs St. Elisabeth an Lahn und Dill mit Sitz in Biedenkopf, rund 20 Kilometer entfernt. Sie besteht aus fünf Kirchorten, verteilt auf 562 Quadratkilometern. Bad Endbach, mitten in der Diaspora gelegen, hat gerade mal 708 Katholiken.

Eine Nachfrage im zentralen Pfarrbüro ergibt: „Ökumene wird bei uns groß geschrieben“, sagt Pfarrsekretärin Daniela Ruopp. Sie verweist auf den Dorfgottesdienst im Freien zum Johannismarkt Ende Juni, gemeinsam mit der evangelischen Kirche Hartenrod, der Freien evangelischen Gemeinde Hartenrod-Schlierbach und der evangelischen Gemeinde Hartenrod, auf Kurparkgottesdienste mit christlichen Gemeinden und Gemeinschaften, auf Dorfgottesdienste zu Vereins- und Dorfjubiläen.

Wir machen uns in Bad Endbach auf die Suche nach spirituellen Orten. „Die nächste katholische Kirche finden Sie in Hartenrod oder Gladenbach“, so die Auskunft einer Erzieherin, die gerade mit ein paar Kleinkindern vorbeikommt. Die evangelische Kirche am Ort, stellen wir kurz später fest, ist geschlossen.

Spirituelle Orte suchen wir also woanders. Zum Beispiel im kleinen, aber sehr gepflegten Kurpark. Ja, hier spüren wir Gott: im Schatten großer Bäume an diesem heißen Frühsommertag, im fröhlichen Gezwitscher der Vögel. Verkehrslärm ist aus der Ferne als leises Hintergrundrauschen zu hören. Hier ist der richtige Platz, um zur Ruhe zu kommen, zu sich selbst zu finden, still mit Gott zu sprechen, sich seiner Schöpung nahe zu fühlen.

Blick auf Bad Endbach Foto: Barbara Faustmann
Postkartenidylle: Blick auf Bad Endbach vom Aussichtsturm | Foto: Barbara Faustmann

Ein spiritueller Ort ist etwas Individuelles

Ähnlich empfindet es Bettina Busch. Die Gemeindegärtnerin ist gerade dabei, Blätter und Zweige eines Strauchs aus der Salzböde, einem Zufluss der Lahn, zu entfernen. „Gestern hat es hier stark geregnet“, erläutert sie, „deswegen muss der Bach jetzt wieder sauber gemacht werden.“ Ein spiritueller Ort, meint sie, „ist doch sehr individuell“. Sie fühlt sich hier, im Kurpark, in der Natur, Gott am Nächsten. „Es ist so schön hier“, sagt Busch. Sie gibt uns einen Tipp für einen weiteren spirituellen Ort: den Aussichtsturm, etwa 20 Gehminuten entfernt. Über Waldwege geht es bergauf. Doch das Schwitzen hat sich gelohnt: Uns erwartet ein herrlicher Panoramablick über den beschaulichen Kurort. Nur ein paar Windräder stören die Idylle.

Im Wald sucht auch Erzieherin Anja Baumann aus der Kita „Wunderland“ in Bad Endbach Gott. „Hier finde ich immer eine ruhige Stelle“, sagt sie. „Doch auch eine Kirche ist für mich immer ein spiritueller Ort.“

Unser Rundgang endet dort, wo er begonnen hat: im Kurpark mit seinen Kneipp-Anlagen. Ja, der Pfarrer Sebastian Kneip, anno 1821 bis 1897, hatte es drauf. Große und kleine Zipperlein kurierte er mit kaltem Wasser, also mit Güssen. Es hat geholfen, und es trägt sich bis heute.

Pfarrer Kneipp hat’s erfunden. Deshalb wurde Kneipp, auch Wasserdoktor genannt, Namensgeber der berühmtern Kneipp-Medizin. Wie alles begann? Im Alter von 28 Jahren suchte den jungen Mann die Tuberkulose heim. Machtlos sahen die Ärzte damals seinem Verfall zu. Kneipp gab nicht auf und stürzte sich in die eiskalte Donau. Die waghalsigen Tauchbäder retteten schlussendlich sein Leben. Und so entwickelte er im Laufe seines Lebens ein komplettes System von Wasseranwendungen, das in seinen Grundlagen bis heute Gültigkeit hat.

Eine Therapie mit fünf Säulen

In Bad Endbach haben Kneipp-Anwendungen Hochkonjunktur. Am Eingang des Kurparks begrüßt uns die Büste von Pfarrer Kneipp. Weiter geht es im traditionellen Kneipp-Becken. Eine wahre Wohltat an heißen Tagen wie diesem. Schuhe und Strümpfe aus, rein ins kalte Wasser und im Storchschritt hindurchwaten. Das geht so: Füße ins Wasser und mit jedem Schritt auf Kniehöhe das Bein rausziehen, immer schön im Wechsel. Macht munter, regt den Kreislauf und die Durchblutung an. Wichtig ist beim Aussteigen, das Wasser nur abzustreifen und in Socken und Schuhe zu schlüpfen. Jetzt sind die Armbäder dran. Ein Brunnen mit eiskaltem Wasser steht bereit. Unterarme eintauchen, ein wenig verweilen und wieder das Wasser nur abstreifen. Einfach himmlisch!

Die Kneipp-Therapie steht auf fünf Säulen: Wasser setzt Kälte und Wärmereize ein und trainiert damit den Kreislauf. Ernährung nach Kneipp bedeutet hochwertige und schmackhafte Vollwert- und Basiskost. Bewegung ist unverzichtbar, ist immunstärkend und kräftigt Muskeln und Sehnen.

Heilpflanzen bedeuten bei Kneipp: Gegen alles ist ein Kraut gewachsen. Und dann kommt zu guter Letzt noch die  Ordnungstherapie als letzte Säule hinzu. Es geht um die innere Ordnung, um den Einklang von Körper, Geist und Seele. Diese gibt den anderen vier Säulen ihre übergeordnete Bedeutung. Ein klug ausgetüfteltes Heilkonzept, das wirklich hilft. Bad Endbach hat dies erkannt und die Pfarrer Kneipp-Therapie erfolgreich etabliert. Wohl bekomm's!

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SERVICE - Ausflugstipps: So wird der Tag rund

» Entschleunigung vom Luxus des Nichtstuns gibt es im Kurpark mit Kneippbecken, Barfuß-Pfad und einem idyllischen See.

» Einen Besuch zum Wohlfühlen wert ist die Lahn-Dill-Bergland-Therme. In den fünf Becken der Therme gibt es Massagedüsen, Nackensprudler und eine Wassertemperatur bis zu 34 Grad.

» Bewegung kommt beim Klima-Gehen ins Spiel. Drei Touren mit unterschiedlichen Längen und Streckenführungen stehen zur Wahl. Die Klimawege zeichnen sich durch thermische Reize wie Wind, Höhen, Luftqualitäten und Temperaturen aus.

» Auf den Erlebnispfaden rund um Bad Endbach lassen sich so manche Schätze entdecken – zum Beispiel der Walderlebnispfad, der Schmetterlingspfad oder der Kneipp-Barfußerlebnis-Pfad.

» Als Extratour wird der Viertälerweg empfohlen. Auf dem rund 16 Kilometer langen Rundweg erwarten den Wanderer neben stillen Tälern abwechslungsreiche Waldpassagen und beeindruckende Fernsichten. (fa)

Informationen: Tourist-Information Bad Endbach, Telefon: 02776/ 80 18 70, E-Mail: info@bad-endbach.de