80 Jahre Mitglied im Kirchenchor
Mit Herz, Mund und Händen

Foto: Nicole Weisheit-Zenz
Mit 94 Jahren ist der Schreiner im Ruhestand immer noch aktiv. Seine Fähigkeiten hat Robert Lang auch in der Kirchengemeinde eingebracht.
Sein Schreinerwerkzeug hat er am Nachmittag beiseitegelegt und drinnen Platz genommen, am Esstisch. Vor ihm liegen Urkunden und eine Ehrennadel, als Anerkennung für 80 Jahre als aktives Chormitglied. Das komme wohl selten vor, vermutet Robert Lang mit einem Lächeln. Eigens dafür wurden die Dokumente gestaltet, erzählt der 94-Jährige, dessen vielseitiges Engagement gewürdigt wurde und der selbst ganz bescheiden wirkt. Dankbar ist er für die Wertschätzung. Er zeigt eines der Schriftstücke, das von Bischof Peter Kohlgraf unterzeichnet wurde. Gefreut hat er sich außerdem über einen großen Kuchen, der ihm zu Ehren gebacken und dann in der Chorgemeinschaft verspeist wurde.
Selbstgebackenes bietet seine Tochter Ulrike an beim Gespräch in Lörzweiler. Auch Schwiegersohn Wolfgang ist mit dabei. Die beiden wohnen direkt nebenan. Robert Lang freut sich, dass er vieles im Alltag noch gut alleine schafft, und ist dankbar für seine große Familie mit zwei Kindern, sechs Enkel- und acht Ur-Enkelkindern. Auch seine Frau, an die er sich gern erinnert, war ehrenamtlich aktiv und Sängerin im Kirchenchor.
Im Chor fühl’ ich mich geborgen.
Die „Cäcilia“ 1838 in Lörzweiler ist für Robert Lang viel mehr als ein Name. Das wird spürbar, wenn er von „seinem“ Chor erzählt. Sein Vater, der in der Freizeit ebenfalls gern gesungen hatte, nahm ihn als Jugendlichen ein paarmal mit in die „Singstunde“. So wurde Lang mit 14 Jahren Mitglied, damals noch im Männerchor, der später ein gemischter Chor wurde.
„Dort fühl’ ich mich aufgehoben“, sagt Robert Lang und denkt an schöne Stunden, weit über das Singen hinaus. Die nette Gemeinschaft hält zusammen, in guten wie in schlechten Zeiten, sagt er. Ehrensache ist es, für ihn mitzusingen, nicht nur zu frohen Anlässen rund ums Jahr. Auch wenn es gilt, Abschied zu nehmen, sorgt Gesang für einen würdevollen Rahmen, sei es beim Requiem oder auf dem Friedhof. Verstorbenen Chormitgliedern mit Liedern die letzte Ehre zu erweisen sei nicht leicht, sagt er, „weil man ja selbst sehr berührt ist“. Doch ihm liege dies am Herzen.
Wie eine Art Lebenselixier scheinen die schönen Aktivitäten zu wirken, an die sich Robert Lang gern erinnert, mitunter noch nach Jahrzehnten. Vor allem Ausflüge und Reisen mit Gruppen bleiben unvergessen. In Rom beispielsweise war er mehrfach in Jubeljahren: Schon 1950 schritt er durch die Heilige Pforte und 1975 wieder, mit dem Chor. Gern mag er auch Lieder in anderen Sprachen, ob Latein, Italienisch oder Englisch. Damit der Text für ihn leichter zu lesen ist, haben seine Enkel ihm die Worte in Lautschrift mit aufs Notenblatt geschrieben, verrät er.
Solange seine Stimme im Bass noch gut mitmacht, möchte er weitersingen. Seine Lieblingslieder? Da muss er erst mal überlegen, meint Robert Lang, beim Gedanken an das breite Repertoire, das er nun schon so lange kennt. Tochter und Schwiegersohn nennen Favoriten wie den „Mein kleiner grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists, das „Populi tuti“ mit eingängiger Melodie oder das feierliche „Transeamus“. Ob eher traditionelle Lieder oder neuere, offen sei er für vieles, sagt der Chorsänger und denkt auch an einen schönen Brauch: Wer Geburtstag hat, bekommt in der nächsten Chorprobe ein Ständchen gesungen. Dann wünscht er sich gern das vertonte Vaterunser. „Der Glaube“, sagt er, „hat mir schon immer viel Kraft gegeben.“
Bis zum Ruhestand hat Robert Lang über 50 Jahre als Schreiner gearbeitet, meist in Mainz-Weisenau, hat Möbel, Fenster und Türen hergestellt. Auch für seinen Heimatort Lörzweiler entstand einiges in seinen Händen, etwa eine Bühne für die Krippe in der Kirche oder Aufbauten für die Laientheatergruppe des Kirchenchors.
Er wird in Lörzweiler liebevoll „Heinzelmännscher“ genannt
Mit Rat und Tat war er jahrzehntelang in der Kirchengemeinde aktiv und übernahm viele ehrenamtliche Aufgaben, ob zu Festen, im Kirchenverwaltungsrat, rund um den Bau des Pfarrheims oder den Ausbau der Kirche. Auch ein von ihm geschnitztes Kreuz ist dort zu finden. „Kümmerer“ wie er werden in Lörzweiler liebevoll „Heinzelmännscher“ genannt, erklärt seine Tochter. Sie übernehmen praktische Arbeiten, die im Ort anfallen, halten Ordnung und eine gute Gemeinschaft, die sich auch im Ruhestand gern zum netten Austausch trifft.
Da klopft es und Axel Hahn, ein langjähriger Gesangskollege, tritt ein. „Robert bringt mich immer auf die richtigen Töne“, sagt er lachend. „Er kann so viele Lieder auswendig, ich ziehe den Hut vor ihm.“ Gemeinsam singen sie auch gern „Geh unter der Gnade“, erzählen sie – und gehen dann in die Werkstatt. Dort gibt es etwas zu tun an einer Tür, das Furnier hat sich gelöst. Keine Frage, dass Robert Lang da weiterhilft, geduldig wie der Meister Eder aus den Pumuckl-Geschichten.
Amüsant findet Robert Lang diesen Vergleich und zeigt seine selbstgebauten Strategie-Spiele aus Holz, als Geschenk für die Enkel und Urenkel. „Wenn ich morgens aufstehe, weiß ich gern, was ich zu tun habe“, sagt er. Sein Wunsch ist daher, weiterhin gesund zu bleiben.
Die nächsten Termine für den Chor sind schon vorgemerkt: Karfreitag, Ostersonntag, Himmelfahrt. Robert Lang möchte dann mitsingen und wie seit 80 Jahren etwas beitragen: mit Herz, Mund und Händen.
Nicole Weisheit-Zenz
Zur Person
Robert Lang, Jahrgang 1930, ist seit 80 Jahren aktives Mitglied im Kirchenchor „Cäcilia“ 1838 in Lörzweiler. In seinem rheinhessischen Heimatort war er jahrzehntelang ehrenamtlich aktiv. Zu seinem Engagement zählen zudem 70 Jahre im Musikverein und ungezählte Stunden in seiner Kirchengemeinde, wo er auch handwerkliche Fähigkeiten als Schreiner einbrachte.