Begegnet
Auf See in Gottes Hand
Foto: Marco Heinen
Samstagmorgen, Anfang Juli, die S-Bahn von Rostock nach Warnmünde ist proppenvoll. Es ist das Auftaktwochenende zur Warnemünder Woche, die an Land wie ein großes Sommerfest gefeiert wird. Auf See wird um Platzierungen gerungen und hart am Wind gesegelt. Kiel, Warnemünde, Travemünde: An der Ostsee stehen die großen Regatten an. Es ist sonnig, Schleierwolken halten die Temperaturen erträglich. 19 Grad Celsius, bis zu 25 Knoten Windgeschwindigkeit heißt es später von Seiten der Rennleitung. Das entspricht starkem Wind der Stärke 6 auf der Beaufortskala. Gute Bedingungen für die Sportler, aber nicht ideal für Franziska Keil. Die 13-jährige Schülerin aus Kronshagen bei Kiel ist eine der Jüngsten im Feld der 30 Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihrer Bootsklasse. Wer wenig Gewicht auf die Waage bringt, hat bei stärkerem Wind und Wellengang Nachteile.
Aber die Messdienerin und Sternsingerin aus der Kirchengemeinde St. Heinrich wird ohnehin nicht um die vorderen Plätze mitsegeln. Für sie gilt es, Erfahrungen zu sammeln. Es ist ihr erstes Europacup-Rennen in der olympischen Klasse, in die sie kürzlich gewechselt ist. Ihr Verein ist der Kieler Yacht-Club, von dem viele Segler am Olympiastützpunkt Schilksee trainieren.
„Ich hoffe, ich werde mal bei Olympia mitmachen“, erzählt sie ein paar Tage vorher im Gespräch mit dem Rundfunkreferat des Erzbistums Hamburg. Das passende Boot dafür hat sie schon. Franziska startet in der Bootsklasse ILCA 4. Die Abkürzung steht für International Laser Class Association, die 4 für die 4,7 Quadratmeter Segelfläche. Es sind kleine, schnelle Boote. Franziskas Boot hat zuvor U19-Weltmeister Ole Schweckendiek gesteuert und dann eine WM-Teilnehmerin von 2022.
Franziska steht noch am Anfang. „Es ist schon ein langer Weg“, sagt sie. Zwölf Jahre seien es sicherlich bis dahin, ergänzt ihr Vater Christian Keil, der sie auf allen Regatten begleitet.
An Bord ist Gott Franziskas ständiger Begleiter: „Man weiß, dass immer jemand da ist, der einem hilft.“ Die Bibelstelle aus dem Matthäusevangelium, bei dem die Jünger mit Jesus auf dem See Genezareth in einen Sturm geraten und ängstlich um Rettung flehen, ist ihr vertraut. „Da weiß ich, dass man nicht alleine ist und dass man, auch wenn Sturm ist, Hilfe bekommt.“
Neulich hatte Franziska mal so eine Situation. Als sie kenterte, der Pinnenausleger dabei brach und ihr Trainer nicht gleich zur Stelle war, habe sie sich „schon ein bisschen Sorgen“ gemacht, erzählt sie. In solchen Situationen helfen Stoßgebete: „Ich bete dann ab und zu kurz. Und dann ist häufig auch alles gut.“
Schon auf dem Weg zur Regattastrecke kentern einzelne Teilnehmer
Der Glaube als Anker, den man an Bord stets mit sich führt, gerade im Segelsport ist das wohl ein passendes Bild. Doch es ist noch etwas anderes, was die 13-Jährige auf See erlebt und bemerkenswert reif formuliert: „Man sieht die Schöpfung der Erde ganz anders, wenn man nur das Wasser, den Himmel und vielleicht ein paar Tiere sieht, die man von Land aus nicht sehen würde.“
Ortswechsel, zurück nach Warnemünde. Auf der Mittelmole beginnt das hektische Treiben mit dem Montieren der Masten und Segel. Dann werden die Boote zu Wasser gelassen und es geht raus zur Regattastrecke. Schon auf dem Weg dorthin kentern einzelne Teilnehmer. Aber das ist keine große Sache bei einem Laserboot, das sich schnell wieder aufrichten lässt. Trainer Noah Lee Piotraschke begleitet die Kieler mit einem schnellen Motorboot. Kurz vor dem Start nimmt er die Seebeutel, in denen sich Getränke und Energieriegel befinden, an Bord, gibt letzte Tipps. Als das erste Rennen startet, fliegen die Boote im Wind davon.
Für Franziska läuft es wie erwartet noch nicht so toll. Doch schon zwei Wochen später, bei den Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften auf dem Dümmer See bei Osnabrück, belegt sie Rang 48 von 76. Bis Olympia ist es noch ein weiter Weg. Der Glaube an sich und an Gott wird ihn ihr vielleicht ebnen.
Zur Person
Franziska Keil (13) besucht ein Gymnasium in Kronshagen. Wenn sie nicht segelt, dann ist sie im Pferdestall unterwegs oder ist als Messdienerin in der Kirche. Sternsingerin – wie auf dem Foto – ist sie natürlich auch.