Autokino für BobbyCars

Beim Oeseder Landwirtschaftstag werden Ehrenamtliche für ihr Engagement auf dem Land geehrt. Der Johannes-Voetlause-Preis wurde an drei Gruppen verliehen, die sich während des Lockdowns engagiert haben.

„Der ländliche Raum wäre ohne ehrenamtliches Engagement deutlich ärmer“, sagt Johannes Pott, Direktor der Katholischen Landvolkhochschule Oesede. Die Hochschule verleiht jedes Jahr den Johannes-Voetlause-Preis an Menschen, die mit kreativen Projekten das Leben auf dem Land schöner machen. In den drei Kategorien Jugend, Frauen und Gemeinwohl, können Ehrenamtliche den Preis gewinnen, der mit 1000 Euro dotiert ist. Eine Jury aus der Katholischen Landjugendbewegung, der Landfrauen, des Landvolks und der Katholischen Landvolkhochschule Oesede wählt aus allen Bewerbern drei Preisträger aus. Die Preisver­leihung findet im Rahmen des Oeseder Landwirtschaftstages statt. Johannes Voetlause war promovierter Landwirt und leitete die Katholische Landvolkhochschule von 1957 bis 1989 über 32 Jahre lang. Besonders bekannt war er für seine vielen Vorträge, häufig über 100 im Jahr, die er in der gesamten Weser-Ems-Region hielt.

Kategorie Jugend
Die Messdienerinnen und Messdiener der Gemeinde St. Martinus in Hagen gestalteten Holzbänke und dazugehörige Tafeln, die sie in ihrem Ort aufstellten, sodass ein Rundweg entstand. Die einzelnen Stationen markieren Meilensteine, Wendepunkte oder Motive auf dem Lebensweg des heiligen Martin. Kinder sowie Gruppenleiter im Alter bis 24 Jahre bauten und bemalten die Bänke während ihrer Herbstfreizeit 2021. Alle Messdiener wurden in Gruppen aufgeteilt und unterschiedlichen Themen zugeordnet. Eine Gruppe bemalte ihre Bank zum Beispiel zum Thema Mantelteilen, eine andere zum Thema Gans.

Auf den Tafeln, die neben jeder Bank aufgestellt sind, stehen Impulse, die Passanten anhalten sollen, über ihr eigenes Leben und ihren eigenen Glauben nachzudenken. So ein Impuls kann zum Beispiel die Legende um den heiligen Martin sein, ein Quiz über die wichtigsten Ereignisse in seinem Leben oder eine Traumreise.

„Das Projekt gibt uns als Gruppe von Jugendlichen und Kindern die Möglichkeit, unseren Glauben und das, was wir gemeinsam gestalten, sichtbar zu machen“, schreibt die Messdienergruppe in ihrer Projektbeschreibung. Ein weiteres Ziel sei es gewesen, den Hagener Namenspatron für die Kirchengemeinde erfahrbar zu machen. Der Rundweg kann mit dem Smartphone auf der App „Actionbound“ als Route einer Schnitzeljagd oder einen ungefähr einstündigen Spaziergang genutzt werden.

Kategorie Gemeinwohl
In Freren musste sich während des Corona-Lockdowns niemand langweilen, denn das Büchereiteam der Kirchengemeinde St. Vitus brachte die gewünschten Bücher mit dem „Büchertaxi auf zwei Rädern“ zu jedem nach Hause. Autokinos, bei denen die Zuschauer normalerweise von ihrem Auto aus einen Film auf der Leinwand schauen, dürfen in Freren auch die ganz kleinen Kinobesucher erleben: Bei einem Autokino für BobbyCars lesen die Ehrenamtlichen aus dem Büchereiteam den Kindern Bilderbücher vor. Die Kinder, die mit ihren BobbyCars kommen, können dann die dazugehörigen Bilder sehen, die auf eine Wand projiziert werden. Auch wöchentliche Vorlesestunden im Kindergarten, Malwettbewerbe für die älteren Kinder und Buchvorstellungen für Erwachsene gehören zum Angebot der Bücherei, die über 30 Helferinnen und Helfer hat.

Besonders gerührt seien Melanie Feld und Michelle Larbus, wenn Eltern zu ihnen kommen und sagen „Ohne Euch hätten wir den Lockdown nicht überstanden“, wenn Kinder ihnen erzählen, dass sie unbedigt lesen lernen wollen oder wenn ein Lokal ihnen ihr Trinkgeld spendet. Was sie von dem Preisgeld anschafft, weiß die Gruppe schon. Eine Dokumentenkamera, unter die man Bilderbücher legen kann, die dann an die Wand projiziert werden. Und einen Server, damit die Ehrenamtlichen auch von zu Hause aus auf das Büchereisystem zugreifen können.

Kategorie Frauen
Im Oktober 2019 gründeten sich die Jungen Landfrauen im nördlichen Emsland bei einem Cocktailabend. Mit dem Beginn der Corona-Pandemie wurden viele Ehrenamtliche in ihren Projekten gebremst. Doch die Jungen Landfrauen boten weiterhin Onlineveranstaltungen an. Sie luden beispielsweise den Koch Michael Kühn zum Live-cooking ein. Die Zutaten für das Drei-Gänge-Menü brachte eine kleine Gruppe der Landfrauen zuvor als Kochbox bei allen Angemeldeten vorbei. Dann wählte sich jede einzelne in eine Videokonferenz ein, Michael Kühn kochte vor der Kamera und die Landfrauen machten es ihm nach.

Als sich die Corona-Regeln lockerten, richteten die Jungen Landfrauen einen Hoftag für Familien aus. Neben dem Angebot einer Stall- und Maschinenbesichtigung pressten sie eigenen Apfelsaft, und die Kinder durften im Stroh „baden“.
Auch einen Kurs zu Handlettering, eine Mischung aus Schrift und Malerei zur Gestaltung von Grußkarten, gaben die 25 bis 40 Jahre alten Landfrauen. Zur Adventszeit organisierten sie einen Workshop zum Binden von Türkränzen aus Tannenzweigen. Mit dem Preisgeld wollen sie weitere bezahlbare Angebote im ländlichen Raum machen und beim Neujahrsempfang, bei dem sie sie viele neue Mitglieder aufnehmen werden, „auf den Johannes- Voetlause-Preis anstoßen“, sagt Johanna von Dincklage, Mitglied  des Verbandes.

Luzia Arlinghaus

Zur Sache

Der Landwirtschaftstag der Katholischen Landvolkhochschule Oesede findet traditionell jedes Jahr am 6. Januar statt. Eingeladen sind Landwirtinnen und Landwirte und zivilgesellschaftliche Akteure aus dem ländlichen Raum. Ziel ist es, mit Fachleuten und Engagierten aktuelle Trends zum Leben und Arbeiten auf dem Land zu sichten und zu bewerten, miteinander in den Austausch zu treten und gemeinsam Perspektiven für den ländlichen Raum in den Blick zu nehmen. Im Rahmen des Landwirtschaftstages wird auch die Verleihung des Johannes-Voetlause-Preises vorgenommen. Falls jemand Gruppen oder Einzelpersonen kennt, die sich ehrenamtlich für die Menschen auf dem Land engagieren und die eine Auszeichnung verdient hätten, kann er sie auf der Webseite der Schule nominieren.