Die Interkulturellen Wochen Schwerin verbinden Menschen verschiedener Religionen

Bei Menschen, die anders beten

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Bei den „Interkulturellen Wochen“, die jetzt beginnen, spielt die Religion eine große Rolle. Rudolf Hubert vertritt dabei die Katholiken in Schwerin. Er sagt, warum auch verschiedene Religionen Menschen verbinden können. 

Logo der Interkulturellen Woche 2021
Das offizielle Logo der Interkulturellen Woche 2021: #offen geht

Die Interkulturellen Wochen Schwerin beginnen am Caritas-
Sonntag, 12. September. Bestimmt ein Zufall, aber es waren immer schon viele Caritas-Einrichtungen, die sich beteiligen. Warum ist das so? 

Die Eröffnung der interkulturellen Wochen und der Caritas-Sonntag liegen zeitlich immer im September. Und oft überschneiden sie sich. Aber das ist nebensächlich, denn inhaltlich gibt es eine große Schnittmenge. Caritas, Migration, Integration, Inklusion – das sind keine Schlagworte. Das alles gehört zusammen, weil die Würde des Menschen nicht an irgendwelchen Ländergrenzen Halt macht. 

Seit mehr als 30 Jahren gibt es diese Woche. Sind die Kulturen in der Stadt in dieser Zeit einander nähergekommen? 

Das denke ich schon. Beleg dafür ist ja zum Beispiel, dass wir die offenen Diskussionsforen oder den Tag der Begegnung in diesem Jahr in einen so genannten „sozialen Brennpunkt“ verlegt haben. „So genannt“ sage ich deshalb, weil dieses Klischee überhaupt nicht stimmt. Wenn man sich auf die Menschen, die hier leben, unbefangen einlässt, wird man das sehr schnell in Erfahrung bringen. Und wir gehen bewusst in säkularisierte Räume und in die Öffentlichkeit, weil Religion mit ihrer Botschaft der Annahme, der Toleranz und Hoffnung in die Mitte der Gesellschaft gehört. Übrigens kommen sich so nicht nur die Religionen näher. Am spannendsten sind mitunter die Gespräche mit Menschen, die meinen, nicht glauben zu können. 

Sind die Religionen in diesem Miteinander eher etwas Verbindendes – oder trennen sie die Menschen eher?  

Eine gute Frage, weil sie nicht so einfach zu beantworten ist. Es gibt auch religiöse Menschen, die Religion mit Ideologie verwechseln. Und zwar in allen Religionen. Darum gibt es auch überall Fanatiker. Aber die Mehrheit bilden diese Menschen nicht. Ich sag‘ es einmal so: Religion in einem recht verstandenen Sinn – ob jüdischer, christlicher oder muslimischer Glaube – kann dazu verhelfen, sich auf den Anderen unbefangener einzulassen. Das führt dann auch zu mehr Verständnis für die Situation meines Nachbarn, der anders ist, der Anderes, mitunter Schlimmes erlebt hat. Und dann – im Miteinander – wachsen Hoffnung und Vertrauen. 

Dazu muss man aber erst einmal  die Scheu überwinden und miteinander in Kontakt kommen. Wer macht den ersten Schritt?  

Dazu sind diese Wochen ja gerade da. Es gibt zum Beispiel bei uns den Begegnungstag mit dem Titel: „Weißt du, wer ich bin?“ Jeder ist dazu eingeladen. Und wer miteinander am Tisch sitzt, ein Gebet spricht im Wissen darum, dass der Nachbar, die Nachbarin anders oder gar nicht betet, wer dann erzählt und vor allem zuhört, wer miteinander isst, trinkt, singt oder tanzt, der entdeckt im Tun genau das, was der Kern jeder Religion ist: Glaube, Hoffnung und Liebe. Und auch umgekehrt: Wo jemand liebt, vertraut oder hofft, ist dies immer ‚Glaube im Vollzug‘. 

Rudolf Hubert ist Referent für Caritaspastoral der Caritas im Norden und katholischer Vertreter im Interreligiösen Dialog Schwerin. 

Interview: Andreas Hüser