Sozialpädiatrisches Zentrum
"Da sind wir gut aufgehoben"
Foto: Marien-Hospital Papenburg-Aschendorf
Wenn Kinder Verhaltensauffälligkeiten zeigen, brauchen die Eltern Rat und Hilfe. Beides bekommen sie in Sozialpädiatrischen Zentren - wie am Marien-Hospital Papenburg.
Maria M., ihr Mann und der zehnjährige Louis (Namen geändert), haben schon einen langen Weg hinter sich: mit vielen Fragen, Ängsten, Untersuchungen und Therapien. Ist es ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung), das den Jungen mal aus der Haut fahren, dann wieder ganz in sich verschließen lässt? Oder das Asperger Syndrom, eine Form des Autismus? Heute hat die Familie Gewissheit, dass es Letzteres ist. „Aber vorher waren wir verzweifelt“, sagt die 42 Jahre alte Mutter. Sie ist dem Team des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) am Marien-Hospital Papenburg-Aschendorf dankbar für die Unterstützung. „Sie helfen, so gut sie können – und die können eine Menge.“
Schon in der ersten Klasse der Grundschule bemerken Louis Eltern, dass er Schwierigkeiten beim Schreiben hat. Der Kinderarzt vermutet nach eingehender Untersuchung mehr als nur eine motorische Beeinträchtigung und stellt den Kontakt zum SPZ her. „Anfangs haben wir noch gedacht, dass das alles nicht so dramatisch ist“, erinnert sich die Mutter. Aber die Probleme in der Schule häufen sich. Der Junge lässt sich im Unterricht schnell ablenken, eckt zuweilen mit anderen Schülern an, tut sich mit den Hausaufgaben schwer. „Er hat einfach nicht verstanden, was von ihm erwartet wurde. Er konnte nicht wirklich ausdrücken, was in ihm vorging“, sagt Maria M. – und erzählt gleichzeitig, dass auch sie sich mit ihren Sorgen nicht immer von ihrem Umfeld verstanden gefühlt hat.
„Wir waren echt am Ende“
Anders läuft es im SPZ. „Das ist ein tolles Team, da sind wir wirklich gut aufgehoben.“ Die Fachkräfte dort untersuchen den Jungen genau, machen verschiedene Tests, stellen eine Diagnose, beraten und begleiten die Familie über Monate. Besonders eng betreut Angelika Buse die Eltern und deren Sohn. Die Heilerziehungspflegerin und Systemische Therapeutin hat sich in ihrer Berufslaufbahn viel um Kinder und Jugendliche mit Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten gekümmert – kennt sich dank langer Erfahrung also gut mit dem Thema aus. So auch bei Louis Familie. Sie vermittelt notwendige Termine, ist bei Untersuchungen und Gesprächen dabei, besucht die Eltern mit dem Sohn zu Hause, geht in die Schule und spricht mit dem Lehrerkollegium. „Das Umfeld muss befähigt werden, mit den Diagnosen umzugehen“, erklärt Buse. „Damit es mehr Verständnis bekommt, dann wird es für das Kind besser.“
Bei dem Jungen aus dem nördlichen Emsland ist das wichtig, denn zunächst eskaliert die Lage sogar noch. Unvorhergesehenes bringt ihn aus der Fassung, er reagiert mit Wutausbrüchen. „Es verging kaum ein Tag, an dem nicht das Telefon klingelte und die Schule uns sagte, dass wir ihn abholen sollten, weil nichts funktionierte“, erzählt Maria M. „Wir waren echt am Ende.“
Angelika Buse hat den Eindruck, dass Louis völlig überfordert ist mit der Situation und sie sorgt dafür, dass die verschiedenen Fachkräfte im SPZ sich seiner annehmen. Zunächst vermuten sie ADHS, dann bestätigt sich aber der Befund auf das Asperger Syndrom. „Das Schwarz auf Weiß zu sehen, war für uns fast eine Erleichterung“, sagt die Mutter. „Jetzt können wir gezielte Hilfen und Therapien in Anspruch nehmen, die es ihm leichter machen.“ Sie ist dem SPZ-Team dankbar, dass nach der Diagnose ein Konzept und ein Behandlungsplan entstanden sind, die endlich einen Weg für ihren Sohn und die Familie aufzeigen. Die Behandlungen selbst laufen nun in anderen Praxen und Einrichtungen. „Aber wir sind regelmäßig noch im SPZ, die haben immer Zeit für uns, wenn wir Fragen haben.“
Denn auch weiterhin sind regelmäßige Verlaufskontrollen wichtig, berichtet Angelika Buse. „Manche Familien begleiten wir vom dritten bis zum 18. Lebensjahr.“ Ihr ist es daher wichtig, eine feste Ansprechpartnerin für Eltern und Kinder zu sein. „Wir haben ein breites Spektrum an Diagnostik, Therapiesäulen und Beratung“, sagt sie. Dazu gehören zum Beispiel auch Elterngruppen, in denen Mütter und Väter Informationen zu bestimmten Themen bekommen, sich austauschen und persönliche Netzwerke bilden können. „Sie spüren dann, dass sie nicht allein mit ihren Problemen sind.“
Pro Jahr werden 4500 Familien betreut
Das zeigen auch die Zahlen des SPZ. Beim Start vor 20 Jahren begleitete die Einrichtung zunächst etwa 300 Familien, heute sind es fast 4500 pro Jahr. Und betrachtet man die heutigen Diagnosen, stößt das multiprofessionelle Team vermehrt auf ADHS und Autismusspektrum-Störungen. „Wir sind sehr froh, dass das Sozialpädiatrische Zentrum Familien und Kindern die Chance der wohnortnahen Versorgung ermöglicht“, sagt SPZ-Leiterin Andrea Caby. „Wir haben unsere Beratung immer weiter gestärkt und bieten spezielle Sprechstunden zum Beispiel zu Ernährung, Kopfschmerzen oder Schädelasymmetrie an.“
Maria M. appelliert an andere Familien, die sich vielleicht wegen ihrer Kinder sorgen, die Hilfen anzunehmen. „Da muss man sich nicht scheuen. Lieber einmal zu viel als zu wenig nachfragen.“ Sie und ihr Mann schauen mit ihrem Sohn nun optimistischer in die Zukunft. „Es ist viel besser geworden, weil jetzt alle wissen, was los ist und er Hilfe bekommt.“ Louis hat ein großes Faible für Sprachen, „da ist er deutlich weiter als andere Kinder“, er interessiert sich für Naturwissenschaften und Elektrotechnik. „Vielleicht ist das seine Inselbegabung. Durch die Therapie ist er auf jeden Fall auf einem guten Weg, damit er sich selber besser versteht.“
Rat und Hilfe für Familien
Das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) ist angegliedert an das Marien-Hospital Papenburg-Aschendorf. Die Einrichtung kümmert sich um Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahren, die unter anderem Entwicklungs- oder Verhaltensstörungen zeigen. Die Arbeit des Teams mit der Fachärztin Andrea Caby an der Spitze umfasst Untersuchung, Diagnostik sowie Begleitung der Familie und des Umfeldes. Das Einzugsgebiet reicht von Ostfriesland bis ins mittlere Emsland.
Kontakt: Telefon 0 49 61/93 13 84; E-Mail: spz@hospital-papenburg.de