Doppelspitze in einer Pfarrei

Da wurden gleich zwei Chefs eingeführt

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Oktober 2021 in Neubrandenburg: Erzbischof Stefan Heße beauftragt das Leitungsteam der Pfarrei St. Lukas: Gabriele-Maria Kohl (links), Michael Nötzel, Florin Edenhofer und Daniel Gillner
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Foto: Bernd Lasdin

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Oktober 2021 in Neubrandenburg: Erzbischof Stefan Heße beauftragt das Leitungsteam der Pfarrei St. Lukas: Gabriele-Maria Kohl (links), Michael Nötzel, Florin Edenhofer und Daniel Gillner

Ein besonderer Paragraf im kirchlichen Gesetzbuch macht es möglich: Im Erzbistum Hamburg sind es nicht mehr nur die Priester allein, die eine Pfarrei leiten dürfen.

Als im Oktober 2023 die Hamburger Innenstadt-Pfarrei – zu der auch der Dom gehört – einen neuen Pfarrer bekam, stand nicht nur ein Generationswechsel an. Denn statt eines Chefs wurden zwei eingeführt: Pfarrer Thorsten Weber und Pastoralreferent Heiner Ganser-Kerperin. Beide haben schon Erfahrung mit Veränderungen. Ganser-Kerperin war Missio-Referent in Essen und Leiter der Bildungsarbeit von Adveniat. Pfarrer Weber war im Vorleben Rundfunkjournalist und Moderator. Aber eine Doppelspitze in einer Pfarrei, das ist etwas Neues – für die Gemeinden zumindest. Im Bistum aber geht der Weg schon lange hin zu Leitungsteams – in verschiedenen Varianten. 

Geht man vom Mariendom über die Alster, trifft man das nächste Leitungs-Tandem. In der Pfarrei Heilig Geist teilen sich zwei Pfarrer (Pavlo Vorotnjak und Thomas Benner) die Verantwortung. An der Elbe, im Hamburger Westen, wird die Pfarrei St. Maria von einem fünfköpfigen Team geleitet, dazu gehören ein Priester – und eine Frau. Eine ähnlich gemischtes Team gibt es ganz im Osten des Bistums. In Neubrandenburg teilen sich drei Ehrenamtliche (Gabriele-Maria Kohl, Michael Nötzel und Manfred Dachner) die Leitung mit zwei Hauptamtlichen: Pastor Florian Edenhofer und Verwaltungskoordinator Daniel Gillner. 

Ist das erlaubt? Das Kirchenrecht sieht einen anderen Regelfall vor: Leiter der Pfarrei ist ein Priester, nämlich der Pfarrer. Aber der Kanon 517 des kirchlichen Rechtsbuchs lässt Ausnahmen zu. Mehrere Priester können Pfarreien leiten. Und bei Priestermangel können Diakone und Laien beteiligt werden – der Bischof muss dann einen Priester bestimmen, der die Seelsorge leitet.

2019 hat Erzbischof Stefan Heße eine Projektgruppe zu neuen Leitungsmodellen eingesetzt. Von Anfang an war klar: Das Teammodell ist wegen des Priestermangels notwendig. Es ist zudem sinnvoll, weil so die verschiedenen Gaben und Talente der Getauften zur Geltung kommen können – „auf Augenhöhe“, wie es heißt. Ein „Selbstläufer“ ist die Sache aber nicht. Im Team müssen die Aufgaben festgelegt werden. 

Priesterliche Aufgaben gesetzt

„Es gibt priesterliche Aufgaben, die kann niemand anders erledigen. Das ist gesetzt", sagt Steffen Debus von der Pastoralen Dienststelle. Aber alles andere müsse verhandelt werden – je nach der Frage: Welche Leute gibt es vor Ort? Wie einigen die sich? Welche Begabungen und Interessen haben sie? „Deshalb ist etwas das Modell in Hamburg anders als in Neubrandenburg.“

Klar ist, dass bei künftigen Stellenbesetzungen im Bistum überall Leitungsteams gebildet werden. „Wir lernen aus unseren Erfahrungen und probieren verschiedene Möglichkeiten aus. Aber entscheidend ist immer die Situation vor Ort.“

Andreas Hüser