Franziskanerinnen von Thuine verlassen das Berliner Franziskus-Krankenhaus
Dankbar für berührende Zeiten
Die Schwestern M. Dorothea Hinken, M. Waldemaris Roesler, M. Emanuele Mansfeld, Theresa-Maria Neuhaus und M. Dietmaris Beck (von rechts) im Krankenhausfoyer. Foto: Dorothee Wanzek |
„Uns wird die Seele aus dem Leib gerissen“, sagte eine langjährige Mitarbeiterin des Franziskus-Krankenhauses in Berlin-Tiergarten zur Konventsoberin Schwester M. Emanuele Mansfeld, als sie kürzlich vom bevorstehenden Weggang der Schwestern erfuhr, „wir werden heimatlos.“ Seit 1908 haben die Franziskanerinnen aus dem Emsland hier gepflegt, getröstet, gebetet, Krankenpflegeschülerinnen unterrichtet und Verantwortung getragen für die Weiterentwicklung und den Erhalt des Franziskus-Krankenhauses.
Ohne großes Aufsehen geholfen
Vieles, was sie jahrzehntelang getan haben, geschah ohne großes Aufsehen, ruft der Kaufmännische Leiter Matthias Schwarz in Erinnerung: „Für alles Zwischenmenschliche hatten sie ein offenes Ohr und ein offenes Herz, haben die Not gesehen und geholfen, zum Beispiel Obdachlose neu eingekleidet, während der Pandemie Kinder von Mitarbeitern betreut oder abends das Licht im Büro ausgeschaltet, wenn jemand dies vergessen hatte.“
Der Abschied ist nicht nur für die schmerzlich, die demnächst ohne die fünf noch verbliebenen Schwestern weitermachen müssen. Den Franziskanerinnen selbst fällt das Loslassen schwer. „Es tut mir sehr, sehr leid zu gehen, denn ich habe gespürt, dass wir hier einen Auftrag haben, dass wir mit unserer Art zu leben, Menschen erreichen“, sagt Schwester M. Emanuele, die sich zugleich aber auf ihre neue Aufgabe als Altenheimleiterin in Bad Soden freut. Schwester M. Waldemaris Roesler lebt seit 25 Jahren im Franziskus-Krankenhaus, länger als die anderen vier Ordensfrauen, die hier demnächst verabschiedet werden. Die längste Zeit hat sie an der Information gearbeitet und hatte dort bei der Aufnahme und der Entlassung mit jedem Patienten Kontakt. „Ich habe die Berliner richtig liebgewonnen“, sagt die Seniorin, die demnächst ins Altenheim ihres Ordens umziehen wird. Dankbar ist sie besonders für die Offenheit und das Vertrauen, das den Franziskanerinnen von Menschen aller Religionen und Nationen entgegengebracht wurde. „Einmal Franziskus, immer Franziskus“, haben viele „treue“ Patienten ihr gesagt. Schwester Emanuele hat mehrfach erlebt, dass Fremde in der Stadt ihr beim Einkaufen einen 50-Euro-Schein in die Hand drückten, und dabei zum Beispiel sagten: „Ihr macht gute Arbeit!“ In ihren früheren Wirkungsstätten Köln und Osnabrück ist ihr so etwas nie passiert. „Ich durfte hier viele Wunder miterleben“, freut sich Schwester Waldemaris und denkt dabei besonders an die Mitarbeiter, die zum christlichen Glauben gefunden haben.
„Ich hoffe, dass unsere Spiritualität bleibt!“
Auch nichtchristliche Mitarbeiter teilen ihre Sorgen mit den Schwestern und bitten sie um ihr Gebet. „Darauf konnten sie sich auch wirklich verlassen“, sagt Schwester Theresa-Maria Neuhaus, die als Krankenhausseelsorgerin arbeitet und ihre künftige Wirkungsstätte noch nicht kennt. „Es ist die Kraft Gottes, die uns hier immer gehalten hat, und aus der viele schöpfen konnten“, sagt sie. Täglich wird die heilige Messe gefeiert in der kleinen Krankenhauskapelle, die eine Patientin neulich begeistert als „Schatzkästchen“ bezeichnete. Vor allem sonntags feiern auch Christen aus der Umgebung den Gottesdienst mit. Im Arbeitsalltag kommen Krankenhausmitarbeiter kurz zum Beten oder zum Stillwerden. „Hier hat Gott die Herzen vieler Menschen berührt“, sagt Schwester Theresa-Maria. Vieles, was sie „nebenbei“ tun konnten, weil das Krankenhaus ihr Lebensraum war, wird von Angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeitern künftig nicht zu leisten sein, ist ihr bewusst. Ihre Hoffnung ist dennoch, dass „die Spiritualität der Franziskanerinnen weitergetragen“ wird.
Das bestehende Seelsorgeteam und die christlichen Mitarbeiter werden künftig eine noch wichtigere Rolle spielen als bisher, sagt Matthias Schwarz. Es sei nun verstärkt „an ihnen, im Alltag die christlichen Werte zu leben und so den besonderen Geist des Krankenhauses spürbar zu machen.“
Von Dorothee Wanzek