2G-Regel für Gottesdienste im Bistum
Darf die Kirche das?
Ohne Corona-Impfung kein Zutritt mehr: Veranstaltungen werden oft nur noch für „2G“ angeboten – Geimpfte und Genesene. Für Gottesdienste galten bisher keine Einschränkungen. Das ändert sich gerade. Auch zwei Bildungshäuser im Bistum setzen ab 1. November auf die „2G“-Regel.
Darf Kirche das machen? Gottesdienste anbieten, an denen nur Genesene und Geimpfte teilnehmen dürfen? Mit dieser Frage beschäftigen sich derzeit mehrere Gemeinden im Bistum Osnabrück. Seit Mai 2020, seit Gottesdienste nach einer mehrwöchigen Pause wieder öffentlich gefeiert werden dürfen, gibt es nur eine Einschränkung für dessen Besuch: Wer offensichtlich eine Erkrankung der Atemwege hat – es könnte Corona sein – soll bitte zu Hause bleiben. Alle anderen dürfen kommen, müssen aber Abstand halten. Mal ausschließlich mit Maske, mal nur, so lange man nicht auf seinem Platz ist. Mal mit Gesang, mal nur ohne. Je nach Infektionslage wechseln die Möglichkeiten.
Doch auch unter diesen Bedingungen müssen manchmal Gläubige weggeschickt werden. Zum Beispiel, wenn die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze erreicht ist. Oder wenn, wie vielerorts an Weihnachten und Ostern, keine vorherige schriftliche Anmeldung vorlag. Dann ist es gleich, ob jemand einen gültigen Impfpass vorlegen kann.
Vom 1. Advent an wird es in der Osnabrücker Heilig-Geist-Kirche, die zur Pfarrei Christus König gehört, zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder Eucharistiefeiern am Sonntagmorgen geben. Die Vorfreude ist groß. Bislang war die Kirche als zu klein befunden worden. Angesichts der Abstandsregeln hätten nur wenige Gläubige Platz gefunden. Jetzt haben Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat einstimmig beschlossen, dass es einen Neuanfang geben soll – aber nur Geimpfte und Genesene werden mitfeiern dürfen, dann darf der Abstand geringer ausfallen. Alle anderen müssen ausweichen – was angesichts zweier weiterer Gemeindekirchen in erreichbarer Nähe zumutbar scheint.
Pfarreiengemeinschaft Obergrafschaft startete eine Testphase
„Wir wissen, dass wir mit dieser Regelung Leute ausschließen“, sagt Pfarrgemeinderatsvorsitzende Simone Kassenbrock im Gespräch mit dem Kirchenboten. Angesichts der benachbarten Kirchen sei die Entscheidung nach langer Abwägung dann aber eindeutig gewesen. Auch das beliebte Kirchencafé nach der Messe soll so wiederbelebt werden. Denn wenn sich nur Geimpfte und Genesene treffen, dürfen sie auf Abstände verzichten. Das gilt nicht nur in der Kirche, davon machen seit längerer Zeit auch Konzertveranstalter oder Gastronomiebetriebe Gebrauch.
Auch in anderen Gemeinden des Bistums wird über „2G“ nachgedacht. Die Pfarreiengemeinschaft Obergrafschaft hat am zurückliegenden Wochenende eine Testphase gestartet. In Bad Bentheim dürfen alle mitfeiern, die geimpft oder genesen sind. Bewusst wurde St. Johannes ausgewählt: Das Gotteshaus liegt nicht nur in der Mitte, sondern ist neben Gildehaus und Schüttorf, wo weiterhin auch alle Ungeimpften willkommen sind, auch die größte der drei zum Verbund gehörenden Kirchen. „Dann wird es nicht gleich ganz eng“, heißt es im Pfarrbrief. Verzicht auf Masken und Abstand – das ist nicht jedermanns Sache, denn schließlich hat sich gezeigt, dass auch Geimpfte infiziert sein und die Krankheit weitergeben können. „Impfdurchbruch“, sagen in diesem Fall die Experten.
In Bad Bentheim haben sie sich auf ein gewisses Maß an Bürokratie eingestellt. Denn jetzt muss der Impfausweis kontrolliert werden, bei unbekannten Personen auch der Personalausweis. Kinder unter 18 Jahren dürfen uneingeschränkt mitfeiern. Auch jene, die nicht geimpft werden können und das per Attest eines Facharztes nachweisen. Damit der Aufwand der Datenerfassung nicht in jeder Woche erneut nötig ist, sollen Listen erstellt werden, auf denen die Nachweise vermerkt werden.
In der Obergrafschaft und im Osnabrücker Norden können Gläubige ausweichen, wenn sie nicht am „2G“-Gottesdienst teilnehmen können oder wollen. Auf der Nordseeinsel Norderney geht das nicht. Dort heißt es seit September ausschließlich „2G“. Die Kirchengemeinde macht damit keine Ausnahme. „Zum Beispiel in vielen Bars gilt das auch, die Leute kennen das also schon“, sagt Diakon Markus Fuhrmann, der Gemeindeleiter. Auf der Insel hieß es zuvor schon öfter: „Stopp!“ Denn es sind viele Touristen dabei, die erst am Vortag angereist sind – und die nichts von der Möglichkeit wussten, sich anzumelden. Von denen aber auch niemand weiß, ob sie ein Infektionsrisiko mit sich bringen.
„Jetzt müssen wir nur noch wenige Ausnahmen zurückweisen, weil jemand nicht geimpft ist und unsere Regelung nicht einsieht“, sagt Fuhrmann. Viel mehr Gläubige als zuvor dürfen nun in die Kirche, und trotzdem halten sie weiter einen gewissen Abstand zueinander ein: „Das kommt von ganz alleine, man hat sich daran gewöhnt.“
Zwei Bildungshäuser gehen auf "2G"
Ab dem 1. November gilt auch im Ludwig-Windthorst-Haus Lingen (LWH) und in der Katholischen Landvolkhochschule Oesede (KLVHS) die „2G“-Regel. Besucher und Teilnehmer an Kursangeboten müssen ab dann einen Impf- oder Genesungsnachweis vorlegen, wenn sie die Häuser betreten möchten. Ein Test reicht dann nur noch in medizinischen Ausnahmefällen, die eine Impfung unmöglich machen.
Die Einführung der „2G“-Regel ermöglicht den Verzicht auf Abstandsregelungen und auf die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung. „Mit diesem Schritt, der sich eng an den Möglichkeiten der Niedersächsischen Corona-Verordnung orientiert, erhalten wir ein gutes Stück an Normalität in unseren Abläufen zurück“, sagt LWH-Direktor Marcel Speker über die Beweggründe. Dennoch setze man im LWH weiterhin auf Schutzmaßnahmen und Vorsicht. So gebe es zwei Selbsttests der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pro Arbeitswoche. Und auch bei den Bewegungen außerhalb der Seminarräume gebe es die Empfehlung zum Tragen einer Maske.
Johannes Pott, Co-Leiter der Landvolkhochschule Oesede, verweist auf einen weiteren Aspekt: Mit „2G“ habe das Haus eine größere Planungssicherheit und könne viel mehr Gäste aufnehmen als mit „3G“. So oder so müsse Interessierten abgesagt werden, bei „2G“ seien es aber nicht mehr so viele. Marcel Speker ergänzt: „Wir nehmen die Gefahr einer Corona-Infektion weiterhin sehr ernst und möchten diese Gefahren weitestgehend minimieren, aber gleichzeitig auch wieder einen normalen Betrieb sicherstellen.“
Anders sieht es in Haus Ohrbeck (Georgsmarienhütte) aus. Dort bleibe man bei der „3G“-Regel, um niemanden auszuschließen, wie Hausleiterin Maria Feimann sagt. „Alle sollen an Bildungsmaßnahmen teilnehmen können.“ Wollten Gastgruppen, die das Haus für eigene Tagungen nutzen, unter „2G“ Einkehr halten, sei auch das möglich. Und auch die Jugendbildungshäuser in Sögel, Ahmsen und Rulle bleiben bei der bisherigen Regelung. Denn Minderjährige, die hier ein- und ausgehen, müssen nicht geimpft sein, werden aber ohnehin mehrfach in der Woche getestet.
Matthias Petersen