Das Dilemma der Wehrhaften
Foto: Marco Heinen
(v.li.) Dekan Torsten Stemmer, Militärbischof Franz-Josef Overbeck und Weihbischof Horst Eberlein im Anschluss an den Einführungsgottesdienst.
Mehrere Hundert Menschen, darunter vor allem Angehörige der Bundeswehr, haben kürzlich am Pontifikalamt zur offiziellen Einführung des neuen Militärdekans Torsten Stemmer in der Kirche St. Heinrich in Kiel teilgenommen. Unter den Gästen waren neben Eka von Kalben, Erste Landtagsvizepräsidentin, und Oberst Axel Schneider, Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein, auch der evangelische Militärdekan Ernst Raunig. Militärbischof Franz-Josef Overbeck, zugleich Bischof des Bistums Essen, thematisierte in seiner Predigt die Seelsorge für die Angehörigen der Bundeswehr und ihre Familien sowie alle anderen Beschäftigten, die von den Militärseelsorgern seit Gründung der Bundeswehr geleistet wird.
Die innere Mitte und die Macht der anderen
Bei der Seelsorge gehe es „um die innerste Mitte eines jeden Menschen“, auch wenn die Menschen verschieden geprägt seien, auch durch andere Religionen. „In unserer Mitte wohnt, so sagen wir als Gläubige – Gott“, so Overbeck. Und diese innerste Mitte entziehe sich der Mächtigkeit anderer Menschen. Die Würde des Menschen mit seiner Freiheit, seiner Gleichheit, aber auch seiner Verantwortung und seines Gewissens stehe im Mittelpunkt der Militärseelsorge.
Der Militärbischof schlug den Bogen zur Gegenwart, zum Krieg in der Ukraine und zum Rechtsruck in der Gesellschaft. Er sprach von einem Systemkonflikt, der die Frage aufwerfe, ob wir autoritär oder freiheitlich-demokratisch leben wollten. „Und wir müssen gerade jetzt aufpassen, dass nicht gewisse Kräfte versuchen, mit demokratischen Mitteln die Demokratie abzuschaffen“, so Overbeck. Deshalb gelte es, das freiheitlich-demokratische Symstem zu verteidigen.
Bei Konflikten wie in der Ukraine oder auch im Heiligen Land gelte es, Gewalt Gegengewalt entgegenzusetzen, „um einem guten Ziel zu dienen“. Dies beinhalte „moralische Entscheidungen, die auf ethischer Grundlage getroffen“ würden. „Darum können die Waffenlieferungen ethisch vertretbar sein, auch wenn sie moralisch mit allen Folgen in den Abgrund führen.“ Bischof Overbeck: „Aus einem solchen Dilemma kommt keiner heraus, weder Sie, liebe Soldatinnen und Soldaten, noch ich, noch andere, die Verantwortung tragen.“
Musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst vom Marinemusikkorps Kiel unter Leitung von Kapitänleutnant Inga Hilsberg.
