Im Husumer Weihnachtshaus steht die Tradition im Vordergrund

Das ganze Jahr ist Weihnachten

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Christbäume, Rauschgoldengel und Krippenfiguren werden im Husumer Weihnachtshaus das ganze Jahr über bestaunt. Den Eigentümern geht es um mehr als nur Kitsch und blinkende Lichter.

Alix Paulsen inmitten ihrer Sammlung mit Weihnachtsartikeln
Alix Paulsen sammelt seit vielen Jahren Weihnachtsartikel. Foto: Michael Althaus/kna

Der Herrnhuter Stern über dem Eingang ist schon von Weitem zu sehen. Im kleinen Ladengeschäft am Eingang wimmelt es von Engeln und Christbaumkugeln. Im Weihnachtshaus Husum dreht sich praktisch das ganze Jahr über alles um das große Fest. Auf drei Stockwerken des alten Gründerzeitgebäudes stehen Hunderte Exponate verschiedener Weihnachtsdekoration in den Vitrinen. 

Gründerin Alix Paulsen geht es aber um mehr als Kitsch, blinkende Lichterketten und Musikgedudel. Sie will vor allem his­torische Entwicklungen greifbar machen. „Weihnachtsgeschichte ist auch Kultur-, Wirtschafts- und Sozial­geschichte“, ist die 65-jährige Verlegerin überzeugt. „Man kann anhand dieses Themas alles aufdröseln.“

Paulsen begann Ende der 1970er Jahre mit dem Sammeln von Weihnachtsschmuck. „Weihnachten wurde in unserer Familie sehr intensiv vorbereitet und gefeiert“, begründet sie ihre Leidenschaft. Vor allem von den Papier-Adventskalendern ihrer Kindheit war die gebürtige Kielerin fasziniert. Ihre Mutter hatte sie alle in einer Tüte aufbewahrt – der Grundstock für die Sammlung. Um sie zu vervollständigen, besucht Paulsen bis heute regelmäßig Manufakturen im Erzgebirge, in Bayern und Südtirol. Inzwischen hat sie Tausende Objekte zusammengetragen. Wie viele es genau sind, weiß sie nicht. „Das habe ich nie gezählt und ist auch nicht wichtig“, sagt sie. 2008 eröffnete Paulsen mit ihrem Mann Ingwert das Weihnachtshaus, in dem sie eine Auswahl ihrer gro­ßen Sammlung präsentiert.

Zu sehen ist etwa der erste kommerzielle Adventskalender, der 1902 in Hamburg auf den Markt kam. Auf einer Papier-Uhr lassen sich mit einem Metallzeiger die letzten zwölf Tage vor Weihnachten herunterzählen. Gleich daneben steht ein Exemplar des ers­ten Türchen-Adventskalenders von 1920. Während diese frühen Versionen bunt und üppig bemalt sind, fallen die Kalender aus den 1940er Jahren sichtlich spärlicher aus. „In Kriegszeiten waren Papier und Druckerschwärze knapp“, erklärt Paulsen.

Im Nebenraum sind vier Weihnachtsbäume in den Stilen verschiedener Epochen geschmückt. Die Tradition, zum Christfest einen dekorierten Baum aufzustellen, entstand im 18. Jahrhundert. Die immergrünen Zweige sollten gegen böse Geister schützen. Anfangs wurden sie vor allem mit Essbarem geschmückt: Rosinen, getrocknete Äpfel und Pflaumen, Gebäck. „In der Schweiz gibt es sogar einen Nachweis über einen Baum mit Käse“, weiß Paulsen.

Weihnachtsbrauchtum entstand in Deutschland

Jeweils eigene Bereiche hat sie den drei deutschen Regionen gewidmet, die für die Weihnachtsschmuck-Produktion besonders bekannt sind: dem Erzgebirge, das für seine Holzfiguren berühmt ist; Thüringen, in dessen Glasbläser-Werkstätten die Christbaumkugel entstand und Nürnberg, wo die Metallschläger-Industrie Rauschgoldengel und das Lametta hervorbrachte. „Das gesamte Weihnachtsbrauchtum nimmt in Deutschland seinen Ursprung“, sagt Paulsen. „Von hier aus hat es sich nach Skandinavien, über Auswanderer in die USA und von dort in die ganze Welt verbreitet.“

Knarrende Treppenstufen führen in das Dachgeschoss, wo Besucher das Arbeitszimmer des Weihnachtsmannes bestaunen können. Telefon und Globus gehören zur Ausstattung. Neben dem roten Mantel hängt Unterwäsche auf der Heizung zum Trocknen. Der Raum soll vor allem Kindern die Bedeutung des Festes näherbringen, die dort auch einen Wunschzettel hinterlassen dürfen.

Die meisten Menschen besuchen das Weihnachtshaus in der Vorweihnachtszeit und im Sommer, wenn an der Nordseeküste touristische Hochsaison herrscht. Im Vor-Corona-Jahr 2019 zählte das Museum insgesamt rund 12 000 Gäste. Die Ausstellung löse bei den meisten viele Erinnerungen aus, erzählt die Gründerin. „Die Menschen sinnieren über ihr eigenes Weihnachten – was sie gehabt haben oder auch nicht gehabt haben.“

Ein bisschen Kitsch gibt es dann übrigens doch: Die diesjährige Sonderausstellung widmet sich zeitgenössischem Christbaumschmuck. Sie zeigt Kugeln mit den Logos von Fußball-Clubs, gläserne Burger, High-Heels und Filmfiguren. Auch Masken, einen Weihnachtsmann mit Mundschutz und stilisierte Klopapier-­Rollen präsentiert Sammlerin Paulsen in ihrer Schau. „Auch das werden irgendwann Zeitdokumente sein.“     (kna)