Franz-Josef Bode vor zwölf Monaten zurückgetreten

Das Jahr nach dem Paukenschlag

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Porträtfoto von Altbischof Bode
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Vor einem Jahr ist Franz-Josef Bode als Bischof von Osnabrück zurückgetreten. Foto: bpo

In diesem Moment hatte wohl keiner mehr damit gerechnet: Vor einem Jahr, am 25. März, trat Franz-Josef Bode als Bischof von Osnabrück zurück. Schwierige Wochen waren dem vorausgegangen. Auch zwölf Monate später ist kein Nachfolger in Sicht.

Zur Mittagsstunde läuten die Glocken am Osnabrücker Dom. Wie jeden Tag. An diesem 25. März 2023 ist es anders. Auf das Mittagsläuten folgt ein Paukenschlag: Zeitgleich wird in Osnabrück und Rom bekanntgegeben, dass Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch von Bischof Franz-Josef Bode angenommen hat. Über 27 Jahre hatte er an der Spitze des Bistums gestanden, inzwischen war er dienstältester Diözesanbischof in Deutschland. 

Der Moment war überraschend. Abgezeichnet hatte sich ein möglicher Rücktritt eher ein halbes Jahr zuvor, als die ersten Ergebnisse einer Studie zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Bistum veröffentlicht wurden. Zwar wiesen die Wissenschaftler dem Bischof keine persönliche Schuld zu, doch sie machten auch deutlich, dass er aus ihrer Sicht zu wenig durchgegriffen hatte, mehr das Wohl von Tätern im Auge hatte denn das der Betroffenen. Zwei Tage lang schossen im September 2022 die Spekulationen ins Kraut, bevor Bode in einer Pressekonferenz verkündete, dass er weitermachen werde. Er wollte selbst dafür sorgen, dass alles wieder gut wird.

"Ich arbeite zum Glück im Bistum Osnabrück" galt plötzlich nicht mehr

Nicht jeder mochte da mitgehen. Für manchen Mitarbeiter galt der viel zitierte Satz „Ich arbeite zum Glück im Bistum Osnabrück“ plötzlich nicht mehr. In einem Gespräch im Dom stellte sich der Bischof den Fragen und Vorwürfen. Es entstand der Eindruck, seine engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten das Vertrauen in ihn verloren.

So fällte der Bischof in den Wochen danach einen Entschluss, von dem kaum jemand etwas mitbekam: Im Januar 2023 bot er dem Papst seinen Rücktritt an. Der Papst folgte dem Wunsch, und so kam es am 25. März zum Paukenschlag. Bode zog sich danach zurück. Der Bischof sei für Interviews nicht erreichbar, teilte sein Pressesprecher mit. Das ist bis heute so geblieben. Nur noch zweimal meldete sich Franz-Josef Bode zu Wort: Am Montag der Karwoche sprach er zu seinen Priestern und Diakonen, auch Pfarrbeauftragte waren vertreten. Wenige Tage vor seiner offiziellen Verabschiedung im Juni schrieb er einen Gastbeitrag für den Kirchenboten: „Ich kann nur sagen, dass ich noch immer im tiefen Frieden bin mit der für viele überraschenden Entscheidung, den Papst um die Annahme meines Rücktrittsgesuchs zu bitten“, hieß es da.

Messe und Eucharistische Anbetung am Montag

Seitdem ist es ruhig geworden um Franz-Josef Bode. Wer ihm begegnet, steht einem Menschen gegenüber, der offenbar mit sich im Reinen ist. Manchmal feiert er im Dom die heilige Messe, oft sonntagsmorgens oder montagsabends. Montags bleibt er auch zur Eucharistischen Anbetung, die er 2016 im von ihm propagierten „Jahr des Aufatmens“ initiiert hat. Nur einmal geriet er noch in den Fokus lokaler Medien, als er eine Wohnung zwischen Theater und Dom bezog. Die Pressestelle setzte die Meldung ab, er habe eigentlich erst eine andere Wohnung beziehen wollen. Sofort witterten Journalisten eine Sensation. Dabei hatte sich die zunächst ausgeguckte Behausung schlicht als unpassend erwiesen.

Aus dem Arbeitszimmer blickt er auf den Dom

Jetzt wohnt der emeritierte Bischof in der Kleinen Domsfreiheit und hat nur wenige Schritte bis in die Sakristei des St.-Petrus-Doms. Von seinem Arbeitszimmer aus hat er den Blick auf Theater und Dom. Seine Bibliothek musste arg schrumpfen; im Bischofshaus war eben viel mehr Platz. Die öffentliche Kritik an seinem Umgang mit dem sexuellen Missbrauch ist inzwischen nahezu verstummt. Insofern darf man urteilen, dass der Rücktritt zumindest kein Fehler war.

Schon wenige Tage nach dem 25. März 2023 fokussierte sich alles auf die Nachfolge. An einem breit angelegten Findungsprozess wurden auch Laien beteiligt – das hatte es in der neueren Geschichte noch nicht gegeben. Anfang Juli schickte das Domkapitel seine Vorschläge an den Nuntius, den päpstlichen Vertreter. Seitdem ist Warten angesagt. Warten darauf, dass der Vatikan seine Liste mit Kandidaten zurückschickt, aus denen das Domkapitel den Bischof wählen wird. Seit die Bischofssitze in Bamberg und Paderborn besetzt sind, ist sicher: Jetzt ist Osnabrück an der Reihe. Doch still ruht der See. Was wiederum dazu führt, dass die Kaffeesatzleser Konjunktur haben. Allzu gerne wird spekuliert, wer auf der Liste steht und wann es weitergeht. Viele meinen, etwas zu hören, doch es gilt der Satz: „Diejenigen, die etwas wissen, sagen nichts. Und die, die etwas sagen, wissen nichts.“

Dann können in Osnabrück wieder mal die Glocken läuten

Wenn der Brief dann wirklich mal bei Weihbischof Wübbe eingegangen ist, ist klar, wie es weiterzugehen hat: Das Domkapitel kommt zusammen und wählt einen Kandidaten. Der Chef des Domkapitels, hier ist es Weihbischof Wübbe, sucht den Gewählte auf und fragt nach seiner Zustimmung und holt danach auch die der Landesregierungen Niedersachsens und Bremens ein. Und dann können in Osnabrück wieder mal die Glocken läuten.

Matthias Petersen