Das Wichtigste: „Hier bin ich“
Mitten in der Coronakrise bereiten sich Menschen auf ihre Taufe vor. Anders als sonst war auch die Begegnung der erwachsenen Täuflinge mit dem Erzbischof. Sie fand nicht im Dom statt, sondern zuhause auf mehr als 40 Bildschirmen.
„Ich hatte nie etwas mit der Kirche zu tun.“ Diesen Satz hört man öfter, wenn man mit Menschen spricht. Ich hatte nie etwas mit der Kirche zu tun, sagt auch Daniel Meyer. Der 30-jährige Hamburger ist in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen. In seiner Umgebung war Kirche und Christentum etwas Fremdes. Zwar stellte das Leben Fragen, die ein Mensch nicht beantworten kann. „Ich dachte aber – was passiert, das passiert. Ich habe das nie auf Gott bezogen.“
Dann hat Daniel Meyer seine Partnerin kennengelernt. Sie kommt aus Kroatien, einem Land mit 86 Prozent Katholiken. Für sie und ihre Familie spielte der Glaube eine große Rolle. „Also habe ich angefangen, mich dafür zu interessieren.“ Er ist mit in die Kirche gegangen, und das war eine gute Erfahrung. „Ich fühle mich da wohl. Es ist ein Ort, in dem man Ruhe finden kann.“ Meyer nahm an einem Glaubenskurs mit Pater Christian Modemann teil. In einem Buch mit dem Titel „Christsein für Einsteiger“ bekam er nützliche Hintergrundinformationen für den eigenen „Einstieg“, auf den er sich jetzt vorbereitet.
Dass „Einsteiger“ den Gottesdienst als etwas Schönes und Erhebendes erleben – auch das hört man oft im Gespräch mit erwachsenen Täuflingen. Janina Thomann geht es so. Auch sie hat die ersten Gottesdienste als „sehr schön“ empfunden. Auch sie hatte nie viel mit der Kirche zu tun. Als Kind war sie in einem evangelischen Kindergarten. Aber der Pastor, erzählt sie, hat ihr eher Angst gemacht als Neugierde geweckt. Gott spielte für sie eine Rolle, aber nur undeutlich und weit weg. „Als Kind habe ich an Engel geglaubt, aber das reichte mir nicht. Je älter ich wurde, desto mehr wurde mir klar: Ich glaube an Gott.“ Und dann passierte etwas. „Ich wurde schwanger. Das hat viel verändert. Ich habe mich gefragt: Was willst du deinem Kind mitgeben? Es sollte mehr sein als der schwammige Glaube, den ich bisher hatte.“
Janina Thomann begann einen Glaubenskurs und kam in Kontakt mit Ursula Kropp, Referentin für Glaubenskommunikation. Was sie da mitbekam, hat sie überzeugt. Im März wird sie im Kleinen Michel in Hamburg die Taufe empfangen.
Oft sind es Partner und deren Familien, die andere „mitziehen“ und die Tür zum Christentum aufmachen. Aber es gibt auch den umgekehrten Fall, wie Diakon Stefan Mannheimer aus Hamburg-Bergedorf erzählen kann. Er hat erlebt, wie ein vierjähriges Kind aus der Kita plötzlich in der Familie sagte: Ich will getauft werden. Die ungetauften Eltern hatten nichts dagegen, sie waren bei den Vorbereitungen dabei – und am Ende ließen sie sich auch taufen. Stefan Mannheimer: „Sie sagten: Unser Kind zieht uns mit. Das war für mich eine Überraschung und ein Geschenk.“
Das Wichtigste: Gott hat an Ihnen Interesse
Erwachsene, die Mitglieder der katholischen Kirche werden wollen, sie sind kein Massenphänomen. Aber es sind auch keine Einzelfälle. Viele Gemeinden im Erzbistum bieten Einführungs- und Glaubenskurse an und begleiten Einsteiger. In jedem Jahr, immer am Samstag vor dem ersten Fastensonntag, gibt es eine Segensfeier mit dem Erzbischof im Dom.
Die Täuflinge, die oft einer alten Tradition zufolge in der Osternacht die Taufe empfangen, werden vom Bischof feierlich zur Taufe zugelassen, sie werden mit einem heiligen Öl, dem Katechumenenöl, gesalbt. Und sie bekommen den Segen für die letzten Wochen ihrer Taufvorbereitung.
„Eigentlich wäre heute für uns ein besonderer Gottesdienst im St. Marien-Dom gewesen“, sagte Ursula Kropp am Samstag. Sie saß vor dem Computer, zusammengeschaltet mit 40 Taufbewerbern, die ebenfalls per Computer oder Tablet an einer „digitalen Begegnung mit Segensfeier“ per Zoom-Konferenz teilnahmen. In Kleingruppen tauschten die Teilnehmer persönliche Erfahrungen aus, in der großen Runde war ein Interview mit einer ehemaligen erwachsenen Taufbewerberin zu sehen, die nach 13 Jahren immer noch begeistert von ihrer Entscheidung berichtete.
„Sie haben viele Fragen“, beruhigte Erzbischof Stefan Heße die Täuflinge. „Wie alles geht in der Kirche, das Äußere, das lernen Sie Schritt für Schritt. Dafür haben Sie das ganze Leben Zeit. Wichtig ist der innere Punkt. Und das ist die Begegnung mit Gott.“ Man werde diesen Gott nicht durch intellektuelle Anstrengungen finden. „Sie werden ihn finden, wenn Sie sich mit dem Leben auf ihn einlassen. Gott hat an Ihnen Interesse. Er liebt Sie!“
Der Bibeltext während der Andacht war die Geschichte des jungen Samuel, Schüler des Tempelpriesters Eli. Dreimal wird der Junge nachts von Gott gerufen, und jedes Mal sagt er „Hier bin ich, du hast mich gerufen.“ Der Satz – drei Worte – sind eine Antwort, die jeder andere Gottesgläubige geben kann, als Kurzformel des Bekenntnisses. Vor dem Segen an alle gab Erzbischof Stefan den künftigen Kirchenmitgliedern das als Rat mit: „Sagen Sie jeden Morgen, wenn Sie aus dem Bett aufstehen, diese drei Worte: Hier bin ich!“
In vielen Gemeinden im Erzbistum Hamburg beginnen auch jetzt neue Glaubenskurse. Informationen der katholischen Glaubensinformation Hamburg gibt es unter kgi-hh.de
Text: Andreas Hüser