Kirchliche Bildungshäuser in Corona-Zeiten
Der Winterkurs soll nicht ausfallen
Keine Übernachtungen, keine Seminare, keine Gäste – die Bildungshäuser für Jugendliche und Erwachsene im Bistum sind derzeit leer. Trotz aller Sorgen geht der Blick aber nach vorne. Einige Kurse sollen auf jeden Fall stattfinden.
Einen Impfstoff wird es so bald nicht geben, das Coronavirus wird uns noch lange begleiten. Das ist der Tenor des Akademieabends, der aus dem Lingener Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) ins Internet übertragen wird. Mediziner Wolfgang Hentrich erklärt, wie man Alltagsmasken nutzt und beantwortet Zuschauerfragen.Auch Akademiedirektor Michael Reitemeyer ist dabei. Mit dem Akademieabend will sich das LWH beim Publikum in Erinnerung bringen. Denn betreten dürfen Interessierte das Haus derzeit nicht. Der Übernachtungsbetrieb ruht, die Beschäftigten der Hauswirtschaft und das Reinigungspersonal befinden sich in Kurzarbeit, viele Dozenten und Verwaltungsmitarbeiter arbeiten im Home-Office.
Die Lingener Referenten arbeiten an Konzepten, wie das Kursangebot des Bildungshauses auf Internetseminare („Webinare“) umgestellt werden kann. Aber: „Nicht jedes Seminar eignet sich dafür“, sagt Reitemeyer. Die Praxistage einer Seniorentanzgruppe lassen sich nicht ins Internet verlegen. Für Kurse im LWH gelte das Motto „Leben und Lernen unter einem Dach“, denn der zwischenmenschliche Austausch sei wichtig, sagt Reitemeyer. Abends noch zusammensitzen und über den Kurs sprechen können – das mache den Reiz der Erwachsenenbildung im LWH aus.
Aber man müsse vorbereitet sein und jetzt überlegen, was notwendig wäre, um künftig Seminarbetrieb in abgespeckter Form anbieten zu können, sagt Reitemeyer: mit weniger Teilnehmern, um im Seminarraum Abstandsregelungen einzuhalten. Das gilt auch für die Speiseräume. Vielleicht muss künftig in zwei Schichten gegessen werden, ohne Selbstbedienung am Büfett. Das Küchenpersonal soll möglichst wenig Kontakt zu den Gästen haben.
Ähnliche Überlegungen stellen auch Maria Feimann und ihr Team in Haus Ohrbeck an. Küchen- und Reinigungspersonal sind in Kurzarbeit, gleichzeitig wird an einem Abstands- und Hygienekonzept gearbeitet. Haus Ohrbeck hat viele Einzelzimmer, und die Doppelzimmer würden dann nur einzeln belegt, so könnten „bis zu 50, 60 Gäste statt 100“ gleichzeitig an Kursen teilnehmen, sagt Hausleiterin Feimann.
In der Katholischen Landvolkhochschule Oesede (KLVHS) gehen manche Angebote im Internet weiter, zum Beispiel Sprachkurse für Flüchtlinge oder die Begleitung von Ehrenamtlichen. Johannes Buß, Leiter der KLVHS, freut sich, dass das Haus als Übergangsquartier dienen konnte, als in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen Coronafälle auftauchten. Außerdem steht das Haus für eine 14-tägige Quarantänezeit zur Verfügung, bevor jemand in eine Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe in der Nähe umsiedeln möchte. Auch die KLVHS bereitet sich auf ein reduziertes Seminarprogramm im zweiten Halbjahr vor – wann auch immer es startet. Eins aber ist gewiss: Den Winterkurs für junge Landwirte will man auf jeden Fall anbieten. „Der Winterkurs ist der Herzschlag unserer Einrichtung“, sagt Johannes Buß. „Wir werden alles dafür tun, dass die Teilnehmer im Oktober anfangen können.“
Hausleiter hofft auf Unterstützung durch Rettungsschirm
Für die Jugendbildungsstätten sieht es schwieriger aus. Sie leben vor allem von Schulveranstaltungen, wie Christian Thien erklärt, Leiter der Jugendbildungsstätte Marstall Clemenswerth, zu der auch das Jugendkloster Ahmsen gehört. Hauswirtschaft und Reinigungskräfte der Häuser sind in Kurzarbeit. Er macht sich Sorgen, dass auch im nächsten Schuljahr keine Klassenfahrten stattfinden werden. Selbst wenn es im Herbst Fahrten unter Auflagen geben würde, sei es möglich, dass die Schulen auf einen Aufenthalt verzichten, um lieber Unterrichtsstoff nachzuholen. Die gemeinnützigen Einrichtungen hätten nicht genügend Rücklagen für diesen Notfall. „Selbst in guten Zeiten brauchen wir Förderung, damit wir gute und günstige Angebote machen können“, sagt er. Christian Thien hofft auf staatliche Unterstützung durch einen Rettungsschirm, weiß aber auch, dass viele Branchen ebenfalls darauf setzen. Derweil erarbeitet die Einrichtung Konzepte für Kleingruppen, bietet sich aber auch als Ausweichquartier für Schulen an, die wegen der zu teilenden Klassen künftig einen höheren Raumbedarf haben. Auch als Ferienunterkunft für Familien kann er sich den Marstall im Sommer vorstellen.
Auch ins Haus Maria Frieden (HMF) in Rulle kommen üblicherweise viele Schulklassen. Die Schulen bräuchten Planungssicherheit, bevor sie sich melden. „Man weiß eben nichts, und so wie die anderen fahren auch wir auf Sicht“, sagt Hausleiter Daniel Timmermann. Die im Sommer geplanten Freizeiten für Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigungen möchte das HMF gerne durchführen, wenn die Rahmenbedingungen es erlauben. So könnten sie den Familien eine Entlastung bieten. „Da sind wir als Haus auch in einer gewissen Verantwortung.“
Das Kolping-Bildungshaus in Salzbergen möchte künftig Kleingruppen Angebote machen. Hausleiter Matthias Sierp hofft darauf, dass bald Änderungen eintreten. In einem Papier, das die Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen vorgelegt haben, ist die Rede davon, dass „kleine begrenzte Meetingformate in Abhängigkeit von Tagungsraumgrößen“ möglich sind. Darin sieht Sierp eine Chance: So könnten wieder Kolpingsfamilien kommen und bei ihnen tagen.
Andrea Kolhoff