Lange Nacht der Kirchen in Lingen

Dichterwettstreit mit Botschaft

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Am 25. August laden alle Lingener Gemeinden zur sechsten Langen Nacht der Kirchen ein. Der lutherische Pastor Paul-Gerhard Meißner macht zum ersten Mal mit. Bei einem Dichterwettstreit wird er seine Gedanken über Gott und Glauben vortragen.


Die Tür ist offen: In der Lingener Kreuzkirche tritt der lutherische Pastor Paul-Gerhard Meißner bei einem Dichterwettstreit auf – mit einem ungewöhnlichen Text in ungewöhnlicher Form. Foto: Petra Diek-Münchow

„Ob mein Text schon fertig ist?“ Paul-Gerhard Meißner schüttelt schmunzelnd den Kopf. Gedanken, Worte, Sätze, Ideen für seinen Auftritt bei der langen Nacht der Kirchen hat er natürlich schon gesammelt und notiert. „Aber daran muss ich noch richtig feilen.“ Meißner ist seit gut einem halben Jahr Pastor in der lutherischen Kreuzkirche in Lingen – und genau dort wird er am nächsten Samstag auf der „Preacher Stage“ (Predigerbühne) stehen. Als einziger Geistlicher stellt er sich neben die jungen Leute, die im Chorraum um die Wette reimen, rappen, dichten werden – jeweils gut fünf Minuten lang. „Ich bin echt gespannt darauf“, sagt der 57-Jährige.

„Preacher Stage“ ist eine Variante des „Poetry Slam“ – einem modernen Dichterwettstreit, bei dem die Akteure auf einer Bühne in einem festgelegten Zeitlimit selbst geschriebene Texte vortragen. Die literarische Form dürfen die Wortkünstler frei wählen: witzige Verse, provokative Reden, schneller Sprechgesang, anrührende Geschichten. Oder eben auch moderne Gebete und mal ganz andere Predigten, denn bei der „Preacher Stage“ machen eben auch Seelsorger mit. Paul-Gerhard Meißner wagt sich zum ersten Mal an solch einen öffentlichen Auftritt, aber gereizt hat ihn dieses ungewöhnliche Format schon länger. Denn dabei kann über Gott und die Welt gelacht, gestaunt, gegrübelt werden.

Den Glauben mit einem festen Standpunkt mal so ins Wort zu bringen, findet der lutherische Pastor nicht nur spannend. Er sieht darin zugleich eine Chance, Sprache neu zu nutzen, um von christlichen Fragen und der Frohen Botschaft zu erzählen – besonders bei jungen Leuten. „Wir müssen uns überlegen, wie wir die Menschen heute ansprechen“, sagt der Theologe, spricht von Erstarrung und davon, dass die „Kirche rausgehen und auf die Menschen hören muss“.

Vorbereitung mit „Poetry-Slam-Fibel"

Etwas Neues zu wagen, ist auch der Grund, warum Meißner seit Februar Pastor in Lingen ist – für die pfarramtlich verbundenen Gemeinden Trinitatis und Kreuz, zu der auch das lutherische Gemeindezentrum in Wietmarschen-Lohne gehört. Das Emsland ist bis dahin für ihn und seine Frau „völlig unbekanntes Gelände“ gewesen. Er selbst stammt aus Gifhorn, erlebt in seiner Kirchengemeinde eine prägende Konfirmandenzeit und Jugendarbeit. „Da gab es Leute, die sich echt um die Jugendlichen gekümmert haben.“

Gern erzählt er von engagierten Christen dort, von seelsorglichen Begleitern und Menschen, die den Glauben vorgelebt haben. Diese Erfahrungen geben den Anstoß für sein Theologiestudium in Göttingen und Tübingen. Danach arbeitet er zuerst als Jugendreferent in Gifhorn, geht dann ins Vikariat nach Peine und übernimmt danach eine Pfarrstelle für zwei Dörfer im Raum Hoya. 1996 wechselt er nach Bücken, ebenfalls im Landkreis Nienburg/Weser, zehn Dörfer umfasst das Kirchspiel. Dort bleibt er als Pastor 22 Jahre lang. „Das war wirklich eine schöne Zeit, unsere vier Kinder sind dort groß geworden“, sagt er. Aber nach dieser langen Phase sucht Meißner nach einer neuen Herausforderung. In Lingen gefällt ihm die Stadt und das gute Miteinander – unter den evangelischen und mit den katholischen Gemeinden.

Daher hat er gern zugesagt, bei der ökumenischen Kirchennacht mitzumachen. Wie er sich vorbereitet? Zum Beispiel mit der „Poetry-Slam-Fibel“, eine Textsammlung von 55 Autorinnen und Autoren. Aber vor allem, in dem sich Meißner immer wieder Stichworte und Gedanken aufschreibt. Über Gott und ob es ihn gibt. Woran wir glauben und wir unser Leben festmachen. Über Heimat, die für Christen über die irdische hinausgeht. Kein einfaches Terrain, das weiß der Pastor. „Daran muss ich noch feilen.“

Petra Diek-Münchow

Programme liegen an den Veranstaltungsorten aus und können im Internet unter www.dekanat-el-sued.de heruntergeladen werden.


Zur Sache

Die Lange Nacht der Kirchen in Lingen findet am 25. August statt. Alle katholischen und evangelischen Gemeinden, das Jugendbüro, das Forum Juden Christen, das Emslandmuseum und die Stadt laden ein; der Eintritt ist frei. In den Innenstadtkirchen, in der Jüdischen Schule und im Emslandmuseum wird Musik, Kabarett, Gesang, Sprache und Gebet angeboten.

Die Eröffnung um 19 Uhr und ein Abschlussgebet um 23.30 Uhr finden auf dem Marktplatz statt. Musik kommt dort vom Franziskusgymnasium und Saxophon-Quintett „Saxy Chants“. Führungen gibt es durch die reformierte Kirche (15.30 Uhr), die Kreuzkirche (16.15 Uhr) und die St.-Bonifatius-Kirche (17 Uhr).