Die Entwicklung geht ins Minus

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Das Erzbistum Hamburg liegt bei der Entwicklung des kirchlichen Lebens im Bundestrend. Das ist keine gute Nachricht. Denn bislang war die katholische Kirche im Norden eine Insel des  Wachstums. Aber hohe Austrittszahlen und niedrige Taufzahlen lassen sich nicht mehr durch Zuzüge aus katholischen Ländern ausgleichen.

Vergleich der Katholikenzahlen 1995 bis 2018

Die Zahl der Ausländer im Erzbistum Hamburg ist in den vergangenen zwei Jahren zurückgegangen. 86 503 „fremdsprachige Katholiken“ lebten zum Jahreswechsel im Norden. Ein Jahr vorher waren es 1 360 Personen mehr. Das ist nur eine kleine Veränderung, schon früher hat es ähnliche Schwankungen gegeben. Aber für die große Statistik hat dieser „Knick“ durchaus Bedeutung. Denn seit neun Jahren haben die Zuzüge aus mehrheitlich katholischen Ländern für ein stetig leichtes Wachstum des Erzbistums Hamburg gesorgt. 

Ohne die Einwanderer aus Polen, Italien, Kroatien oder Portugal rutscht die Bilanz ins Negative. Folglich ist die Hamburger Mitgliederstatistik im Jahr 2018 nicht anders als der Bundestrend. „Wir sind wieder deutlich unter 400 000 Katholiken“, sagt Uwe Möller, Leiter der Abteilung Meldewesen im Erzbistum Hamburg. Die genaue Zahl: 398 425 Katholiken waren Ende Dezember 2018 im Bistum gemeldet, 4 151 weniger als im Vorjahr. 

Kirchenaustritte in den Regionen von 1995 bis 2018

Ein Grund dafür sind die vielen Kirchenaustritte: 7 014 Gläubige verließen die katholische Kirche, nur 2014 gab es mehr Austritte. Ein Blick auf die Landkarte zeigt: Hochburgen des Kirchenaustritts sind Gemeinden in Hamburg. Die Pfarrei St. Bonifatius in Eimsbüttel hat im vergangenen Jahr 4,23 Prozent der Mitglieder verloren, fast so hoch liegen die Austrittszahlen in St. Joseph, Altona, in Barmbek-Süd und Harvestehude. Teilweise sind das Stadtteile, die von den Schließungen katholischer Schulen betroffen sind. Dagegen liegt die Austrittsquote in Hamburg-Harburg (1,58 Prozent) und Neugraben (1,13 Prozent) vergleichsweise niedrig. „Die Austrittszahlen lassen sich in der Regel auch nicht auf bestimmte Ereignisse zurückführen“,schätzt Uwe Möller. „Die Gründe dafür sind breit gestreut. Soweit ich das sehen kann, führt oft ein lange aufgestauter Frust zu diesem letzten Schritt.“ Bemerkenswert bleibe aber: In Mecklenburg gibt es seit den 1990er Jahren kons­tant wenig Austritte. 440 waren es im Jahr 2018. Die geringe Neigung zum Kirchenaustritt ist offenbar ein Phänomen der neuen Bundesländer. Im Bistum Görlitz etwa lag die Austrittsquote im vergangen Jahr bei 0,73 Prozent. Es waren dort noch weniger Austritte als in Mecklenburg (1.09 Prozent). Zum Vergleich: In Hamburg verließen 2.25 Prozent der Katholiken die Kirche, in Schleswig-Holstein 1,40 Prozent. 

Nicht nur die Kirchenaus­tritte können Anlass zur Sorge geben. Auch auf der anderen Seite, bei den Eintritten, wirkt die Kirche im Norden offenbar wenig attraktiv. Die Zahl der Kindertaufen geht seit Jahren deutlich zurück. 2007 wurden noch 2 800 Kinder in den Gemeinden im Norden getauft, 2018 nur noch 2 080. Noch drastischer ist der Rückgang bei den kirchlichen Eheschließungen. 446 Paare gaben sich 2018 das Ja-Wort, in der Anfangszeit des Erzbistums waren es fast doppelt so viele. 

Dass die Taufe der Kinder heute für viele Eltern nicht mehr selbstverständlich ist, führt nicht dazu, dass mehr Erwachsene getauft werden. 81 Erwachsenentaufen im Jahr 2018, das ist Negativrekord seit Gründung des Erzbistums. 

Gesunken ist auch die Zahl der Gottesdienstbesucher. An den zwei Zählsonn­tagen im Jahr wurden 31 449 Kirchgänger erfasst. Eine Quote von 7,89 Prozent der Katholiken. Auch hier hat der stete Rückgang zu einer Halbierung der Zahlen seit der Bistumsgründung geführt. Gibt es nichts Positives in der Statistik des Jahres 2018 zu berichten? Jedenfalls muss man danach suchen. Zum Beispiel in den Details: Die Pfarrei St.Helena/St. Andreas in Ludwigslust ist eine der letzten Wachstumsinseln. Dort lebten 1 754 Katholiken, sieben mehr als 2017. Und noch etwas: Auch mit weniger Kirchgängern gibt es nicht weniger Sonntagsgottesdienste im Norden, sondern sogar etwas mehr als vor wenigen Jahren. 

Die aktuellen Zahlen aus dem Erzbistum Hamburg sowie die Statistiken der Vorjahre sind in den statistischen Jahresberichten im Internet dokumentiert. Zu finden auf der Webseite des Erzbistums Hamburg www.erzbistum-hamburg.de 

Text: Andreas Hüser