Ermittlungsverfahren gegen Osnabrücker Pfarrer
Die Gemeinde ist schockiert
Der Pfarrer von St. Elisabeth in Osnabrück ist vom Bischof von allen Ämtern entpflichtet worden. Gegen den Geistlichen läuft ein Ermittlungsverfahren; es geht um Kinderpornografie. Der Pfarrgemeinderat sucht nach Lösungen.
Die Osnabrücker Pfarrei St. Elisabeth zeigt sich schockiert, nachdem Bischof Franz-Josef Bode in der vergangenen Woche ihren Pfarrer mit sofortiger Wirkung vom Dienst entpflichtet hat. Der Pfarrer hatte den Bischof zuvor selbst über die Aufnahme staatsanwaltlicher Ermittlungen gegen seine Person informiert, heißt es in einer Pressemeldung des Bistums. Es bestehe der Verdacht von Straftaten im Zusammenhang mit der Verwendung kinderpornografischer Dateien.
Nachdem das Bistum am Samstag die Meldung veröffentlicht hatte, verbreitete sich die Neuigkeit in hohem Tempo. Am Montag äußerten viele ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darüber sehr erschrocken und davon sehr betroffen zu sein – auch weit über die Gemeindegrenzen hinaus. Lob gab es dabei für das Bistum, die Vorgänge frühzeitig transparent gemacht zu haben. Abends tagte der Pfarrgemeinderat.
Die Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Hannover aufgenommen, da dort eine Zentralstelle zur Bekämpfung unter anderem von Kinderpornografie angesiedelt ist. Eine Sprecherin bestätigte, dass ein Zeugenhinweis eingegangen sein, woraufhin eine beantragte Durchsuchung noch am selben Tag vollstreckt worden sei. Dabei seien Datenträger sichergestellt worden, deren Auswertung nun einige Wochen bis Monate dauern könne. Außerdem sollten Zeugen befragt werden. Zugleich verwies die Staatsanwältin auf die Unschuldsvermutung.
Die Gremien der Pfarrei mit den Gemeinden St. Elisabeth (Weststadt), St. Wiho (Hellern) und St. Josef (Hasbergen) waren am Samstagvormittag informiert worden, in den Messen am Samstag und Sonntag dann die Gottesdienstgemeinden. Stadtdechant Martin Schomaker nahm am Montagabend an der turnusgemäß ohnehin angesetzten Pfarrgemeinderatssitzung teil. Im Anschluss äußerte sich das Laiengremium mit einer Pressemitteilung.
Gruppen zum Gespräch einladen
Die Nachricht, dass gegen den Pfarrer strafrechtlich ermittelt werde, habe die Gemeindemitglieder, die Ehrenamtlichen und das Leitungsteam wie aus heiterem Himmel getroffen. „Wir denken auch an die Opfer von Pornografie – unabhängig von der Frage, was sich von den Vorwürfen bestätigen lassen wird“, heißt es. „Neben der Wut, Trauer und Enttäuschung, die bei den Ehrenamtlichen, Hauptamtlichen und vielen Gemeindemitgliedern zu spüren sind, gibt es einen weiteren starken Impuls: Wir wollen die lebendige Gemeinschaft, die unsere Gemeinde an allen Standorten prägt, nicht kaputtmachen lassen.“ Was in St. Elisabeth, St. Wiho und St. Josef in Jahrzehnten gewachsen sei und von vielen Menschen getragen und geschätzt werde, hänge „nicht an einem einzelnen Mann“.
In den nächsten Tagen und Wochen sollen viele Gespräche geführt werden. „Wir wollen die verschiedenen Gruppen in der Gemeinde aufsuchen oder zum Gespräch einladen. Wir werden Gottesdienst feiern und versuchen, die Adventszeit so zu gestalten, wie es in dieser Situation möglich ist.“ Vieles werde sich in den kommenden Wochen erst ergeben. Wie die Erstkommunion und die Firmung im kommenden Jahr gefeiert werden könnten, müsse erst beraten werden. „Sicher werden wir auch Fehler machen. Und die Gemeindemitglieder werden spüren, dass auch die Hauptamtlichen Grenzen haben. Dafür bitten wir herzlich um Verständnis. Auch um Verständnis bitten wir darum, dass wir auf viele Fragen noch keine Antwort haben.“ Schon in dieser Woche waren die Jugendlichen eingeladen, die vor kurzem von Generalvikar Ulrich Beckwermert gefirmt worden waren. Der Generalvikar hatte sein Kommen zu dem spontanen Treffen zugesagt.
Bis zum Abschluss des Verfahrens bleibt der Pfarrer von allen kirchlichen Aufgaben entbunden. Bis auf Weiteres übernimmt der Osnabrücker Stadtdechant, Domkapitular Martin Schomaker, die Leitung der Pfarrei. Die Erklärung des Pfarrgemeinderats können Sie hier als pdf-Datei herunterladen
Matthias Petersen
Kommentar
Es wird nichts vertuscht
Die Erschütterung durch die Kinderporno-Vorwürfe gegen einen Geistlichen ist riesig, weit über die betroffene Gemeinde hinaus. Die Vorwürfe sind keine Bagatelle: Wer Kinderpornografie konsumiert, macht sich mitschuldig am unsäglichen Leid von Kindern. Und während die Kirche noch damit beschäftigt ist, die Missbrauchsfälle der Vergangenheit aufzuarbeiten, kommt dieser neue Fall möglichen Fehlverhaltens und überschattet alles.
Die Kirche hat viel auf dem Feld der Prävention getan. Dennoch: Diese Fälle wird es immer wieder geben. Nicht nur in der Kirche. Wichtig ist, dass mit solchen Vorwürfen heute anders umgegangen wird als in der Vergangenheit. Innerhalb von Stunden hat der Bischof reagiert und den beschuldigten Pfarrer beurlaubt. Danach wurden die Hauptamtlichen der Gemeinde informiert, die Gremien und schließlich die Gläubigen und die Öffentlichkeit. Die Gemeinde wird vom Bistum begleitet, intern laufen viele Gespräche, um der Verunsicherung, Sorge und Empörung der Menschen zu begegnen.
Der Fall wird nicht verschwiegen und vertuscht, sondern aufgearbeitet. Das ist vorbildlich. Hilfreich wäre es, wenn die Staatsanwaltschaft möglichst bald die Vorwürfe entkräften oder bestätigen könnte.
Ulrich Waschki