Flut, Corona und menschliche Hybris

Die Natur ist mächtiger als wir

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Gern denken wir Menschen, dass wir alles im Griff haben. Aber das stimmt nicht. Alte biblische Geschichten von menschlicher Hybris sind heute topaktuell.

Wir sind die Größten! Der britische Milliardär Richard Branson ist mit einigen Mitstreitern am 11. Juli für wenige Minuten an den Rand des Weltalls geflogen. Auf seinen Schultern der Pilot Sirisha Bandla.
Wir sind die Größten! Der britische Milliardär Richard Branson ist mit einigen Mitstreitern am 11. Juli für wenige Minuten an den Rand des Weltalls geflogen. Auf seinen Schultern der Pilot Sirisha Bandla.

Von Susanne Haverkamp

Die Menschen dachten schon einmal, dass sie quasi alles können. Das ist ein paar Tausend Jahre her, aber offenbar liegt Selbstüberschätzung in der DNA des Menschen. Damals bauten sie einen Turm – bis in den Himmel. Das können wir, dachten sie. Falsch gedacht: Der Turm stürzte ein und zurück blieb eine Menschheit in Verwirrung.

Der Turmbau zu Babel, der im Buch Genesis überliefert ist, ist eine mythische Geschichte. So wie die von Noah und der Sintflut. Aber gerade merken wir, wie wahr diese biblischen Geschichten dennoch sind. 

Wir Menschen denken gern, dass wir alles im Griff haben, gerade jetzt, im technischen Zeitalter. Wir können Roboter zum Mars schicken und eine Whatsapp-Nachricht ins tiefste Afrika; wir können Herzen transplantieren und mit Sonnenstrahlen unseren Fernseher ans Laufen kriegen. Und mit den Milliardären Jeff Bezos und Richard Branson können Superreiche jetzt sogar einen Ausflug in den Weltraum buchen, als wäre es der Zoo um die Ecke. Wir können das. Wir sind die Größten.

Wir sind nicht einmal ein Sandkorn

Aber tatsächlich sind wir nicht einmal ein Sandkorn im unendlichen Weltall; wenn Branson ein bisschen weiter rausgeflogen wäre, hätte er das merken können. Aber selbst auf unserer Erde sind Sie und ich nur eine verletzliche Miniatur. Die Natur ist um vieles stärker und mächtiger als wir, wie wir erst durch Corona und dann durch die Flut erfahren mussten.

Wer glaubt, diese Naturgewalten mit ein bisschen Hochwasserschutz und viel technischem Know-how bald in den Griff zu bekommen, der ist nicht viel schlauer als die Turmbauer zu Babel. Die Dürre, die Flut, der Tornado – sie kommen trotzdem. Und zurückbleiben wird eine Menschheit in Verwirrung.

„Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“, fragt der Beter in Psalm 8, als er in den Nachthimmel schaut. Diese Bescheidenheit, diese Demut täte auch uns gut. Und auch die Erkenntnis, dass Gottes Schöpfung eine einzige ist. Wenn sich ein Teil dieser Schöpfung über alle anderen Teile erhebt, wenn ein Teil auf Kosten der anderen Teile lebt, dann geht das, wie man sieht, ganz praktisch schief. Und ist ganz theologisch wohl kaum im Sinne des Schöpfers.

Wir dürfen nicht weiter die Herrscher spielen

Es wird Zeit, uns einzugestehen: Wir können nicht alles. So schön und wichtig es auch ist, dass unser menschlicher Geist großartige Erfindungen hervorgebracht hat und weiter hervorbringen wird, so trügerisch ist es auch. Sowohl in Sachen Klima wie in Sachen Gesundheit wird es nur schlimmer werden, wenn wir uns weiter als Herrscher über die Natur aufführen und nicht als Teil von ihr.

Die Bibel ist archaisch, weit weg von unserem rational-naturwissenschaftlichen Weltbild und manche halten sie für hoffnungslos veraltet. Tatsächlich aber ist die Bibel sehr klug. Denn sie erzählt davon, dass der Mensch nur ein kleiner Teil der Schöpfung ist, von Gott berufen, sie zu bewahren und zu hüten. Tragisch, dass das vor lauter Selbstüberschätzung vergessen worden ist. Tragisch für uns Menschen; die Natur überlebt auch ohne uns.