Nachwuchsprobleme bei den Soldaten
Die Schweizergarde steht vor harten Zeiten
Weniger Katholiken und andere Wertvorstellungen - auf die Schweizer Garde kommen in den nächsten Jahren Nachwuchsprobleme zu.
Bernhard Messmer stellt eines sofort klar: "Aktuell hat die Garde keine Mühe, Nachwuchs zu finden. Seit 2012 hatten wir immer den Vollbestand der Truppe. Und so ist es auch heute." Der 56-Jährige, Inhaber der Messmer Personalmanagement GmbH, ist seit 2012 für die Rekrutierung der vatikanischen Schweizergarde zuständig.
Aber, so der Firmenchef: "Es kommen einige schwierige Jahre auf uns zu." Er hat ein Blatt mit einer Statistik auf den Tisch gelegt. Darauf ist die Kurve der Geburten männlicher Kinder von 1990 bis 2015 zu sehen, vom Schweizer Bundesamt für Statistik. Seit 1995 und 2005 sind die Geburten massiv zurückgegangen. Problematisch wird es demnach vor allem ab 2020 bis 2025. Messmer sieht die Lage indes "jetzt schon kritisch".
Auch die wirtschaftliche Entwicklung spielt dabei eine Rolle. "Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, ist es für uns tendenziell einfacher, Kandidaten zu finden", sagt Messmer. Heute machten Arbeitgeber einem Lehrabgänger mit gutem Abschluss Angebote, mit denen die Garde nicht mithalten könne.
Auf eine Diskussion über das Image der Armee will sich der Rekruteur nicht einlassen. Dafür spricht er von der sogenannten Generation Z. "Diese Generation hat andere Werte und Vorstellungen." Ihr sei etwa der Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit wichtig. "Da büßen militärische Organisationen und auch wir an Attraktivität ein." Auch bei der Schweizergarde gebe es Aufgaben, die nun mal nicht attraktiv seien, zum Beispiel der Wachdienst.
Messmer hat nach eigenen Worten noch nie erlebt, dass ein Interessent wegen negativer Erlebnisse in der Schweizer Rekrutenschule vor einem Einsatz bei der Garde zurückgeschreckt sei. Es komme aber vor, dass Kandidaten nach dem Umgangston fragten. Der sei bei der Garde anders. "Auch wir sind eine militärische, hierarchisch aufgebaute Organisation, pflegen jedoch eine andere Kultur."
Eine gute Mischung aus Soldat und Gläubigem
Gesucht sind für die Schweizergarde nicht nur Männer mit einer Affinität zum Militär; sie müssen auch aktiv am Kirchenleben teilnehmen. Man könne dort keine reinen Kampfsäue brauchen, so Messmer, "die zwar aus jeder Position schießen können, vom Rest aber keine Ahnung haben". Tendenziell gehe die Zahl praktizierender Katholiken zurück, räumt er ein. Aber: "Wir leben unseren Glauben und gehen jeden Sonntag zur Messe. Da macht jeder mit. Da diskutieren wir nicht." Die Suche gilt auch dabei einer "vernünftigen Mischung". Nicht ideal in diesem Sinne seien "Ausprägungen ganz an den Rändern". "Wir sind kein Priesterseminar", sagt Messmer. "Unser Auftrag ist nicht die Verkündigung des Glaubens."
Wenn er vom Nutzen eines Einsatzes in der Garde spricht, will er nicht primär die Vorteile für die berufliche Karriere in den Vordergrund stellen. Die könne es zwar auch geben; etwa wenn jemand nachher zur Polizei wolle. Messmer will einen anderen Trumpf ausspielen. "Die Schweizergarde ist eine der besten Lebensschulen, die es überhaupt gibt." Der Personalfachmann glaubt, dass viele Junge zwar schon mit Mitte 20 dank guter Ausbildungen über sehr viel Fachkompetenz verfügten, aber in der persönlichen Entwicklung hinterherhinkten. Für sie biete ein Einsatz in der Garde die Möglichkeit, auch in diesem Bereich weiterzukommen.
"Die ganze Welt kommt nach Rom. Als Gardist kann ich an Ereignissen teilnehmen, wie es später nie mehr möglich sein wird", schwärmt Messmer, der von 1982 bis 1984 selbst in der Garde diente. Und: "Ich lerne, mich einzuordnen, unterzuordnen und ein Bekenntnis abzulegen, dass ich mich für diese Sache vorbehaltlos einsetze." Solche Erfahrungen seien prägend. Ehemalige seien in der Regel "loyale, zuverlässige und treue Mitarbeiter" - ein "beruflicher Mehrwert" eines Ex-Gardisten.
Mit einem YouTube-Video macht die Garde seit Januar Werbung und gibt Einblick in die Tätigkeit und das Leben als Gardist. Zudem soll der Webauftritt voraussichtlich bis zur Mitte des Jahres professionalisiert werden. Auch sollen Kandidaten die Bewerbungsunterlagen künftig elektronisch ausfüllen und einsenden können. Ein Schritt in die Moderne der Generationen Y und Z.
kna