100 Jahre Ausbildungsstätte für Erzieherinnen

"Die Stellensuche ist kein Problem"

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Vor 100 Jahren hat der Thuiner Orden in Osnabrück eine Ausbildungsstätte für Erzieherinnen eingerichtet. Die heutige Leiterin Schwester M. Magdalen Holzhaus spricht im Interview über Namenswechsel, katholische Identität und Chancen auf dem Arbeitsmarkt.


Ausbildung im Klassenverband: Schulleiterin Schwester Magdalen vor einer Klasse der Franz-von-Assisi-Schule. Weil gut gelüftet wurde, durften die Schülerinnen und Schüler für das Foto die Masken absetzen. Foto: Matthias Petersen

Was war der Grund, vor 100 Jahren eine Ausbildungsstätte für angehende Kindergärtnerinnen einzurichten?

Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden immer mehr Kindergärten, für die es ausgebildetes Personal brauchte. Deshalb hat unser Mutterhaus in Thuine beschlossen, ein Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnenseminar zu gründen. Angefangen hat es ganz klein in einem Gebäude in der Osnabrücker Schillerstraße neben der Herz-Jesu-Kirche. Heute ist dort das Altenheim St. Clara zu Hause.

Wie viele Ausbildungsplätze gab es damals?

Es war Platz für zwölf Schülerinnen, die Ausbildung dauerte eineinhalb Jahre – heute sind es vier. Die ersten Prüfungsarbeiten lauteten „Wie gestalte ich einen Regentag im Kindergarten?“ oder „Die Bedeutung der Naturpflege im Kindergarten.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Umzug ins Wilhelmstift in der Herrenteichsstraße. 2006 haben wir das Gebäude in der Kleinen Domsfreiheit bezogen und einen neuen Namen angenommen. Seitdem heißen wir Franz-von-Assisi-Schule.

Warum ein neuer Name?

Das Wilhelmstift wurde zur Zeit von Bischof Wilhelm Berning bezogen, auf ihn ging der Name zurück. Den Bezug dazu hatten die Schülerinnen und Schüler aber längst verloren, sie dachten eher an Kaiser Wilhelm. Und das Wort Stift wurde eher in Zusammenhang mit einem Schreibgerät gebracht. Wir wollten etwas Neues. 2005 war der Weltjugendtag – auch in Osnabrück –, bei dem wir mit einem Gottesdienst in St. Johann zum Sonnengesang des heiligen Franziskus präsent waren. Das war ein Highlight für alle und plötzlich war Franziskus mittendrin in der Schule! 

Warum ist es heute wichtig, dass eine solche Ausbildungsstätte in katholischer Trägerschaft betrieben wird?

Wir wollen in den katholischen Einrichtungen ja Gott präsent halten. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass unsere Schülerinnen und Schüler selbst den Glauben kennenlernen. Wir bieten regelmäßig Schulgottesdienste an, um sie damit in Kontakt zu bringen. Theo Paul, der frühere Generalvikar, begleitet uns seit 25 Jahren. Immer wieder hören wir von den jungen Leuten, dass sie Kirche hier bei uns „ganz anders“ erleben als in ihren Heimatorten.

Aber Sie nehmen nicht nur katholische Schüler auf?

Auch Protestanten, Muslime oder Konfessionslose sind dabei. Mancher sagt uns, dass er gerade deswegen zu uns kommt, weil für uns auch die religiöse Bildung wichtig ist. Für uns ist das ein erster Schritt zu einem Dialog der Religionen.

Geht das zu Lasten der Identität der Schule?

Unsere Identität ist katholisch. Wir wollen vermitteln, dass die Schülerinnen und Schüler einen positiven Blick auf das Kind entwickeln, es nicht in erster Linie in seinen Grenzen zu sehen, sondern seine Fähigkeiten zu fördern. So versuchen wir auch mit den Schülern umzugehen, sie als einzelne Menschen zu sehen und aus ihnen Erzieherpersönlichkeiten zu bilden, die einen positiven Blick auf die Welt haben und verantwortungsbewusst sind. 

Sie bilden junge Menschen aus, die Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten werden wollen …

… Nicht nur, darauf muss ich immer wieder hinweisen. Sie sind auch in der Jugendhilfe tätig, in der Krippe, im Jugendbereich oder in sonderpädagogischen Einrichtungen.

Aber viele Außenstehende verbinden die Franz-von-Assisi-Schule in erster Linie mit der Ausbildung für Kindertagesstätten.

Das liegt vermutlich daran, dass darüber oft in der Öffentlichkeit geredet wird, denn die Erzieherinnen und Erzieher fehlen da ja am meisten. Aber wir machen hier eine Breitbandausbildung. Sicher, die meisten Abgänger verteilen sich auf KiTa und Krippe, aber etwa ein Viertel geht in eine Jugendhilfeeinrichtung. Ein gewisser Teil wählt den Bereich der Sonderpädagogik und ergänzt diesen Schritt später durch eine Ausbildung in der Heilpädagogik. Auch ein Studium ist für viele interessant, weil sie mit dem Abschluss die Fachhochschulreife erwerben.

Wie stehen die Chancen, nach der Schulzeit eine Stelle zu finden? 

Die jungen Leute werden uns gewissermaßen aus den Händen gerissen, die Stellensuche ist kein Problem. Schon während des letzten Praktikums wird um sie geworben, dort finden sie meist ihre erste Anstellung. Ich habe an fast jedem Tag einen Anruf aus einer KiTa, ob jemand eine Stelle sucht.

Interview: Matthias Petersen

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Kirchenboten.