Wechsel in der "Seelsorge am Meer"
"Diese Chance wollte ich jetzt ergreifen"
Die „Seelsorge am Meer“ bekommt Verstärkung. Julia Kampsen wechselt Ende Januar von Nordhorn nach Norden – und das fühlt sich für die Pastoralreferentin genau richtig an. Ostfriesland und die Küste als Arbeitsort haben sie gereizt.
Das merken selbst Gäste, die sie kurz vor dem Wechsel noch in Nordhorn treffen. In ihrem Raum nahe der St.-Elisabeth-Kirche hat sie eigene Fotos vom Strand aufgehängt, darunter einen kleinen Leuchtturm und ein Miniboot aufgestellt. Daneben steht eine Postkarte mit einem jetzt passenden Spruch: „Tausche Bürostuhl gegen Strandkorb“. Darauf angesprochen, schmunzelt Julia Kampsen. Denn die maritime Dekoration hat zwar nicht unmittelbar etwas mit ihrem aktuellen Stellenwechsel zu tun – „Die habe ich schon länger“– , aber sie zeigt eben doch, dass es die 30-Jährige privat und auch beruflich an die See zieht. „Ich hatte immer den Wunsch, mal in Ostfriesland zu arbeiten.“ Gerade die Diasporasituation, in der die Katholiken deutlich in der Minderheit sind, und die damit einhergehenden ökumenischen Aufgaben reizen sie dabei. „Es zeigt sich, dass manches auch mit weniger Menschen gut gehen kann und man nicht immer für alles die Massen braucht. Und durch die Ökumene läuft dann vieles zusammen.“
Ab Februar wird sie mit einer halben Stelle ihre Kollegin, die Urlauberseelsorgerin Natalia Löster, im Norder Büro der „Seelsorge am Meer“ unterstützen. Mit der anderen halben Stelle wird sie vor Ort in St. Ludgerus arbeiten. Gerade diese Kombination von Tourismus- und Gemeindepastoral fühlt sich für Julia Kampsen „total stimmig“ an, „diese Chance wollte ich jetzt ergreifen“. Dabei verlässt sie nach viereinhalb Jahren die Nordhorner Stadtpfarrei und die Grafschaft Bentheim durchaus mit Wehmut und einer Portion Traurigkeit: „Vor allem, wenn ich daran denke, was und wen ich zurücklasse.“ Damit meint sie vor allem die vielen persönlichen Kontakte, Begegnungen, Projekte und Aktionen. „Wir haben hier viel zusammen auf die Beine gestellt.“
Fruchtbare Gemeindearbeit, in der Menschen die Kirche mitgestalten und mit den Zeichen der Zeit verändern können: Das war und ist Kampsens Antrieb, überhaupt in einem kirchlichen Beruf zu arbeiten – begründet durch gute Erfahrung in Kindheit und Jugend. Sie stammt aus der St.-Josef-Gemeinde in Hollage, ist mit Kirche, kirchlichem Engagement und der regelmäßigen Messe am Sonntag aufgewachsen. Wohlwissend, dass das schon in jenen Jahren längst nicht mehr selbstverständlich war. „Ich war schon manchmal allein auf weiter Flur“, erzählt sie. Aber Kirche ist ein Stück Heimat für sie. Beide Eltern sind in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung aktiv, sie selbst macht in der Messdienerschar und später vor allem in der offenen Jugendarbeit mit. „Das war eine gute Zeit. Da konnte ich in Kirche noch mal neu und anders ankommen“, sagt Julia Kampsen. Mit 18 Jahren kandidiert sie erfolgreich für den Pfarrgemeinderat, bleibt trotz Studium zwei Perioden in dem Gremium: immer mit dem Ziel, alles dafür zu tun, dass Menschen sich wohl- und willkommen fühlen, dass sie in großer Offenheit in der Gemeinde „andocken“ können. „Das hat mir ganz viel Spaß gemacht. Dafür bin ich dann eben hin- und hergependelt.“
Gute Erfahrungen beim ehrenamtlichen Engagement
Zwischen Hollage und Münster, denn dort studiert Kampsen katholische Theologie: zuerst in Kombination mit Latein für das Lehramt, dann bald im Vollstudium mit dem Blick auf eine spätere Anstellung als Pastoralreferentin in der Kirche. Sie spürt, dass sie dafür „brennt“ – dass sie aus den guten Erfahrungen ihres ehrenamtlichen Engagements in der Gemeinde „das Hobby zu einem Beruf“ machen möchte. Nach dem Magister bewirbt sie sich für den Gemeindedienst beim Bistum Osnabrück, die erste Stelle führt sie gleich nach Nordhorn in die Stadtpfarrei St. Augustinus mit einem festen Büro in St. Elisabeth, dem Stadtteil „auf der Blanke“. Hier kümmert sie sich um einen ganz Strauß verschiedener Aufgaben, von der Krabbelkirche bis zur Seniorengruppe, mit vielen wie oft in der Grafschaft Bentheim selbstverständlichen ökumenischen Aspekten.
Geprägt sind diese gut vier Jahre aber auch von der Corona-Pandemie. Natürlich musste da vieles abgesagt, umgeplant, neu geplant, anders gedacht und anders getan werden. Sie brachte zum Beispiel die „Anrufbeantworter-Andachten“ auf den Weg und machte bei den wöchentlichen Video-Andachten mit. So schwierig und zuweilen auch frus-trierend die Lockdownphasen gewesen sein mögen, Julia Kampsen will nicht alles nur negativ bewerten. Diese Zeit hat auch zu mehr Flexibilität geführt, die Botschaft Jesu zu den Menschen zu bringen. „Kirche ist veränderlicher geworden“, sagt sie. Und das tut ihrer Ansicht nach einer Institution, die eher dafür bekannt ist, „sich nicht so viel vom Fleck zu bewegen, eigentlich ganz gut. Es geht eben anders weiter“.
Von solchen Erfahrungen wird sie auch in der neuen Stelle in der Tourismuspastoral profitieren, da ist sich die 30-Jährige ganz sicher. Sie findet diesen Bereich „superspannend“, weil gerade im Urlaub, in einer vom Alltag befreiten Zeit Menschen aus unterschiedlichen Kontexten wieder Kontakt zur Kirche suchen – mit ihren Anliegen, mit ihren Lebensthemen. „Da ergeben sich vielleicht noch mal ganz andere Fragen.“ Natürlich stellt sie sich auch auf Kritik an der Kirche und bohrende Gespräche ein. „Dazu haben die Leute jedes Recht. Aber Kirche ist mehr als nur Schlagzeilen. Kirche kann dann auch der Ort sein, wo man sich auch mal laut aussprechen darf.“
Petra Diek-Münchow
Seelsorge an der Küste und auf den Inseln
Das Einsatzgebiet der „Seelsorge am Meer“ und der Urlauberseelsorge umfasst schwerpunktmäßig die Inseln Baltrum, Borkum, Juist, Langeoog, Norderney und Spiekeroog sowie die Küstenorte zwischen Norden/Norddeich und Neuharlingersiel/Carolinensiel. Das Büro der „Seelsorge am Meer“ in Norden (jetzt im Pfarrhaus von St. Ludgerus) ist mit Pastoralreferentin Natalia Löster und nun Julia Kampsen besetzt. Löster ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Neben der Theologie studierte sie Islamwissenschaften in Münster und Beirut/Libanon. Seit Oktober 2015 ist sie Urlauberseelsorgerin in der Pfarreiengemeinschaft Küste. Auf mehreren Inseln bieten zudem die dortigen Seelsorgerinnen und Seelsorger Veranstaltungen an.