Seit 25 Jahren gibt es das CKD-Ehrenamtsnetzwerk in Schleswig-Holstein

„Ehrenamt ist knallharte Arbeit“

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Seit 25 Jahren gibt es das CKD-Ehrenamtsnetzwerk in Schleswig-Holstein. In Neumünster wurde das jüngst gefeiert. Doch wie ist es um die Zukunft des Ehrenamts bestellt? Vorstandsvorsitzende Ulrike Heutmann blickt voraus.

Ulrike Heutmann, Vorstandsvorsitzende der CKD-SH, Kaplan Ulrich Bork, Benno Gierlich, Referent für Existenzsicherung beim Caritasverband für das Erzbistum Hamburg, und CKD-Geschäftsführerin Monika Bagger-Wulf im Cari Satt-Laden in Neumünster
Eröffneten Anfang April einen Cari satt-Laden im Haus der Caritas in Neumünster, bei dem natürlich auch Ehrenamtliche gefragte Helfer sind (v. li.): Ulrike Heutmann, Vorstandsvorsitzende der CKD-SH, Kaplan Ulrich Bork, Benno Gierlich, Referent für Existenzsicherung beim Caritasverband für das Erzbistum Hamburg, und CKD-Geschäftsführerin Monika Bagger-Wulf. Foto: Marco Heinen

Der Bundesverband der Caritas-Konferenzen Deutschlands (CKD) versteht sich als „Schaltstelle zwischen Ehrenamtlichen auf Orts- und Diözesanebene und als Bindeglied zu Akteuren in Kirche, Politik, Wirtschaft und Medien“. Doch was genau machen die Caritas-Konferenzen?

Wir sind als Fachverband innerhalb des Caritasverbands die Organisation der Ehrenamtlichen. Der Bundesvorstand koordiniert die einzelnen Diözesanverbände, kümmert sich um Fragen der Mitglieder- und Strukturentwicklung und ist das Sprachrohr für die Belange der Ehrenamtlichen gegenüber der Politik, aber auch gegenüber dem Caritasverband. Auf Diözesanebene sind es vor allem organisatorische Aufgaben, die in den Zuständigkeitsbereich der CKD fallen, etwa im Bereich der Fortbildung der Ehrenamtlichen oder auch mit Blick auf die Entwicklung neuer Projekte.

Zum Beispiel?

Die Coronapandemie hat unsere Besuchsdienste weitgehend lahmgelegt. Wir haben deshalb, auf Grundlage einer im Bistum Hildesheim entwickelten Schulung, unsere Ehrenamtlichen per Online-Fortbildung trainiert, damit sie gut vorbereitet Telefongespräche mit den meist älteren und oft einsamen Menschen führen konnten. Wie finde ich Gesprächsthemen und wie reagiere ich auf die Sorgen der Menschen? Es war sehr vorteilhaft, hier ein paar Hilfestellungen geben zu können. 

Es gibt die CKD in Schleswig-Holstein, nicht jedoch in Hamburg und Mecklenburg. Warum nicht?

Das ist historisch bedingt, sowohl in Mecklenburg, wo es eine eigene Organisation für die Freiwilligen gab, als auch in Hamburg, wo viel über das Freiwilligenzentrum läuft. In Schleswig-Holstein geht die Gründung der CKD auf einige wenige Personen zurück, die den Verband aus dem Bistum Osnabrück kannten und sehr entschlossen die Gründung in SH vorantrieben. Mein ganz persönlicher Traum wäre übrigens, dass es uns gelingt, einen CKD-Diözesanverband für das ganze Erzbistum aufzustellen.

Die Kirchengemeinden sollen – so der Wunsch des Erzbistums – karitativer werden. Welche Maßnahmen wurden da in jüngster Zeit ergriffen?

Es gibt seit einiger Zeit regelmäßige Treffen – inzwischen nur digital möglich – bei denen es um den Austausch zwischen Hauptamt und Ehrenamt geht und um die Frage, wie wir mehr karitative Tätigkeiten in den Gemeinden organisieren können und neue Ehrenamtliche gewonnen werden können. Im Moment überwiegen bei diesen Treffen noch die hauptamtlichen Vertreterinnen und Vertreter. Aber es ist ein erster Schritt, ein Anfang. Meines Erachtens muss das Ehrenamt aber noch viel intensiver in solche Prozesse eingebunden werden. Obwohl ich bei einigen Verantwortlichen im Erzbistum durchaus eine Bereitschaft zur Veränderung sehe, ist es mir ­bislang noch zu wenig, was da passiert.

Wie ist es um den Nachwuchs bestellt?

Uns ist bewusst, dass das Modell karitativer Arbeit, wie wir es über Jahrzehnte kannten, so nicht mehr funktioniert. Die Menschen sind nicht mehr bereit, in großem Umfang ehrenamtliche Arbeit zu übernehmen. Die Idee, dass jemand eine Aufgabe übernimmt und fortführt, bis er oder sie nicht mehr kann, davon müssen wir uns verabschieden. Das wird es so nicht mehr geben.

Wie muss Ehrenamt denn heute aussehen, damit es attraktiv wird?

Ein wichtiger Ansatz ist die zeitlich begrenzte Projektarbeit. Die Bereitschaft junger Leute, sich langfristig zu binden, ist eher gering. Deshalb ist es sinnvoll, nachzufragen, unter welchen Rahmenbedingungen sich jemand ehrenamtliche Arbeit vorstellen kann. Es ist essentiell, offen und ehrlich mit den Menschen zu reden. Denn viele haben zudem falsche Vorstellungen vom Ehrenamt.

Was ist denn das größte Miss­verständnis?

Es ist die Idealvorstellung von Nächstenliebe, überzogen mit sehr viel Zuckerguss. Aber Ehrenamt ist knallharte Arbeit. Man muss sich da von vielen romantischen Vorstellungen verabschieden. Gerade auch mit Blick auf die Menschen, für die man arbeitet. Wer eine übergroße Dankbarkeit erwartet, wird schnell enttäuscht.

Warum sollte ich dann ein Ehren­amt übernehmen?

Man sollte ein Ehrenamt aus­üben, weil es einem selbst wichtig ist, aus einer persönlichen Überzeugung heraus. Das hilft auch gegen Überforderungen. Wer nur auf Bestätigung hofft, wird nicht lange dabei bleiben.

25 Jahre CKD in Schleswig-Holstein: Wie sehen sie den kommenden 25 Jahren entgegen?

Das Wichtigste: Das Ehrenamt muss eigenverantwortlich und selbstbestimmt arbeiten. Die Ressource Ehrenamt wird immer wertvoller und immer begehrter, was auch mit ökonomischen Grundbedingungen zu tun hat. Immer mehr Arbeit wird ins Ehrenamt verlagert. Da ist es grundlegend, dass die Ehrenamtlichen selbstverantwortlich arbeiten können und dürfen und z.B. auch einen eigenen Etat erhalten. Jüngere werden unter den alten Bedingungen nicht mehr arbeiten wollen. Die Abhängigkeit vom Hauptamt ist oft schwierig, weil es dabei immer wieder zu sehr um den Führungsstil Einzelner geht. Was ich mir wünsche, ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und ein Aufeinander­zugehen.

Foto u. Interview: Marco Heinen