Fastnacht im Bistum Limburg

„Ein bisschen gaga sein“

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Ob als „Kerschegickel“ oder Küster Peter: Marc Schütz, Vorsitzender des Pastoralausschusses Villmar-Brechen, schlüpft an Fastnacht gern in kirchenbezogene Rollen. Und kommentiert das Weltgeschehen. Von Kerstin Kaminsky.

Mar Schütz Foto: Kerstin Kaminsky
Im Straßenkarneval unverkennbar: Marc Schütz und seine „Brecher Hoase“
Fotos: Kerstin Kaminsky

Schon als zehnjähriger Bub hatte Marc Schütz seine ersten karnevalistischen Auftritte. Zusammen mit Vater und Kusine brachte er sein Publikum mit einer „närrischen Turnstunde“ in Wallung. Einmal auf den Geschmack gekommen, trat er in den Folgejahren immer wieder als Büttenredner auf, gründete später eine Tanzsportabteilung, war Mitglied der „Qualmenden Socken“ aus Dornburg-Wilsenroth, wurde Sitzungspräsident und initiierte den erfolgreichen Rosenmontagsball in Niederbrechen.

Seit fast 30 Jahren sitzt Marc Schütz im Pfarrgemeinderat, jetzt ist er auch Vorsitzender des Pastoralausschusses Villmar-Brechen. Doch an den tollen Tagen sieht man ihn als rosa Kaninchen im Straßenkarneval oder als „Kerschegickel“ in der Bütt. „Ich habe Spaß daran, bei meinen Büttenreden in kirchenbezogene Rollen zu schlüpfen, um das dörfliche Treiben wie auch das Weltgeschehen zu kommentieren“, sagt der 47-Jährige. So sah man ihn schon als St. Maximin, den Patron der Niederbrechener Pfarrkirche, als Pfarrer Jakob Herlth, der die Kirche vor über 100 Jahren erbauen ließ, oder als Küster Peter, ein Dorforiginal aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Wenn er die Bütt besteigt, nimmt er die Querelen um die Berliner Regierungsbildung genauso aufs Korn wie Probleme der EU oder das Wirken von Präsident Trump in Amerika. In schönstem Brechener Platt blickt er auch auf das Reformationsjubiläum zurück und das neue Dorffest, spart aber auch nicht an Kritik über die Dorfpolitik oder die Pfarreienfusion.

„Wir sind Narren um Christi willen.“

Er könne auch gut über sich selber lachen, sagt der sympathische Niederbrechener. „Als Christ muss man doch ein bisschen gaga sein“, sagt der 47-Jährige schmunzelnd und zitiert Paulus aus dem 1. Korintherbrief: „Wir sind Narren um Christi willen.“
„Wenn ich im Fastnachtsumzug mitgehe und mit meinen Helaurufen Fröhlichkeit erzeuge, dann ist das doch im Grunde genommen ein Friedensgruß“, erklärt er. Weil er die Nähe zu den Menschen am Straßenrand liebt und gern auch mal einer Oma am offenen Fenster ein Schnäpschen bringt oder einem Kleinkind auf Papas Arm etwas zum Naschen, findet Marc Schütz den Umzug als Teil einer Fußgruppe viel spannender, als auf einem Wagen zu sitzen. In ihren rosafarbenen Kaninchen-Anzügen sind die „Brecher Hoase“ – die von Marc Schütz choreografiert werden – schon von Weitem gut auszumachen. Schütz liebt diese Verkleidung sehr: „Was kann sympathischer und friedvoller sein als ein fröhlich-flauschiges rosa Kaninchen? Wenn wir auf die Menschen zuhoppeln, wollen wir Freude und gute Laune verbreiten“, sagt Schütz.

Das Schöne an der Fastnachtszeit sei, „dass der Narr völlig im Hier und Jetzt lebt und dabei die Welt auf den Kopf stellt“ – egal, was und wer man hinter der Maske sei, findet er. In den Ursprüngen der Fastnacht hätten sich Bauern als Bischöfe oder Fürsten ausgegeben, und der rheinische Karneval sei anfangs als Auflehnung gegen die französischen und preußischen Besatzer zu verstehen gewesen. „Auch Christus hat die Verhältnisse und Autoritäten seiner Zeit hinterfragt. Er hat vor den Hohepriestern, Herodes und Pontius Pilatus am Boden gelegen und war doch am Kreuz über alle erhöht“, erklärt der Karnevalist. Viele Heilige, wie zum Beispiel Franz von Assisi, seien als Narren abgestempelt worden, weil sie sich gegen die Gepflogenheiten ihrer Zeit gestellt haben. „Wie ein Narr in der Bütt haben auch sie den Finger in die Wunde gelegt.“

Trotz Verantwortung das Leben leicht nehmen, gleich sein und in einer großen Gemeinschaft spüren, wie gut man es hat: Das motiviert Marc Schütz, Karnevalist zu sein. Doch geht diese intensiv erlebte Zeit für ihn einher mit einem Bewusstsein für die anstehende Umkehr. „Was für den Christen der Karfreitag, ist für den Narren der Aschermittwoch“, betont er. „Doch der Christ lebt darüber hinaus, bei ihm fängt das Leben ja erst danach, an Ostern, richtig an.“