Wanderausstellung des polnischen Künstlers Roman Sledz
Ein großer Erzähler
Jesus hat das Leiden, den Tod überwunden und ist auferstanden. Die Plastik ist Teil des Osterzyklus von Roman Sledz. Foto: Holger Jakobi |
„Die Evangelien kennt er nicht nur vom Hören aus der Kirche, er liest auch zu Hause darin. Seine Gestalten sind – expressiv gesteigert – die der biblischen Geschichte.“ So Erik-Michael Bader in einer Reportage „Herrgottschnitzer von Malinovka“ für die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Jahr 1980.
Jüdische Wurzeln der Christen
Derzeit können Arbeiten von Roman Sledz in der Wanderausstellung „ecce homo, Seht, welch ein Mensch“ betrachtet werden. Neben adventlichen und weihnachtlichen Motiven ist unter anderem der lehrende kleine Jesus in der Synagoge zu sehen. Eine eindringliche Darstellung: Jesus wird von seinen Eltern gesucht, die ihn schließlich in einer Synagoge finden, wo er den Zuhörern die Bibel auslegt. Sledz verweist in seiner Darstellung auf die jüdischen Wurzeln der Christen. Über Jesus steht die Menora, der Siebenarmige Leuchter. Die Menora ist eines der wichtigsten religiösen Symbole des Judentums. Ein solcher Leuchter soll sich im tragbaren Heiligtum Mischkan (Stiftshütte) befunden haben. Zentral in der kleinen Ausstellung weiter das letzte Abendmahl, die Passion und die Auferstehung.
Geboren wurde Roman Sledz in Malinovka in Ostpolen, wo er heute mit seiner Familie lebt. Seit 1970 stellt er in volkskundlichen Museen aus. Er arbeitete für die St. Bonifatiuskirche Gelsenkirchen, die Christuskirche in Cäciliengroden und die Oldenburger Christuskirche. Dass aus dem Talent aus Malinowka ein Künstler wurde, so Erik-Michael Bader in seiner Reportage, hatte auch etwas mit der Konjunktur der ländlichen Kunst zu tun. Diese wurde vom kommunistischen Staat gefördert. Religiöse Themen waren so etwas wie Folklore. Noch einmal Erik-Michael Bader: „Von Anfang an hat Sledz nur religiöse Themen dargestellt. Er will das auch weiterhin so halten. Kunstmarkttendenzen, Vorlieben, Geschmackstrends spielen für ihn keine Rolle.“
„Die Tage des Leids sind gezählt“
Heinz-Georg Raisin – verstorben im Jahr 2001 – sagte 1991 in Cäciliengroden: „Roman Sledz ist ein großer Erzähler. Greifen Literaten, Poeten zu Stift und Feder, greift er nach Beitel und Messer. Ist jener einziges Material die Sprache des Menschen, ist das Seine die Sprache Gottes, die Rede, die es allen leidenden Menschen in Seinem Leidenssohn gehalten hat und hält. Wie jene Papier brauchen, sich auszudrücken, braucht er das Holz als Träger dessen, was er erzählen will. Nämlich, die Tage des Leids sind gezählt, seit es im Leid des Menschensohns zugrunde ging. Das Leid ist aufgehoben in Seiner Verherrlichung; annulliert, bewahrt und emporgehoben.“ Im Weihnachtszyklus, so Raisin, werde gezeigt, dass das Leid Jesu mit seiner Geburt beginnt. Im Osterzyklus ist es Roman Sledz wichtig aufzuzeigen, dass Ostern der Triumph „des Leids des Einen über das Leid der Vielen ist“.
Roman Sledz schätzt ein, dass er in einem Zeitraum von 50 Jahren über 1500 Kunstwerke angefertigt hat. Die meisten von ihnen befinden sich in privater Hand, aber auch in Museen werden seine Arbeiten geschätzt. Für die Ausstellung in der Görlitzer Dreifaltigkeitskirche am Obermarkt wurde „Geistliche Skulpturen“ aus polnischen und deutschen Sammlungen und Museen auf Zeit zusammengetragen.
Noch bis zum 3. Juli in der Dreifaltigkeitskirche am Görlitzer Obermarkt. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der für 19.50 Euro in der täglich bis 18 Uhr geöffneten Kirche erworben werden kann.
Von Holger Jakobi