Neuer Treffpunkt in Baccum geplant
Ein Haus für zwei Konfessionen
Ganz dicht stehen im Lingener Ortsteil Baccum die katholische und die reformierte Kirche beieinander. Und das ist nicht nur eine räumliche Nähe. Jetzt entsteht ein ökumenisches Gemeindehaus – ein Treffpunkt für das ganze Dorf.
Es geht voran auf der Baustelle in Baccum. Schon vor einigen Wochen haben Gemeindemitglieder und Handwerker mit der Arbeit am reformierten Gemeindehaus begonnen – haben ausgeräumt, entkernt, die alten Fenster entfernt. Was auf den ersten Blick nach einer normalen Sanierung aussieht, ist aber ein Novum im Bistum (Siehe auch „Nachgefragt“) und könnte ein Modell für andere Pfarreien werden. Denn die reformierte und die katholische Kirchengemeinde in dem Lingener Ortsteil bauen das Haus zusammen um und wollen es künftig auch zusammen nutzen: als ökumenisches Gemeindezentrum für den ganzen Ort. „Gemeinsam kriegen wir das hin“ lautet die Devise.
Gemeinsam – das ist ein Wort, das beim Gespräch mit Vertretern aus der katholischen St.-Antonius-Gemeinde und der reformierten Gemeinde öfter anklingt. Vor Ort erklären der Pastorale Koordinator Dirk Tecklenborg und Reinhard Zwake (St. Antonius), die reformierte Kirchenratsvorsitzende Gaby vom Stein, Pastorin Martina Korporal und Martina Lücke was dieses „Miteinander“ in Baccum bedeutet.
Denn damit meinen sie nicht nur die Nähe der zwei Kirchen, die nicht mal 500 Meter auseinanderliegen und einen Bogen über Baccum spannen. Oder die jetzt noch zwei Gemeindehäuser, die sich auf nur 100 Metern gegenüberstehen. Dazwischen liegt seit 2010 die „ökumenische Mitte“: ein großer Platz mit Mosaikpflaster und Schrifttafeln, mit Rasen und Bäumen. Dort treffen sich die 2200 Katholiken und die 362 reformierten Christen zu Begegnung und guten Gesprächen.
Viele Jahre ökumenisch gemeinsam unterwegs
Diese Mitte ist mehr als nur Optik. Tecklenborg und vom Stein zählen nur einiges von dem auf, was die zwei Gemeinden seit vielen Jahren in bestem ökumenischen Miteinander auf die Beine stellen: Gemeindefeste, Weltgebetstage und Adventskonzerte, Schulgottesdienste, Kirchenchöre und Frauentreffen, Mutter-Kind-Gruppen, Freundinnen-Tage und die Bigband. „Katholisch oder evangelisch – das spielt hier bei vielen Dingen keine Rolle mehr“, sagt Gaby vom Stein.
Auf diesem Weg war der nächste Schritt zu einem ökumenischen Gemeindehaus nicht mehr so weit. Auch weil sich beide Gemeinden vor ähnlichen Herausforderungen sehen. „Auf Dauer ist es nicht effizient, zwei Gemeindehäuser so nah beieinander zu haben. Das brauchen wir nicht mehr“, meint Tecklenborg. Zumal beide Gebäude ihre Probleme haben. Das katholische Jugendgemeindehaus ist seit Jahren nicht mehr renoviert worden und nicht barrierefrei, im reformierten Gemeindehaus gibt es ebenfalls Sanierungsbedarf. „Wir hätten da viel Geld hineinstecken müssen“, sagt vom Stein. Und erzählt, dass in der Woche Räume zuweilen leer stehen. Warum also nicht gemeinsam sanieren und nur noch ein Haus nutzen?
Die Gremien waren sich schnell einig über die Idee, Gesprächsrunden mit Bistum und der Landeskirche schlossen sich an. Nun liegt eine Vereinbarung und ein Nutzungskonzept auf dem Tisch, das laut Tecklenborg und vom Stein im Ort auf Zustimmung stößt. Die katholische Kirche in Baccum gibt demnach ihr Gemeindehaus auf und verkauft das Gebäude samt Grundstück. Das etwas größere und schon barrierefreie, reformierte Gemeindehaus wird komplett saniert und zum ökumenischen Gemeindezentrum werden.
Hier ziehen beide Kirchengemeinden mit ihren Gruppen und ihren Pfarrbüros ein, außerdem der Ortsrat der politischen Kommune. Das gefällt auch Ortsbürgermeister Karl Storm und seiner Stellvertreterin Ulla Ahrend. „Wir hätten uns ohnehin ein neues Büro suchen müssen und hier als zentrale Anlaufstelle passt es gut“, sagt Storm.
Katholische Gemeinde wird Träger sein
Gut 1,1 Millionen Euro wird der Umbau kosten und die Finanzierung dafür musste zwischen beiden Kirchen genau geklärt werden. Die reformierte Seite bringt das Haus ein, die katholische den Verkaufserlös. Außerdem gibt es Zuschüsse vom Landkreis Emsland, der Stadt Lingen, vom Bistum und andere Fördermittel. Die Trägerschaft wird in Händen der katholischen Gemeinde liegen, aber das betont niemand bewusst. „Das ist ein gemeinsames Haus und ein gemeinsames Projekt“, sagt Tecklenborg.
Im Herbst 2023 sollen die Bauarbeiten beendet sein. Bis dahin gibt es noch mächtig Arbeit: neue Heizung und neue Fenster, neue Dämmung und neuer Fahrstuhl, multifunktionale Räume auf knapp 500 Quadratmetern Nutzfläche. Die Baccumer sind gespannt, wie künftig die 30 bis 40 Gruppen das Haus mit Leben füllen werden. „Unter einem Dach, das gibt noch mehr Impulse für die Ökumene“, ist sich Tecklenborg sicher. Und wiederholt noch mal den Satz vom Anfang: Gemeinsam kriegen wir das hin.“
Petra Diek-Münchow
Wie können kirchliche Gebäude künftig gebaut und effizient genutzt werden? Ein Interview dazu mit Christina Jaax, Leiterin der Abteilung Kirchengemeinden im Bistum Osnabrück, lesen Sie im aktuellen Kirchenboten.