Ein Künstler fragt: Warum Gott?

Image

Kirche und Kunst – einst war das ein Traumpaar. Und heute? Ein sehenswerter Dialog zwischen dem Künstler Michael Triegel und Erzbischof Stefan Heße führt durch die Kunsthalle Rostock. Wer dabei sein will, kann „online“ mitgehen. 

Online-Diskussion zwischen dem Künstler Michael Triegel und Erzbischof Heße in der Rostocker Kunsthalle
Online-Diskussion in der Rostocker Kunsthalle. Foto: Andreas Hüser

Geplant war eigentlich eine öffentliche Veranstaltung zur Eröffnung einer Ausstellung mit Werken von Michael Triegel. Sowohl die Diskussion als auch die Ausstellung gibt es jetzt nur „online“. Der Titel und das Thema, gibt Museumschef Uwe Neumann am Anfang zu, sind für ein Museum für neue Kunst ungewöhnlich. „Cur deus“, deutsch: Warum Gott? Das spielt auf ein theologisches Werk des Mittelalters an: „Cur deus homo“ (warum Gott Mensch wurde), geschrieben von Anselm von Canterbury.

Altes und Neues miteinander zu verbinden, ist ein Markenzeichen des geborenen Erfurters Michael Triegel. Er malt im Stil des 15. Jahrhunderts – aber immer mit einer Deutung auf die Gegenwart. „Kunst war für mich ein Fluchtraum aus dem Grau der DDR, dem Grau der Köpfe“, erzählt der Künstler. Die alten Meister haben ihn begeistert. „Welche Geschichte wird da erzählt?“ So kam Triegel zu Ovid und zur Bibel, dem „Versprechen einer anderen Welt“. Und nach einem langen Ringen wurde er selber gläubiger Christ und ließ sich taufen. 

Christus schwebt über dem Rollstuhl

Wie sieht es umgekehrt aus? Erzbischof Stefan Heße ist in der Kirchenkunstmetropole Köln aufgewachsen, wo Gegenwartskunst eine große Rolle spielt. Die Kirche habe sich die Kunst unterordnen wollen, „und das war der Anfang vom Ende“ und der Grund, warum sich die Kunst immer weiter von der Religion entfernt habe. Dabei könnten beide wieder Freunde werden – eben weil beide offen sind für die Deutung, und in den Werken der Künstler wie im Wirken Gottes nicht alles schon eindeutig und klar ist. „Ich wünsche mir ein dialogisches Verhältnis zwischen Kirche und Kunst und hoffe, dass sich da wieder etwas entwickelt.“ Beim Rundgang durch die Ausstellung entwickelt sich tatsächlich ein sehenswerter Dialog zwischen dem Künstler und dem Bischof – angefangen beim Bild, in dem der auferstandene Christus über einem leeren Rollstuhl schwebt, darum herum flattern Schmetterlinge. Dem Betrachter, wie Stefan Heße, ergeben sich viele Aspekte der Interpretation: „Ich hab’ gedacht: Wenn du einem Menschen die Hand hältst, ist das wie Auferstehung – für den und für mich.“ 
Das Video steht auf der Internet­seite: www.kunshallerostock.de 

Text u. Foto: Andreas Hüser