Angebot "Trostweg" in Beesten
Ein Ort für ungeweinte Tränen
Mal jemand fest in den Arm nehmen, sich im großen Kreis an Verstorbene erinnern – das ist in Corona-Zeiten nicht immer möglich. In der katholischen Kirche in Beesten können Trauernde nun einen „Weg des Trostes“ gehen.
„Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen.“ Aus der Offenbarung des Johannes stammt dieser Bibelvers. In diesen Tagen betitelt er ein Plakat, das vorne rechts in der St.-Servatius-Kirche in Beesten aufgestellt ist. Daneben steht eine Holzkiste mit lauter blauen Glaskieseln darin. Wer mag, kann einen Stein aus der Box nehmen, einen Moment lang in der Handfläche spüren und dann in eine große, mit Wasser gefüllte Flasche gleiten lassen. „Für alle ungeweinten Tränen“, sagt Anneliese Heymann.
Heymann arbeitet als Katechetin in der Pfarreiengemeinschaft Freren, zu der auch der etwa 1700 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Ort Beesten zählt. Gemeinsam mit den Ehrenamtlichen Waltraud Föcke, Toni Hartke, Rita Stehmann, Waltraud Dahm und Heinrich Veer hat sie in der dortigen Kirche einen „Weg des Trostes“ aufgebaut. Neben den „ungeweinten Tränen“ gehören vier weitere Stationen zu diesem Gang quer durch das Kirchenschiff. Eingeladen dazu sind besonders Menschen, die um einen lieben Angehörigen, Freunde, Nachbarn, Kollegen oder auch einen ganz anderen Verlust trauern. Hier können sie sich stärken lassen und neue Kraft schöpfen – zu jeder Zeit, allein oder zu zweit, wie und wann er oder sie es braucht. (Siehe auch „Zur Sache“)
Dass solcher individueller Trost gerade in diesen Zeiten sehr wichtig ist, glaubt die Arbeitsgruppe ganz fest. Toni Hartke und Waltraud Föcke erinnern daran, dass gerade zu Beginn der Pandemie viele Familien sich nicht immer angemessen von ihren verstorbenen Angehörigen verabschieden konnten. Trauerbesuche waren kaum möglich, Beerdigungen nur im kleinen Kreis gestattet – und im Corona-Fall konnten Eheleute ihre Partner, Eltern ihre Kinder, Kinder ihre Eltern zuweilen gar nicht mehr sehen. „Das war wirklich schlimm. Darunter werden viele Menschen lange leiden“, sagt Hartke.
Jeder Gast darf einen "Engel des Trostes" mitnehmen
Ein wenig persönlichen Trost will nun dieser besondere Gang durch die Kirche in Beesten bieten. Im Eingangsportal liegen dazu Hefte aus: gefüllt mit Gedanken, Anregungen für eine kleine Aktion und Texten für ein stilles Gebet. Neben der Broschüre, die Gäste gern mit nach Hause nehmen dürfen, stehen „Trostkerzen“. Diese Lichter, bedruckt mit einem Vers aus dem zweiten Buch Mose, können die Besucher zunächst entzünden und in der Seitenkapelle abstellen. Und nach ihrem „Weg des Trostes“ zum Friedhof bringen.
Wie die Gäste diesen Weg gehen, entscheiden sie selbst. Mancher wird nur eine Station ansteuern, manche jede abschreiten: zunächst den Namen des oder der Verstorbenen in ein Buch eintragen, dann „ungeweinte Tränen“ ablegen und schöne Erinnerungen aufschreiben, ein paar Schritte weiter Worte über Engel sehen und sich zum Schluss Trost zusprechen lassen von Jesus. Bei jeder Station gibt es eine Bank, auf der man in Ruhe Texte und Bilder auf sich wirken lassen kann. Am Ende darf jeder Gast eine kleine Holzscheibe mitnehmen – bemalt mit einem „Engel des Trostes“.
Wie wertvoll dieser Weg durch die Kirche ist, haben die Frauen und Männer schon beim Aufbau erfahren. Mehrere von ihnen haben selbst geliebte und geschätzte Menschen verloren. Darüber sprechen, dieses Projekt planen und gestalten – das hilft auch in ihrer persönlichen Trauerbewältigung. „Das hier hat uns allen gutgetan“, sagen übereinstimmend Rita Stehmann und Waltraud Dahm.
Petra Diek-Münchow
Zur Sache
Den „Weg des Trostes“ können Besucherinnen und Besucher noch bis Donnerstag, 7. April, in der St.-Servatius-Kirche in Beesten (Dekanat Emsland-Süd) gehen, täglich außerhalb der Gottesdienstzeiten. Die Kirche ist von 9 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Eine Broschüre mit Gebeten und Impulsen liegt vorne im Eingangsbereich aus.