Upcycling für den guten Zweck aus Lingen
Ein Schirm - zwei Taschen
Den kaputten Regenschirm in die Mülltonne werfen? Da haben 13 Frauen aus dem Lingener Gauerbach eine bessere Idee. Sie nähen aus dem Stoff robuste Einkaufstaschen und spenden den Erlös: „Upcycling“ für einen guten Zweck.
Gerade eben haben Anni Thesing, Ursula Bruns und Hannelore Schmitz die Einkaufstaschen an den Baum neben der Terrasse gehängt. Und zeigen mit einem Lächeln die Muster darauf: bunte Punkte, farbenfrohe Blumen oder auch mal schlichte Karos. Die kleine Gartenausstellung dauert nur fünf Minuten, dann geht ein wahrer Wolkenbruch auf den Lingener Stadtteil Gauerbach nieder. Die drei Frauen bleiben ganz gelassen. „Macht nichts“, sagt Ursula Bruns. „Die Taschen sind wasserdicht“.
Stimmt, denn genäht hat sie die örtliche Handarbeitsgruppe, die zur katholischen Frauengemeinschaft St. Josef in Lingen-Laxten gehört, aus Regenschirmen. Aber nicht aus neuen, sondern aus defekten Schirmen, die ansonsten im Müll gelandet wären. „Wir nehmen nur alte, die nicht mehr richtig funktionieren“, sagt Anni Thesing, die wie Bruns und Schmitz zu der Gruppe gehört. Manche Schirme stammen aus eigenem Besitz, aber die meisten erhalten die Frauen von Nachbarn, Freunden und Bekannten. Hin und wieder liegt auch einfach mal ein Schirm vor einer ihrer Haustüren. Und die stabilen Beutel kommen gut an: Weit über 500 Stück hat die Gruppe in den vergangenen vier Jahren schon genäht und verkauft.
Wie dieses Projekt entstanden ist? Früher hatte die Handarbeitsgruppe bei ihren regelmäßigen Treffen alle zwei Wochen zum Beispiel für Basare gestrickt und genäht. Und bis heute versorgt der Kreis den Kindergarten St. Ludger im Gauerbach mit selbst gefertigten Federmäppchen, Taschen, Puppen, Deckchen, Malkitteln oder Stuhlkissen – was gerade so gebraucht wird.
Beitrag gegen zu viel Plastikmüll
Die Regenschirm-Taschen sind das neueste Projekt der Gruppe. Anni Thesing hatte ähnliche Tragetüten in Osnabrück und in Nürnberg gesehen – und die Idee dann den anderen kfd-Frauen vorgestellt. Die waren sofort begeistert. „Uns sind Umweltschutz und Nachhaltigkeit sehr wichtig“, erklärt Thesing, „als Beitrag gegen zu viel Plastikmüll“. Denn die Taschen halten einiges aus und damit lange durch. „Da passt mehr hinein, als man glaubt“, sagt Hannelore Schmitz.
2,50 Euro pro Stück kosten die Beutel, aber der günstige Preis gibt auch nicht nur annähernd die viele Arbeit wieder, die darin steckt. Aus einem Schirm fertigen die Frauen dabei zwei Taschen. Zuerst muss der Stoff sorgsam aus dem Gestänge gelöst, dann Teil für Teil getrennt werden. Danach werden die Dreiecke passend zusammengepuzzelt, rechts auf rechts zusammengenäht und bei Bedarf gebügelt. Drei Stunden dauert solch ein Prozess, wobei sich die Frauen die einzelnen Arbeitsschritte untereinander aufteilen. Aber Stress oder gar Leistungsdruck soll dabei nicht entstehen, denn die gute Gemeinschaft war und ist der Gruppe immer wichtig.
Ganz am Anfang haben die Frauen die Regenschirm-Taschen für den eigenen Bedarf produziert. Und dann rasch erkannt, dass sie mit dem Verkauf soziale Zwecke unterstützen können. Mit zusätzlichen Spenden und dem Erlös aus weiteren Näharbeiten wie Herz- und Körnerkissen haben sie in den vergangenen Jahren 2000 Euro eingenommen. Das Geld hat die Gruppe an bedürftige Familien in der Region, die Partner-Kirchengemeinde in Uganda und die Lingener Tafel gespendet.
Aufhören wollen die Frauen noch lange nicht mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit. „So lange wir Regenschirme bekommen, machen wir weiter“, sagt Thesing. Und sie hat nichts dagegen, wenn sich andere Gruppen dieses „Upcycling“ für den guten Zweck und für Nachhaltigkeit abgucken.
Die Regenschirm-Taschen gibt es im Geschäft „Ideal-Moden“ in der Lingener Josefstraße 33 sowie im Begegnungsraum der Lingener Stadtpastoral (Große Straße 6). Dort können auch defekte Schirme für diesen Zweck abgegeben werden.
Petra Diek-Münchow