Eine persönliche Beziehung

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Pater Andreas R. Batlogg SJ, Autor, ehemaliger Chefredakteur der Jesuitenzeitschrift „Stimmen der Zeit“ – und Referent des Studientages in Rostock.
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Foto:  SJ-Bild / Christian Ender

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Pater Andreas R. Batlogg SJ, Autor, ehemaliger Chefredakteur der Jesuitenzeitschrift „Stimmen der Zeit“ – und Referent des Studientages in Rostock. 

Beim Studientag des Thomas-Morus-Bildungswerkes ist wieder ein bekannter Theologe zu Gast: der Jesuit und Publizist Pater Andreas Batlogg. Einige Fragen zu seinem Thema „Jesus begegnen“ beantwortet er in folgendem Interview.

„Jesus begegnen“ heißt der Titel des Studientags, den Sie am 2. März in Rostock gestalten. Jesus begegnen, das klingt erst einmal gut – aber kann auch Fragen aufwerfen. Ich zum Beispiel bin Jesus noch nicht begegnet. Was ist gemeint? 

Wer sucht, der findet. Und wenn ich mich bemühe, kann ich durch Gebet, durch Meditation oder auch durch eine Wallfahrt ins Heilige Land mit einer Person Kontakt bekommen, die vor 2000 Jahren gelebt hat. Da haben Sie bestimmt auch schon Ihre Erfahrungen gemacht! 

Die Frage ist, wie wir das einordnen. In der Kirche ist die Rede vom Christus des Glaubens, des Dogmas. Der geglaubte Christus, das ist etwas anderes als die persönliche Beziehung zu ihm. Ähnlich ist es bei den vielen unterschiedlichen Jesusbildern. Es gibt viele Bilder von Jesus. Nur stehe ich vor der Wahl, ob ich bei diesen Bildern stehenbleibe, oder ob ich eine Beziehung suche – eine Beziehung, aus der vielleicht auch Freundschaft werden kann. 

Können wir denn den Christus des Glaubens von dem Mann aus Nazareth trennen? Alles, was wir von diesem historischen Jesus wissen, ist ja auch Deutung und Sprache des Glaubens, geschrieben Jahrzehnte nach dem Tod Jesu. 

Ja, alles, was wir haben, sind „Zeugnisse“. Die Frage bei Zeugnissen – auch in anderen Zusammenhängen – ist: Halte ich das Zeugnis für glaubwürdig? Glaube ich dir oder glaube ich dir nicht? Sie und ich, wir beide haben den katholischen Glauben, weil unsere Eltern wollten, dass wir in den Raum der Kirche hineinwachsen. Aber irgendwann mussten wir uns fragen: „Was heißt das für mich?“ Und das war nicht die Frage nach einer Lehre, sondern nach einer Person: „Jesus Christus“. Jesus Christus, diese Worte sind ja das kürzeste Glaubensbekenntnis: Ich glaube, dass Jesus der Christus ist. 

» Kann ich heute das Leben Jesu weiter schreiben? «

ANDREAS R. BATLOGG


Dieser Jesus Christus ist erst einmal weit weg von mir. Gelebt hat er vor langer Zeit. 

Eine spannende Frage, die schon der Philosoph Sören Kierkegaard gestellt hat, ist: Gibt es so etwas wie Gleichzeitigkeit? 2000 Jahre nach Jesus? Kann ich Jesus nachahmen? Ihn imitieren, ihn kopieren: Das ist etwas anderes als ihm nachfolgen. Nachfolgen aber heißt: Gehen. Kann ich – theologisch gesprochen – heute als Andreas Batlogg oder Max Müller das Leben Jesu weiterschreiben? Kierkegaard hat über Gleichzeitigkeit nachgedacht, Ignatius von Loyola ebenso. Und Papst Franziskus spricht in vielen Bildern davon: Glaube ist keine Antiquitätensammlung, wir sind kein „Leben-Jesu-Gedächtnisverein“ und Liturgie ist kein Totenkult. Wir glauben, dass Jesus auf eine geheimnisvolle, mysterienhafte Weise weiter lebt – unverwüstlich. Mir ist ein Wort des Salzburger Theologen Gottfried Bachl durch Mark und Bein gegangen: „Der, von dem wir reden, hört selbst zu.“ 

Begegne ich Jesus auch in mir selbst? 

Wir sagen, wenn wir an einen Verstorbenen denken: Es ist, als wäre er da. Oder wenn wir ein Fotoalbum aufschlagen: Es ist, als ob ich mich sieben Jahre zurückversetze auf diese Bergwanderung oder in diesen Urlaub am Meer. In der Praxis der Kirche gibt es etwas Ähnliches, und das ist auch meine Erfahrung: Indem ich in einer Meditation eine Stunde lang eine Bibelstelle betrachte, sehe ich die biblischen Orte, mache Dinge, als ob ich gegenwärtig wäre – das ist möglich. Die Frage ist, welche Hilfsmittel bekommen wir, um das auch deuten zu können. 

Jede Zeit, vielleicht auch jeder Mensch, hat so etwas wie ein Lieblingsbild von Jesus. Jesus, der Weltenrichter, der Sieger, der Herzensmensch, der König, der Revolutionär. Welches davon zeigt den echten Jesus?
 
Alles zusammen ergibt den echten Jesus. Kein Bild von ihm ist erschöpfend. Viele sind zeitbedingt. 1925 hat Pius XI. das Christkönigsfest eingeführt. Der politische Hintergrund: Die Monarchien waren abgetreten, man sah das Morgenleuchten diktatorischer Regime in Italien und Deutschland. Die Aussage des Christkönigsfestes war: Der einzige wahre und überirdische König, die ewige Dynastie, das ist Jesus Christus. Das war ein sehr politisches Anliegen. Aber heute fehlt praktisch die Grundlage für dieses Fest. In allen Jesusbildern spiegelt sich auch eine Zeit und spiegeln sich die Erfahrungen der Menschen in ihrer Zeit.

Die gegenwärtige Zeit, das ist März 2024. Sie sind in Rostock, in einer Stadt, in der 88 Prozent der Menschen keine Religion haben. Angenommen, einer von denen würde Sie fragen: „Jesus, wer ist denn das? Kann ich dem mal begegnen? Und wie?“ Was antworten Sie? 

Ich würde vielleicht von meinen eigenen Glaubenserfahrungen erzählen: Wie das ist, wenn man in der Bibel liest; wie das ist, wenn man als Kind sagt: Auch ich möchte ein Jünger Jesu werden und auf ihn höre. Ich würde auch sagen: Es hängt immer von den Glaubenszeugnissen der anderen ab, die mich einladen, die mir etwas attraktiv erscheinen lassen, die mich locken, mich auf etwas einzulassen. Aber eben nicht als historische Forschungsleiche, sondern als Person und als Freund. Und dann wird auch vieles, was Kirche ist, relativ. Wo Christen in der Minderheit sind, da überlegen sie sich viel genauer: Warum bin ich Christ? Das ist anders als in Bayern, wo vieles noch selbstverständlich ist.

Interview: Andreas Hüser

Der Studientag des Thomas-Morus-Bildungswerks mit Pater Andreas R. Batlogg findet am Samstag, 2. März, von 9.45 bis 15.30 Uhr in der Rostocker Christuskirche statt. Letzte Anmeldungen sind noch bis Montag, 26. Februar möglich. E-Mail: kontakt@tmb-schwerin.de, Tel. 0385/20754072.

Andreas Hüser