Eine Stunde eher aufstehen

Eine Zeit der Stärkung

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Eine Person auf einem Fahrrad fährt eine nebelverhangene herbstliche Strecke entlang.
Nachweis

imago images/Florian Gaertner

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Bewegung und Beten: Sich Zeit für sich selbst zu nehmen, gibt Energie. Manche Menschen haben sogar ein Gebet für die Radstrecke zur Arbeit.

Eine Stunde eher aufstehen, um diese Zeit gezielt zu nutzen: für Bewegung, Meditation,
Gebet oder die Vorbereitung von Herzensprojekten. Das wird von vielen Menschen ganz unterschiedlich praktiziert. Sie alle sagen: In dieser Stunde kann ich Kraft tanken.

Das Konzept ist nicht neu, aber erprobt und effektiv und hat die britische Tänzerin und Fitnesstrainerin Adrienne Herbert dazu veranlasst, ein Buch darüber zu schreiben: Wer trotz Berufstätigkeit und stressigem Familienalltag keine Zeit zu verschenken hat, sollte täglich eine Stunde eher aufstehen. Das könne helfen, zu sich zu kommen, sich zu fokussieren und unliebsame Dinge in Angriff zu nehmen, schreibt Herbert in ihrem Buch „Power Hour. Wenig ändern, alles erreichen“. Diese Zeit diene dazu, sich selbst zu stärken, denn in der Kraftstunde widmet man sich Dingen, die einem erwiesenermaßen guttun. 

Sich Zeit zurückholen

Das Geheimnis liegt darin, seine Zeit nicht weiter zu verplempern, sondern sich qualitative Zeit zurückzuholen. Deshalb bleibt bei Adrienne Herbert in dieser Stunde das Handy aus (Ausnahme, wenn sie darüber beim Joggen einen Podcast hört). Die Kraftstunde sollte deshalb morgens genommen werden, weil dann die übrige Welt noch in den Federn liegt. Um sechs Uhr früh erwartet noch niemand eine Antwort auf seine E-Mails und man kann getrost die Social Media-Accounts ungeöffnet lassen. Bleibt man für die Bewegungseinheit zu Hause,  lässt man das Handy ganz ausgeschaltet. 

60 Minuten oder zweimal 30 Minuten

Erwiesenermaßen kommt der Mensch über Bewegung auch geistig in Schwung, Bewegung beugt Depressionen und Demenz vor. Bewegung gehöre also zur Kraftstunde unbedingt dazu. Herbert empfiehlt für aktive Freizeitsportler 60 Minuten Bewegung, wer mit solch einer Kraftstunde starte, sei gut gerüstet für den Tag. Unterwegs beim Joggen oder Radfahren wird der Kopf frei, man achtet auf die Umgebung und die Natur: Sind schon die ersten Haselblüten zu sehen? Wann fing heute die Morgendänmerung an? Das wahrzunehmen, hat für viele meditativen Charakter. 

Alternativ gestaltet man die Kraftstunde in zwei Abschnitten mit jeweils dreißig Minuten: eine halbe Stunde Bewegung, zum Beispiel mit einem Gymnastikprogramm, und eine halbe Stunde Meditation oder Beten. Herbert stellt das Beispiel des britischen Aktivisten Karl Lokko vor, der in seiner morgendlichen Stunde eine Routine aus Lesen, Beten und Fasten entwickelte. Adrienne Herbert rät, sich in der Kraftstunde Zeit für das Wesentliche zu nehmen: Bewegung und Training, Lesen und Lernen, Tagebuch und Gebet.

Dreigeteilte Zeit

Manche legen in ihre morgendliche Stunde auch Aufgaben, zu denen sie sonst nicht kommen oder die sie vor sich herschieben. Ihnen empfiehlt Herbert eine Aufteilung in dreimal 20 Minuten: 20 Minuten Bewegung, 20 Minuten beten oder Tagebuch schreiben und 20 Minuten tun; in diesen 20 Minuten fängt man die spezielle Aufgabe an, zum Beispiel die Steuererklärung. 

Gewohnheiten ändern

Um das frühe Aufstehen zu realisieren, ist es notwendig, Gewohnheiten zu ändern. Das bedeutet, kein Fernsehserienmarathon bis Mitternacht, sondern früh genug ins Bett zu gehen und ab dem Nachmittag auf Koffein zu verzichten. Herbert empfiehlt den Leserinnen und Lesern, ihre Gewohnheiten zu überprüfen: „Welche stehlen mir Zeit und kosten mich Energie?“

Die Extrastunde im Praxistest

Wie wohltuend es sein kann, morgens eine Stunde eher aufzustehen „um mal für sich selbst Zeit zu haben“, wenn die Aufgaben des Alltags noch warten können, hat Karin Wansorra (52) aus Osnabrück schon vor Jahren festgestellt. „Man wird beschenkt mit Gelassenheit,“ sagt sie. Inzwischen sind ihre Kinder erwachsen und berufstätig, sie selbst arbeitet in Teilzeit. Nach wir vor nimmt sie sich aber morgens mindestens eine halbe Stunde Zeit, um ungestört zu sein, ohne Radio, ohne Handy, ohne Zeitung. In der Adventszeit hat sie zum Beispiel die Bardeler Meditationen gelesen. Diese Zeit am Morgen gibt ihr Kraft. Manchmal macht sie auch Atem- oder Yogaübungen, sagt sich „ich lebe ruhig und gelassen“, manchmal betet sie. Auf dem Weg zur Arbeit setzt sich das fort: Auch für die Fahrradstrecke hat sie ein Gebet. So in den Tag zu starten, gebe ihr Kraft.

Adrienne Herbert, Power Hour. Wenig ändern, alles erreichen, 
Lübbe life, 16 Euro. – 
Podcast: https://de.everand.com/podcast-show/596123083/
Power-Hour

Andrea Kolhoff