30 Jahre Berufsverband
Einheitliche Entlohnung
Vor 30 Jahren war die Situation für die Pfarrsekretärinnen in nahezu jeder Kirchengemeinde anders. Das betraf sowohl die Arbeitsaufgaben als auch die Bezahlung. Seit es einen Berufsverband gibt, ist vieles einfacher geworden.
Streiken? Anja Lauhoff zeigt sich bei dem Gedanken ein wenig amüsiert. Aber die Frage ist dann doch nicht von der Hand zu weisen. Seit 30 Jahren gibt es den Berufsverband der Pfarrsekretärinnen im Bistum Osnabrück. Und wofür braucht man einen solchen Verband, wenn nicht für die Durchsetzung eigener Interessen? Kommt ja auch in Deutschland immer mal wieder vor, dass eine Gewerkschaft zum Streik aufruft, um bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen.
Anja Lauhoff ist seit fast 22 Jahren Pfarrsekretärin in Bad Iburg. Und im Laufe dieser Zeit hat sie manche Verbesserung ihrer beruflichen Situation erlebt. Das hat auch mit dem Berufsverband zu tun, aber ein Streik war dafür eben nicht erforderlich. Das ist in der Kirche eigentlich auch nicht vorgesehen, gibt es doch den „Dritten Weg“, bei dem unterschiedliche Auffassungen im Dialog geklärt werden sollen.
Als es für Anja Lauhoff in der St.-Clemens-Gemeinde in Bad Iburg losging, hatte sie ein „kleines Kabuff“, wie sie sich erinnert. Ein fensterloser Raum, der Schreibtisch von der Schreibmaschine nahezu ausgefüllt. Mancher Kollegin ging es ähnlich: Computer waren noch nicht überall Standard, und auch die Entlohnung der Arbeit hatte noch kein einheitliches Niveau. Dass es heute anders ist, ist wesentlich den Gesprächen zu verdanken, die der Vorstand für seine Mitglieder geführt hat.
Vor der Gründung des Berufsverbandes habe es in Pfarrbüros immer wieder eine „Mischform“ gegeben, sagt Anja Lauhoff. Manchmal war die Haushälterin des Pfarrers auch für die Verwaltungsarbeit zuständig, oft sei die Arbeit im Büro zumindest teilweise ehrenamtlich erfolgt. Wurde eine Pfarrsekretärin eingestellt, war für die Rahmenbedingungen ausschließlich der örtliche Kirchenvorstand zuständig. Der legte die Arbeitsbedingungen fest, der sorgte für die Entlohnung. Und da konnte es vorkommen, dass eine Sekretärin wenige Stunden bezahlt bekam, darüber hinaus aber noch ehrenamtlich tätig war.
Nicht nur Ansprechpartnerinnen für Menschen mit Sorgen
Intensive Gespräche zwischen Berufsverband und Bistumsverwaltung haben für Abhilfe gesorgt. Die einheitliche Entlohnung der Arbeit ist für Anja Lauhoff eine der wesentlichen Errungenschaften. Und auch wenn der örtliche Kirchenvorstand weiterhin die Anstellung verantwortet, sind die Einstellungsvoraussetzungen doch inzwischen einheitlich geregelt. Die kaufmännische Ausbildung gehört dazu, das Beherrschen gängiger Computerprogramme, der Umgang mit Finanzverwaltung – aber auch „weiche“ Kriterien wie Empathie, Anja Lauhoff nennt es „ein offenes Herz für die Menschen“. Denn Pfarrsekretärinnen sind heute noch mehr als in der Vergangenheit erste Ansprechpartnerinnen für Menschen, die mit Sorgen ins Pfarrbüro kommen. „Eine Pfarrsekretärin muss gerne auf Menschen zugehen können, sie muss viel Wohlwollen zeigen“, sagt Anja Lauhoff.
283 Mitglieder gehören zum Berufsverband, zurzeit sind es ausschließlich Frauen. Sie nehmen Termine an für Taufen, Trauungen oder Beerdigungen, mal am Telefon, mal persönlich. Sie stehen zur Verfügung, wenn jemand Unterstützung braucht. Das kann der Jugendliche sein, der den Schlüssel zum Pfarrheim holt, das kann aber auch der Trauernde sein, der einen lieben Menschen verloren hat und jetzt Trost braucht. Seltener sind die Bitten von Wohnungslosen geworden, die Hunger haben. Zugenommen haben dagegen die Gesprächswünsche wegen seelischer Probleme. Lauhoff: „Viele suchen ausdrücklich mich als Anlaufstelle auf.“ Daneben gibt es viel Schreibarbeit, mal das Protokoll für Kirchenvorstand oder Pfarrgemeinderat, mal Briefe für den Pfarrer oder die Gemeindereferentin.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind die Pfarrsekretärinnen im Bistum Einzelkämpferinnen. Deshalb setzt sich Anja Lauhoff, die seit 2001 im Vorstand des Berufsverbands ist und seit 2018 Vorsitzende, dafür ein, dass es übers Jahr verteilt Treffen gibt. In Haus Ohrbeck wird regelmäßig der Grundkurs für neue Mitarbeiterinnen angeboten, vier Fortbildungen finden jährlich statt. Und wenn sich der Vorstand trifft, dann gerne in einer der Regionen des Bistums, um vor Ort die Mitarbeiterinnen kennenzulernen.
Pfarrsekretärin – das ist wegen der Vielfalt der Aufgaben für Anja Lauhoff ein attraktiver Beruf. Für sie ist es deshalb ganz natürlich, dass es kaum vakante Stellen gibt. Sie sei sich zwar nicht ganz sicher, aber sie höre doch so gut wie nie von Bewerberinnenmangel. „Ich bin sicher, dass es bei einer Ausschreibung einen Run auf die Stelle gibt.“
Matthias Petersen