Energieberatung frei Haus
Die Caritas bietet schon seit 2008 einen Stromspar-Check an. Bislang nur für Haushalte, die Sozialleistungen empfangen. Angesichts drastisch steigender Energiekosten fordert die Wohlfahrtsorganisation eine Ausweitung.
Der Kronleuchter war zwar nicht von der Zimmerdecke, aber doch aus der Zeit gefallen. Und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht. Er passte nicht zu den zeitgenössischen Kunstwerken, die die Wände ringsum schmücken. Und mit acht Glühbirnen verbrauchte er zudem viel zu viel Strom, wie Peter Kaletka vorrechnet. Rund 100 Euro habe seine Nutzung pro Jahr gekostet. Ersetzt worden ist er durch eine Leuchte, die nur den Esstisch bestrahlt und eine LED-Birne im Innern hat. Benötigte der Kronleuchter noch 320 Watt pro Stunde, so sind es bei der Leuchte nur noch vier Watt. Stromkosten pro Jahr laut Kaletka: fünf Euro. Also eine Ersparnis von 95 Euro jährlich.
Zugegeben: Das ist ein sehr drastisches Beispiel. Gleichwohl dürften sich solche Energiefresser noch in vielen Haushalten finden. Vor allem auch in solchen, die sich keine neuen Leuchten leisten können und anders als der Autor zur eigentlichen Klientel Kaletkas gehören. Der 62-Jährige ist nämlich Serviceberater für Energie- und Wasserspartechnik der Caritas und führt als solcher den Stromspar-Check in Hamburg durch. Dafür hat der gelernte Fluggeräteelektroniker auch eine Prüfung ablegen müssen.
Das bundesweite Projekt Stromspar-Check richtet sich seit 2008 an Haushalte, die Sozialleistungen wie beispielsweise Arbeitslosengeld II, Grundsicherung, Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen. Sie werden in der eigenen Wohnung kostenlos zum Energiesparen sowie zum Klimaschutz im Alltag beraten.
Angesichts weiter steigender Energiepreise und auch einer drohenden Energieknappheit hat das Projekt, bei dem die Caritas mit dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands kooperiert, an Brisanz gewonnen. Denn auch Haushalte mit vergleichsweise geringem Einkommen, die aber keine Sozialleistungen beziehen, kommen durch die aktuelle Entwicklung auf dem Energiemarkt in finanzielle Bedrängnis. „Die Erweiterung der Zielgruppe ist von Seiten der Stromspar-Check- Bundesebene gewünscht und ein Thema für den neuen Projektantrag beim Umweltministerium, der im Herbst gestellt werden wird“, sagt Christoph Dreger, Leiter Stromspar-Check bei der Caritas im Norden.
Vor allem Kühlschränke sind Energiefresser
Beim ersten Besuch bringt Kaletka wie auch bei diesem Selbstversuch einen Erfassungsbogen mit. Denn es gilt, zunächst einmal den aktuellen Verbrauch zu ermitteln. Neben der Beleuchtung werden dazu die Verbräuche anderer elektrischer Geräte wie Fernseher, Computer oder Warmwasserboiler unter die Lupe genommen. „Wichtig ist, dass wir viele Abrechnungen zur Verfügung haben, um das Ersparnispotenzial abschätzen zu können“, sagt Kaletka.
„Hohe Kosten verursachen vor allem Kühlschränke“, berichtet er weiter, „denn die laufen 24 Stunden an jedem Tag des Jahres.“ Alte Kühlschränke benötigten rund 600 Kilowattstunden pro Jahr, neuere hingegen nur etwa 200. Die Stromkosten für den Kühlschrank könnten so von rund 200 auf bis zu 70 Euro jährlich gesenkt werden.
Aufpassen müsse man auch bei Ladegeräten für Smartphones. „Ältere Geräte ziehen weiter Strom, selbst wenn das Mobiltelefon schon voll geladen ist, und werden dann zudem noch heiß“, sagt Kaletka. Neuere Ladegeräte schalteten sich hingegen automatisch ab, sobald das Smartphone geladen sei. Obacht sollte zudem bei Computerspielen walten. Ein PC verbraucht gemeinhin rund 200 Kilowattstunden jährlich. Bei ständiger Nutzung von Spielen kann sich der Verbrauch vervierfachen.
Nicht zuletzt durch Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers ist auch das Duschen in den Fokus der Diskussion übers Energiesparen gerückt. Hartz IV-Empfängern wird ein Regelbedarf von fünf Minuten täglich zugestanden. Werde das Warmwasser dafür mittels eines Durchlauferhitzers oder Boilers aufbereitet, würden pro Person Stromkosten von rund 20 Euro monatlich verursacht. „Alleinstehende erhalten dafür aber nur eine Pauschale von 10,33 Euro“, berichtet Kaletka. Überrdies würde die Pauschale für jedes weitere Haushaltsmitglied noch geringer angesetzt. Kaletka: „Dabei duschen die genauso lange.“
Nach der Erfassung erfolgt ein zweiter Besuch, bei dem der Haushalt seinen individuellen Energiebericht erhält – aus Zeitgründen fand er bei diesem Selbstversuch nicht statt. Dabei werden auch notwendige Soforthilfen eingebaut. Das können LED-Glühbirnen sein oder Sparduschköpfe, die bis zu 60 Prozent Wasser und Energie im Vergleich zu herkömmlichen Duschköpfen sparen, ohne dass auf Komfort verzichtet werden muss.
Auch abschaltbare Steckdosenleisten werden gerne ausgegeben, denn dadurch können insbesondere Computer komplett vom Stromnetz getrennt werden. Das sei wichtig, weil oftmals innenliegende Teile dieser viele dieser Geräte auch nach dem Ausschalten noch Strom verbrauchten, erklärt Kaletka.
Gegebenenfalls werde auch ein Kühlgeräte-Gutschein ausgegeben. Es gibt 200 Euro für jeden Empfänger von Sozialleistungen, sofern er seinen alten Kühlschrank entsorgt. Das Geld kann dann für die Anschaffung eines neuen Kühlschranks verwendet werden, der freilich meist deutlich mehr kostet.
Auch wenn das Angebot Stromspar-Check heißt, es werden auch Tipps und Empfehlungen fürs Heizen gegeben. Dafür wird oft noch Gas verwendet, das deutlich teurer werden wird. So müssen beispielsweise die Heizkörperventile nicht unbedingt auf die höchste Stufe eingestellt werden, denn es wird dadurch nicht schneller warm. Und nachts kann die Temperatur auf bis zu 15 Grad heruntergeschaltet werden.
„Es ist schön zu sehen, wenn die Leute dankbar sind“, sagt Peter Kaletka zum Schluss. Mehr als schön ist sogar die Ersparnis. Im Schnitt spart jeder Haushalt jährlich laut Caritas 175 Euro, jede Kommune pro Haushalt 145 Euro und der Bund pro Haushalt 110 Euro. Zudem entwichen 305 Kilogramm Kohlendoxid weniger in die Atmosphäre.
Der Stromspar-Check ist in Hamburg erreichbar unter der Telefonnummer 040 / 280140381 und per E-Mail: Stromsparcheck-Hamburg@ Caritas-im-Norden.de
Autor: Matthias Schatz