Wie gehen wir mit Krieg und Leid auf der Welt um?

Es ist kaum zu ertragen

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Eine Frau mit Israelfahne als Umhang weint
Nachweis

Foto: imago/ABACAPRESS

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Trauer und Verzweiflung bei der Beerdigung eines 19-jährigen Soldaten

Seit Monaten werden wir mit Tod und Leid konfrontiert – vor allem durch Bilder aus Israel und der Ukraine. Wo haben wir die Verantwortung, hinzusehen – und wann sollten wir uns selbst schützen? Lebensberater Christoph Hutter gibt Antworten.

Das Grauen ist überall. Im Fernsehen, in den Zeitungen, im Internet. Und es scheint nicht aufzuhören. Es wird übermittelt aus Butscha, wo russische Soldaten ein Massaker an ukrainischen Zivilisten verübt haben. Aus Israel, wo Hamas-Terroristen gezielt Juden abgeschlachtet haben. Und aus vielen anderen Orten, an denen Kriege toben, Konflikte eskalieren, Attentäter wüten. Die Bilder schmerzen. Sie sind kaum zu ertragen. 

Christoph Hutter aber sagt: „Wegschauen ist keine christliche Grundhaltung.“ Der Leiter der Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatung im Bistum Osnabrück betont: „Wir haben die Pflicht zu bezeugen, was ist. Weil das den Opfern Würde schenkt – und weil es uns die Chance gibt, uns berühren zu lassen und dafür einzusetzen, dass das Leid gelindert wird.“ Wer die Gesichter der Kriegsopfer gesehen hat, ihre Tränen und ihre Verzweiflung, der denkt eher daran, für eine Hilfsorganisation zu spenden. 

Kein Recht auf eine heile Welt

Uns in Deutschland geht es so viel besser als den Menschen im Krieg: Wir leben in Freiheit und Sicherheit, haben genug zu essen und zu trinken, werden nicht beschossen, müssen nicht fliehen. Hutter sagt, dass daraus auch eine Verantwortung erwächst: „Wenn wir uns abschotten und uns nur darum kümmern, dass es uns in unserer heilen Welt gut geht, dann gehen wir im Umkehrschluss davon aus, dass wir das Recht haben, in einer heilen Welt zu leben. Aber das ist kein Recht, es ist ein unverdientes Privileg.“ 

Einfach keine Nachrichten mehr zu schauen und die Bilder vom Tod zu ignorieren, ist also keine Lösung. Aber was dann? Vielleicht: sich gezielt informieren, lieber einmal am Tag durch eine hintergründige Reportage als permanent durch Live-Ticker und Nachrichtenschnipsel im Internet. „Es ist keine gute Idee, sich von Schreckensbildern überfluten zu lassen“, sagt Hutter. Es helfe nicht, Bilder davon anzuschauen, wie die Hamas Menschen bestialisch hingerichtet hat: „Denn dadurch bekomme ich keine zusätzlichen Informationen, sondern werde nur verstört und vielleicht sogar handlungsunfähig gemacht.“ 

Wichtig sei aber zu wissen, dass es diese Hinrichtungen gegeben hat, sagt Hutter. Je mehr wir über einen Konflikt und seine Vorgeschichte wüssten, desto besser könnten wir einordnen, warum gerade passiert, was passiert: „Wir verstehen die Welt besser und das gibt uns innere Stabilität.“ Weil wir dann erkennen, was wir tun können, um das Leid zu lindern – und was eben auch nicht. 

Gläubigen Menschen bleibt immer das Gebet

Hutter sagt, auch das sei wichtig: „zum Thema zu machen, was wir bei allem Engagement nicht in der Hand haben“. Mit Familie und Freunden darüber zu sprechen. Und uns einzugestehen, dass die schrecklichen Bilder uns auch deshalb so treffen, weil sie uns an unsere eigene Ohnmacht und Verletzlichkeit erinnern.

Wenn der Schmerz zu groß wird, bleibt uns Gläubigen immer noch das Gebet. Und der Satz, mit dem der Pfarrer Arno Pötzsch 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, ein Lied begonnen hat: „Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand.“ 

Luzia Arlinghaus