Fiete mischt das Kloster auf

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Bruder Johannes und Bruder Elija spielen mit Hund Fiete im Schnee.
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Foto: Marco Heinen

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Offenbar hat nicht nur Fiete Spaß am Spielen im Schnee, sondern auch Br. Johannes (li.) und Bruder Elija

Vor einigen Monaten ist im Kloster Nütschau ein neuer Mitbewohner eingezogen: Vorurteile hat er keine, er ist immer freundlich und auch schon stubenrein. Vor allem aber tut er den Mönchen gut.

Fiete ist, seinem von Friedrich abgeleiteten Namen gemäß, ein friedlicher Hund. Zwar ist er mit seinen sieben Monaten Lebensalter kein Welpe mehr, aber ein echter Kindskopf. Er spielt gerne und jeder Fremde ist erst einmal sein Freund. Es wird gewedelt und geschlabbert. Der Kleine Münsterländer ist ein Vorstehhund, also ein Jagdhund, und wurde am 18. Mai auf einem Reiterhof im Münsterland geboren. Auf die Jagd wird er künftig eher nicht gehen. Denn sein neues Zuhause ist das Kloster Nütschau.

Hier gibt es bereits Schafe und zwei Klosterkater. Letztere kümmern sich um die Regulierung der Mäusepopulation rund um das Herrenhaus. Aber ganz zweifellos ist Fiete der neue Star unter den Haustieren, nicht zuletzt bei den Gästen. „Die Gäste nehmen ihn sehr gut auf und freuen sich sehr. Aber das ist auch keine Überraschung, weil Fiete ja jeden Menschen schwanzwedelnd und freudig begrüßt“, sagt Bruder Prior Johannes. Er ist mit einem Cockerspaniel – ebenfalls ein Jagdhund – aufgewachsen. Fiete erinnert ihn sehr an seinen Spaniel und deshalb freut er sich besonders über den vierbeinigen Gefährten. „Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass alle Brüder sagen, komm, lass uns das probieren“, berichtet er.

Die Idee, einen Hund anzuschaffen, hatte allerdings Bruder Elija, der auch die Verantwortung für das Tier übernommen hat und morgens, mittags, abends mit ihm vor die Tür geht, um Geschäftliches zu erledigen. Stubenrein wurde der Hund sehr schnell und auch draußen ist er eher genant und schlägt sich in die Büsche, wenn es pressiert. Fiete war der Letzte aus seinem Wurf, erzählt Bruder Elija. Nach der Beratung mit der Züchterin, die extra dafür vor Ort war, sagte sie, dass sie sich gut vorstellen könne, dass der Hund ins Kloster ziehe. Die Klostergemeinschaft war wie erwähnt überraschend offen. „Als ich das vorgebracht habe, dachte ich, es kämen mehr Bedenken als Zustimmung“, sagt Bruder Elija. Aber die anderen Mönche meinten gleich: Warum eigentlich nicht? Nur einer warf ein: Wenn ein Hund kommt, dann bitte kein Schoßhündchen, sondern ein richtiger.


„Sie, Bruder, brauchen einen Hund.“


Und so zog Fiete im Alter von zehn Wochen im Kloster ein. Für Bruder Elija, der sich auch um die Schafe kümmert, war die Entscheidung für einen Hund letztlich sogar ein Stück weit ein über die Jahre erfolgreicher Kampf gegen den inneren Schweinehund: „Es ist mein und unserer erster Hund. Ich selbst hatte früher Angst vor Hunden. Aber irgendwann hat es mich magisch angezogen“, erzählt er.

Selbst ein aus Ibbenbüren gebürtiger „Münsterländer“, bedeutet Fiete für ihn auch ein Stück Heimat. „Ich bin ja zwischen Bauernhöfen großgeworden.“ Und auf einem Nachbarhof gab es eben auch einen Kleinen Münsterländer.

Den letzten Anstoß gab Christel Schütte, eine Seniorin, die seit Jahrzehnten im Kloster ständiger Gast ist (Bruder Elija: „Sie ist ein Teil des Klosters.“): „Sie, Bruder, brauchen einen Hund“, sagte sie zu ihm. Und sie ist auch diejenige, die mal als Hundesitterin einspringt, wenn Bruder Elija andere Aufgaben hat. „Da profitieren beide von. Fiete profitiert von Frau Schüttes Ruhe und sie profitiert von seiner Lebendigkeit.“ Aber er kann auch mal einige Zeit allein bei Bruder Elija auf dem Zimmer bleiben, ohne dass er die Einrichtung zerlegt, jault oder alle zusammenbellt. Bellen ist überhaupt nicht so sein Ding. Der Kollege vom Funk, der beim Besuch dabei ist, hat Mühe, eine Lautäußerung von Fiete mit dem Mikrofon für seinen Radiobeitrag einzufangen. 

Wenn die Mönche allerdings abends mal beieinander sitzen, dann kann er sich im Spiel auch mal ins Bellen hineinsteigern. „Das ist aber sehr selten“, sagt Bruder Johannes. „Ein Hund, der immer bellt, das wäre hier auch schwierig. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass er so ein stiller Hund und gleichzeitig so lebendig ist. Das passt zum Klosterleben. Wir wollen ja ein stiller und zugleich lebendiger Ort sein.“

In der Kapelle war der Hund ebenfalls schon zwei Mal. Ob er dort künftig häufiger mit hinkommen kann, wird sich zeigen. Denn er soll ja weder die Brüder noch die Gäste von der Begegnung mit Gott ablenken oder gar abhalten.


Von Fiete können auch die Mönche viel lernen


Fiete geht inzwischen längst zur Hundeschule und seine Versetzung ist nicht gefährdet, eine Übungsstunde vor dem Ende des ersten Durchlaufs. Kein Wunder, denn Kleine Münsterländer gelten als „sehr unkompliziert und lernwillig“, wie Bruder Elija weiß. „Gerade in der Welpenzeit kann man sie sehr gut formen.“ Aber „er hat noch viel zu lernen“, sagt er. Vor allem geht es darum, den angeborenen Jagdtrieb nicht zu fördern, sondern den Hund anders zu fordern.

Den Mönchen tut Fiete schon jetzt sehr gut. Wobei „Klostergemeinschaft keine Familie und auch keine Partnerschaft“ ist, wie Bruder Elija betont. Dennoch, ein älterer Mitbruder, der nicht mehr so mobil ist, blüht sichtbar auf, wenn der Hund ihn besucht. Klar ist auch, dass der Hund nicht vermenschlicht werden soll. Was jedoch nichts daran ändert, dass der Vierbeiner alle bezirzt: „Wenn er in der Gemeinschaft ist, dann ist es, als ob ein kleines Kind da wäre“, ergänzt Bruder Johannes. Er schätzt an dem neuen Gefährten, dass er jedem Menschen freudig, unverstellt und ohne Vorurteile begegnet. „Das können wir in der Gemeinschaft vielleicht auch ein bisschen lernen. Das lerne ich so von Fiete.

Marco Heinen