Geschichte, kurz und krass

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Fünf kurze Filme sollen Schülern künftig das Wirken der Lübecker Märtyrer nahe bringen. Schleswig-Holsteins Kulturministerin Karin Prien hat sich zwei Filme gemeinsam mit Schülern des Lübecker Katharineums angesehen.

Filmpräsentation mit Schülern, Ministerin Karin Prien, Lehrerin Inke Christiansen und Stiftungsreferent Jochen Proske
Filmpräsentation mit Schülern, Ministerin Karin Prien, Lehrerin Inke Christiansen und Stiftungsreferent Jochen Proske. Foto: Ralf Adloff

„Johannes Prassek“ steht da auf dem Bildschirm, unterlegt mit Gitarrenmusik. Dann wird das bekannte Foto von Johannes Prassek eingeblendet: der lachende Kaplan mit seiner Gitarre. Dann die Überblendung auf einen Schauspieler im weißen Hemd (Andreas Hutzel vom Lübecker Theater), der in die Kamera schaut: „Ich bin Johannes Prassek. Ich wurde am 10. November 1943 in Hamburg geköpft“, sagt er. Überblendung auf eine schematische Darstellung eines Fallbeils. Eine nüchterne Stimme erklärt dazu: „Verwendet wurde das Tegel-Fallbeil“, gefolgt von einer Erklärung, wie dieses Mord­instrument funktioniert. Dann wieder Prassek: „Ich wurde hingerichtet, weil ich mich informiert habe. Weil ich zu meinen Überzeugungen gestanden habe. Weil ich ausgesprochen habe, was ich gedacht und geglaubt habe.“

Der gut achtminütige Film über Johannes Prassek ist der wohl eindrücklichste und drastischste der fünf kurzen Lehrfilmen, die im Auftrag des Erzbistums Hamburg hergestellt wurden. Sie sind ab sofort auf dem YouTube-Kanal der Erzbischöflichen Stiftung Lübecker Märtyrer zu sehen (www.luebeckermaertyrer.de).

„Wir wollen mittels Filmen und weiterer Materialien junge Menschen dazu animieren, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen“, so Stiftungs-Referent Jochen Proske. Die Filme sollen vor allem im Schulunterricht sowie in der Konfirmations- und Firmvorbereitung eingesetzt werden.

Weißhaarige Zeitzeugen kommen nicht an

Auch deshalb wurden Schüler der Klassenstufen 9 bis 12 von vier Lübecker Schulen (zwei Gymnasien, zwei Gemeinschaftsschulen) in den Produktionsprozess einbezogen. Die Filme seien so angelegt, „dass sie jugendlichen Sehgewohnheiten nahe kommen“, erläutert er. Die Jugendlichen machten keinen Hehl daraus, dass sie in solchen Lehrfilmen weder weißhaarige Zeitzeugen noch Historiker sehen wollen, die langatmig von damals erzählen. Wichtig war ihnen auch, dass die Filme nicht so lang sind. Im Ergebnis dauert kein Film länger als zehn Minuten und es tauchen viele junge Menschen darin auf. In dem Film über Eduard Müller etwa lesen Schülerinnen und Schüler, aus seinen Reisetagebüchern vor. Und in dem Film über Karl Friedrich Stellbrink tritt die Schülerin Helena Lescow als Tochter auf und berichtet über die Verhaftung ihres Vaters. Am Ende macht die Sprecherin aber klar, dass es für sie nur eine Rolle ist. Als Helena Lescow sagt sie: „Vielleicht ist es seine Fähigkeit, die eigenen Überzeugungen in Frage stellen zu können, die uns heute am meisten beeindruckt.“

Etwas irritierend ist, dass es Filme über Johannes Prassek, Eduard Müller und Karl Friedrich Stellbrink gibt, jedoch nicht über Hermann Lange.­ Mehr als die fünf Filme habe man vorerst aus dem Budget nicht finanzieren können, so Proske. Persönlich könne er sich durchaus noch einen Film über Lange oder über Bischof von Galen vorstellen. Produziert hat der Lübecker Filmemacher Holger Braack die Filme. Das Geld kam vom Erzbistum und der Stiftung. Zuschüsse gab es von der Franz von Sales Medienstiftung des Bonifatiuswerks sowie vom Verein Andere Zeiten.

Neben den Porträts der Märtyrer gibt es noch zwei weitere Filme. Einer setzt sich mit der Märtyrer-Thematik im Schulunterricht auseinander, der andere greift den Märtyrer-Begriff auf. Sowohl der Müller-Film als auch der Prassek-Film wurden am vergangenen Montag in der Lübecker Katharinenkirche gezeigt. Gekommen waren Schüler und Lehrer – und Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Die Ministerin lobte das Filmprojekt als kreativen und nachdenkenswerten Beitrag zur Diskussion um gesellschaftliche Werte. Gerade vor dem Hintergrund des Erstarkens populistischer und antidemokratischer Strömungen sei es wichtig, „die Erinnerung an die Opfer nationalsozialistischer Gewalt wach zu halten“, so Prien. Auch weil in Zukunft immer weniger Zeitzeugen aus eigener Anschauung berichten können, seien solche Projekte von besonderer Bedeutung, sagte die Ministerin.

Text: Marco Heinen