Selbstfürsorge

Gesund und munter bleiben

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Eine zufrieden aussehende Frau übt die Yogapose Kriegerin.
Nachweis

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Jeder kann etwas für seine Gesundheit tun, zum Beispiel mit Bewegung. 

Was hält uns gesund? Und wie können wir unsere Selbstheilungskräfte aktivieren? Darüber hat der Neurowissenschaftler Tobias Esch ein Buch geschrieben. Es macht Mut und kann Ärzte motivieren, sich mehr Zeit für die Patienten zu nehmen.

Zwei Personen erkranken und erhalten die gleiche Diagnose und dieselbe medizinische Behandlung, doch die eine wird schneller gesund und bleibt es, während die andere Person noch länger an den Folgen der Erkrankung zu tragen hat. Wie kommt das? Worin liegt der Unterschied? Das hat sich der Arzt Tobias Esch schon seit seinem Zivildienst auf einer onkologischen Station und später während seines Medizinstudiums gefragt. 

Das klassische Medizinstudium vermittelte damals Kenntnisse in Diagnostik und gab Empfehlungen für die richtige Behandlung, immer orientiert am aktuellen Forschungsstand. Inzwischen hat sich die Apparatemedizin weiterentwickelt, hochauflösende Bildgebungsverfahren erkennen kleinste Gewebeveränderungen, die ein Arzt nicht ertasten könnte. Gleichzeitig gibt es aber keine  Antwort auf die Frage, was neben Operationen oder Medikamenten den Genesungsprozess entscheidend voranbringt. 

Gesundheit ist individuell

Diesem Geheimnis geht Tobias Esch in seinem Buch „Wofür stehen Sie morgens auf?“ auf den Grund. Esch, der sich zum Neurologen weiterbildete und lange Zeit in den USA in Boston an einem Krankenhaus der Universität Harvard die Wechselwirkungen von Lebensumständen, Psyche und Gesundheit erforscht hat, ist jetzt in Deutschland tätig. Er leitet die Ambulanz für Integrative gesundheitsversorgung und Naturheilkunde der Universität Witten/Herdecke. Esch stellt fest, Gesundheit sei kein objektiv messbarer Zustand, sondern höchst individuell und die Medizin dürfe nicht nur den Körper behandeln, denn es gehe auch um das Mentale, die Psyche und das Soziale im Leben eines Patienten.

Der innere Arzt

Tobias Esch führt den Begriff des inneren Arztes ein. Der äußere Arzt – das sind die Mediziner, die jemanden behandeln. Der innere Arzt bezeichnet den Patienten und seine Ressourcen, aus denen er schöpfen kann. Dabei geht es nicht nur um Unterstützung durch Partner, Familie und Freunde, auch die übrigen Faktoren der Lebensumstände sind wichtig. Menschen, die einsam und entwurzelt sind, keinen Beruf oder keine Aufgabe mehr haben, missachtet oder gedemütigt werden, sind anfälliger. 

Jeder Mensch, so Esch, braucht einen Ansporn, um den Tag zu beginnen. Befragungen ergaben: Männer und Frauen, die gesundheitlich beeinträchtigt waren, aber einen Sinn in ihrem Leben erkennen, sind glücklicher als andere, denen der Lebenssinn abhandengekommen ist. Auch Spiritualität, Religion und christlicher Glaube können viel bewirken und Menschen stützen. 

Selbstfürsorge

Ziel einer modernen Medizin müsse es sein, Menschen zur Selbstfürsorge zu befähigen, „zur konkreten Selbsthilfe und Selbstheilung“. Zu den Säulen der Gesundheitsförderung gehören Elemente aus vier Bereichen, die Esch mit den Buchstaben „BERN“ abkürzt. Diese leiten sich von den englischen Begriffen „Behavior“, „Exercise“, „Relaxation“ und „Nutrition“ ab. Dabei geht es um das Verhalten der Patienten, ihr Denken und ihre Einstellung, sowie um Bewegung, Entspannung und eine gute Ernährung. Im Idealfall wirken dann medizinische Behandlung von außen und die Aktivierung von Selbstheilungskräften zusammen.

Verbundenheit

Doch auch, wenn Menschen sich gut ernähren, Sport treiben und Pausen einlegen, dabei aber sozial isoliert leben, fehlt ihnen die Dimension der Verbundenheit. Der Mensch sei ein Herdentier, schreibt Esch, und darauf ausgerichtet, im Verbund zu leben, für andere da zu sein: „Verbundenheit ist ein zentrales Element unseres Menschseins“. Jeder kann sich fragen, mit wem er verbunden ist, wer zu seinem Unterstützernetzwerk gehört. 

Übungsanleitungen

Das Buch erklärt gut, wie wichtig das Zusammenwirken von  Arzt und Patient ist. Mit einem Fragebogen kann jeder für sich ermitteln, wo er steht. Und es schlägt einfach umsetzbare Methoden vor, die zum allgemeinen Wohlbefinden  beitragen: zum Beispiel Achtsamkeitsübungen, eine Anleitung zum ruhigen Atmen, die Idee, Dankbarkeitsrituale in den Tag einzubauen oder zu meditieren. Denn Glück sei lernbar, erläutert der Neurologe Esch, indem man Tätigkeiten durchführt, die das vegetative Nervensystem beruhigen und das Belohnungssystem im Gehirn dazu bringen, Glückshormone auszuschütten. 

Fazit

Am wichtigsten wäre es, wenn die ärztlichen Kollegen und Kolleginnen von Tobias Esch das Buch lesen und verstehen würden, wie wichtig ihre Rolle in der Arzt-Patienten-Beziehung ist; wie grundlegend anders es wäre, wenn Sie nicht sagen: „Diese Krankheit geht in 70 Prozent der Fälle nicht gut aus“, sondern formulieren würden: „30 Prozent der Erkrankten haben eine Chance, dass sie die Krankheit überwinden. Sie können das schaffen!“

Tobias Esch: Wofür stehen Sie morgens auf?, Warum Sinn und Bedeutung entscheidend für unsere Gesundheit sind. Gräfe und Unzer, 24 Euro.