Misereor-Hungertuch 2021

Gesunde Füße schenken Freiheit

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„Würdigt eure Füße!“ betonen Ärzte und Physiotherapeuten am Marienhospital Osnabrück. In der Fastenzeit haben die Klinikseelsorger auch mit ihnen Interviews zum Hungertuch geführt.


Das diesjährige Misereor-Hungertuch zeigt – künstlerisch verfremdet – das Röntgenbild eines gebrochenen Fußes. Foto: Misereor

Überraschende Verbindungen zum Klinikalltag hat das diesjährige Miseror-Hungertuch. Es stammt von der chilenischen Künstlerin Lilian Moreno Sanchez und zeigt eine Röntgenaufnahme eines gebrochenen Fußes. Der stammt zwar von einem Chilenen, der bei Demonstrationen gegen soziale Ungleichheit durch die Staatsgewalt verletzt worden ist. Aber auch Esteban Roman Garcia, Oberarzt der Unfallchirurgie am Marienhospital in Osnabrück sind solche Bilder bekannt: „Die Kräfte, die zu diesem Trauma geführt haben, müssen gewaltig gewesen sein“, erzählt er in einem Interview mit Klinikseelsorger Pastor Bernhard Brinkmann, das in der Fastenzeit über das hauseigene Intranet in der Klinik verbreitet wurde. 

Die vier Klinikseelsorgerinnen und -seelsorger haben Vertreter medizinischer Abteilungen interviewt, „die manchmal offensichtlich und oft überraschend Verknüpfungen zum Thema des Tuches haben“, erzählt Brinkmann. Jede Woche wurden Ausschnitte daraus veröffentlicht, auch in den Sonntagsgottesdiensten ging er auf die Inhalte ein. 

Über die Hälfte des Lebens verbringt der Mensch auf den Füßen 

In ihrem Impulsen gehen die Seelsorger zum Beispiel der Bedeutung von Füßen nach. So betont Oberarzt Garcia: „Würdigt Eure Füße! Sie leisten jeden Tag unglaublich viel.“ Und er liefert Fakten: Ein Mensch verbringe bis zu 55 Prozent seines Lebens auf den Füßen; während eines einzigen Tages trage ein Fuß in Summe das Gewicht von umgerechnet bis zu vier ICE-Zügen. „Im Fuß befinden sich ein Viertel der Knochen eines Menschen und eine Vielzahl von Gelenken“. Das sei vielen Menschen gar nicht bewusst, Füße seien oft ein wenig geschätzter und oft  übersehener Körperteil. Nach einer Erkrankung ändere sich das: Erst dann merkten die Menschen, „wie viel Freiheit und Selbstständigkeit uns dieser Körperteil schenkt“.

Auch Physiotherapeut Nils Gabrys erklärt, wie wichtig gesunde Füße für die Zufriedenheit sind. Bei einer Erkrankung stünden Patienten „vor einer ganzen Bandbreite von Gefühlen. Das reicht vom Ärger, nicht mehr laufen zu können, bis zu Depressionen, nicht mehr selbstständig zu sein“. 

Wieder gehen zu lernen, sei oft nicht so einfach, da der gesamte Körper davon betroffen sei: „Die Muskeln, der Kreislauf und das Herz müssen gekräftigt werden.

Lilian Moreno Sanchez verarbeitet oft Röntgenbilder und trägt ihre Zeichnungen auf Krankenbettwäsche auf. Da war die Verbindung zur Klinik nahe – „eine Steilvorlage sozusagen“, so Brinmann. Mit der Aktion, die in erster Linie für die Mitarbeiter der Häuser gedacht war, wollte er  ihnen die enge Verbindung ihres beruflichen Alltags mit der Spiritualität dieses Tuches verdeutlichen – und einmal nicht Corona zum Thema machen.

Astrid Fleute