Zum Tod von Kardinal Karl Lehmann
Gläubige nehmen Abschied
Für viele ein schmerzlicher Abschied: Kardinal Karl Lehmann ist derzeit in der Mainzer Augustinerkirche aufgebahrt.
Es ist für viele ein erster schmerzlicher Abschied von Kardinal Karl Lehmann: Seit Dienstagnachmittag ist der frühere Mainzer Bischof in der Kirche des Mainzer Priesterseminars, der Augustinerkirche, offen aufgebahrt. Mehrere Hundert Besucher kommen schweigend zum ersten Requiem, um für den Verstorbenen zu beten. Lehmann liegt, die Hände gefaltet, auf einem sogenannten Katafalk, einer Totenbahre. Sein Leichnam ist mit einem violetten Messgewand bekleidet, er trägt eine weiße Mitra, Bischofskreuz und Bischofsring. Neben ihm steht sein Bischofsstab.
Die Züge des Toten wirken ernst, unnahbar - so ganz anders als die des lebenden Kardinals, der gern, herzlich und auch ziemlich laut lachte. "Den Glauben bezeugen - das war sein Leben", daran erinnert sein Nachfolger als Mainzer Bischof, Peter Kohlgraf. Im Mittelgang bildet sich eine lange Reihe von Menschen aller Altersgruppen vor der Bahre. Viele verneigen sich vor dem Verstorbenen mitten in der prachtvollen Kirche. Irgendwann steht auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer vor Lehmann und verharrt lange. Anschließend trägt sie sich in ein Kondolenzbuch ein.
Am Mittwochvormittag wird die Seminarkirche zum Laudes, dem Morgengebet, geöffnet. Bereits nach zehn Minuten ist die Kirche weitgehend gefüllt - ein gemischter Altersdurchschnitt von Jugendlichen bis Senioren. Nach dem Gebet werden die Reihen zwar deutlich leerer, doch permanent kommen und gehen Gläubige, um sich in einer ruhigen Atmosphäre von Lehmann zu verabschieden. Am frühen Sonntagmorgen war dieser in Mainz im Alter von 81 Jahren gestorben. Von einem Schlaganfall und einer Hirnblutung im September hatte er sich nicht mehr erholt.
Eine Woche um Abschied zu nehmen
Eine Woche lang kann die Bevölkerung nun Abschied nehmen von dem nicht nur in Mainz beliebten langjährigen Bischof und Kardinal. Bis zum 20. März wird die Augustinerkirche täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet sein. Jeweils um 9 und 12 Uhr finden Andachten statt, am Sonntag zusätzlich um 15 Uhr eine Totenvesper. An allen Tagen leitet ein Mitglied des Mainzer Domkapitels um 17 Uhr ein Requiem.
Am 21. März wird Lehmann in der Bischofsgruft des Mainzer Doms beigesetzt. Der Sarg wird dann in einem Trauerzug durch die Mainzer Innenstadt zum Dom überführt.
Fast 33 Jahre lang, von 1983 bis zum Rücktritt an seinem 80. Geburtstag am 16. Mai 2016, war Lehmann Bischof von Mainz. Von 1987 bis 2008 leitete er die Deutsche Bischofskonferenz. 2001 erhob ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal.
Trauernde können sich nicht nur in der Mainzer Seminarkirche in der Augustinerstraße von Kardinal Lehmann verabschieden. Das Bistum Mainz hat ein digitales Kondolenzbuch (https://kardinal-lehmann.bistummainz.de/gebetebuch) angelegt, in dem bereits Hunderte Menschen ihre Wertschätzung für den verstorbenen Kardinal bekundet haben.
Hier sind viele würdigende Einträge von Internetnutzern zu lesen. Lehmann sei einer gewesen, "der nicht vorverurteilte, sondern zuhörte. Ein Mann des richtigen Worts. Ein Diener der Menschen und kein 'Amtsinhaber'", schreibt ein Mann. Eine Frau berichtet über ihre persönlichen Begegnungen mit Lehmann: "Sie waren offen, haben zugehört und mich zum Nachdenken angeregt und auch zum Lachen gebracht."
Lehmann beeindruckte offenbar auch Menschen nachhaltig, die nicht der Kirche angehören. "Der Tod von Karl Kardinal Lehmann hat mich sehr berührt, wenngleich ich weder Christ noch Katholik bin", heißt es im Eintrag eine Mannes, der Lehmanns "offene Lebenseinstellung und sein Streiten für Menschlichkeit" betont. Ein anderer Internetnutzer schreibt über den Kardinal: "Er hat mir mein Vertrauen zur Kirche erhalten. Dies wird leider sehr oft auf eine harte Probe gestellt. Aber er war immer authentisch, nicht engstirnig, sondern den Menschen verbunden."
In einem weiteren Eintrag wird Lehmann schließlich als christliches Vorbild schlechthin angesehen. Wer komme wohl in den Himmel, fragt der Schreiber, "wenn nicht er?".
kna