Krankenhausseelsorge im Bistum Osnabrück
Hoffnung geben, Trost spenden
Foto: Andrea Kolhoff
Schwester Barbara erinnert sich noch gut an diese Situation: Sie hatte sich in einem Mehrbettzimmer des Marienhospitals als ehrenamtliche Krankenhausseelsorgerin vorgestellt und kam mit einem jungen Mann ins Gespräch. Er lag mit vielen Knochenbrüchen dort, die er bei einem unverschuldeten Motorradunfall erlitten hatte, und fing an, Schwester Barbara davon zu erzählen: Wo er langgefahren war, dass er das Auto gar nicht bemerkt hatte und plötzlich der Unfall geschah, woran er gar keine Erinnerung hatte; dann war er im Krankenhaus nach der langen Operation aufgewacht. „Nicht schon wieder diese Geschichte“, wehrte sein Zimmernachbar genervt ab. Doch Schwester Barbara ermunterte den Patienten, weiterzusprechen. „Der muss das einfach erzählen, immer wieder“, sagt sie. „Und mir erzählt er die Geschichte noch einmal anders als den anderen.“ Dafür sei sie da und könne ihm zuhören.
Schwester Barbara Oevermann ist eine von mehreren ehrenamtlichen Krankenhausseelsorgerinnen, die im Marienhospital Osnabrück tätig sind. Als Schulleiterin der Marienschule in Schwagstorf war sie 2013 mit 67 Jahren in den Ruhestand gegangen und nach Osnabrück gezogen. Sie suchte eine sinnvolle Aufgabe. Schwester Barbara absolvierte einen Grundkurs, der im Osnabrücker Hospiz angeboten wurde und in dem umfassende Kenntnisse der Begleitung vermittelt wurden, darunter auch die Anleitung zur Selbstreflektion. Nur wenn man fähig sei, sich infrage zu stellen, sein eigenes Menschenbild und auch das Gottesbild, sei man fähig, anderen vorurteilsfrei zu begegnen, sagt Schwester Barbara. Und das sei ganz wichtig.
Wir werden als Ehrenamtliche gut begleitet.
Bei den Besuchen am Krankenbett gehe es nie um sie, sondern um die Patienten und das, was diese bewegt. Manche erzählen von ihrer Krankheit, von der bevorstehenden OP, manche aus ihrem Leben und von der Familie, einige von den Zukunftssorgen, die sich aus der Erkrankung ergeben. Viele, die es gewohnt sind, ihr Leben aktiv zu gestalten, kommen damit nicht klar, dass sie Geduld haben müssen.
„Ein Krankenhausaufenthalt bringt viele Menschen zu einer Rückschau“, sagt Schwester Barbara. Bei älteren Menschen, die als Kinder den Zweiten Weltkrieg erlebt haben, kommen oft die Erinnerungen an den Krieg hoch, daran, wie sie ausgebombt wurden, oder dass die Mutter auf der Flucht vergewaltigt worden ist. Das erzählen sie dann zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie empfinde es als große Wertschätzung, wenn sich jemand im Gespräch so öffnet, sagt Schwester Barbara.
Manchmal kommen auch spirituelle Fragen auf, existenzielle Fragen, dann sei es gut, wenn man in seinem eigenen Glauben zu Hause sei und ihn reflektieren könne. Das bedeute aber keineswegs, dem anderen die eigene Sicht überstülpen zu wollen. Mit muslimischen Patienten kommt sie manchmal über Fragen nach ihrer Ordenstracht über Religion ins Gespräch; sie erzählen dann gerne von ihrer eigenen Religion. Patienten, die selbst christlich sind, bitten Schwester Barbara manchmal um ein Gebet oder darum, eine Kerze für sie anzuzünden.
Schwester Barbara besucht die Patienten donnerstags, manchmal auch samstags und ist froh, dass sie sich genügend Zeit nehmen kann. „Ich bin ehrenamtlich, ich helfe nur“, sagt sie. Die Ehrenamtlichen würden von den hauptamtlichen Krankenhausseelsorgern gut begleitet, so gebe es zum Beispiel regelmäßige Supervisionsrunden, in denen sie sich austauschen können. „Das ist jedes Mal bereichernd, weil ich davon lernen kann.“
Weitere Ehrenamtliche und ein hauptamtlicher Krankenhausseelsorger kommen in der aktuellen Ausgabe des Kirchenboten zu Wort.