Ist die Tür doch nicht zu?
Mit Spannung wurde sie erwartet, die Diskussion unter Delegierten des Synodalen Weges in der Katholischen Akademie. Zur Debatte stand das spannendste Thema des „Weges“: „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“.
Eine Großveranstaltung hätte es werden können, aber wegen der Corona-Beschränkungen durften nur 30 Personen im Hörsaal der Akademie Platz nehmen. Dafür gab es 4 735 Aufrufe bei der Übertragung auf Facebook und 434 Kommentare. Dort wurde eifrig mitdiskutiert, und zwar meist kritisch. „Ich fühle mich wie auf einem Grünen-Parteitag der frühen Achtziger“, so lautete eine Stimme. „Ich bin enttäuscht. Nichts Neues, vor allem fehlender Mut“, „Vertröstung auf den Jüngsten Tag…“
Vielen war es zu wenig deutlich, was die Diskussion brachte. Aber die Äußerungen des Erzbischofs Stefan Heße an diesem Abend wurden als Meldung international verbreitet. „Man muss über die Themen denken und diskutieren dürfen“, hatte er gesagt. Erzbischof Heße sieht den Anfang eines Weges und will keine ehernen Standpunkte oder gar Kampfabstimmungen. Er wies darauf hin, dass sich die Ansichten zur Frauenfrage seit den Achtziger Jahren geändert haben – und auch darauf, dass nur ein Konzil eine neue Entscheidung bringen könne. Man dürfe in der Erörterung der Weihefrage nicht nur in die Vergangenheit sehen. „Die historische Perspektive ist eine Perspektive, aber nicht alles.“ „Die Diskussion ist nach wie vor da, sie ist lebendig, und sie ist durch ein Papier nicht zu ersticken.“
Das war ein bemerkenswerter Satz. Denn es gibt päpstliche Schreiben wie „Ordinatio Sacerdotalis“. In diesem Dokument hat sich Papst Johannes Paul II. 1994 eindeutig gegen die Weihe von Frauen ausgesprochen. Ist die Sache entschieden? Diese Frage stellte die Münsteraner Theologin Prof. Dr. Dorothea Sattler, die per Video-Interview nach Hamburg zugeschaltet wurde. „Viele Theologinnen und Theologen sind der Überzeugung, dass da auf lehramtlicher Seit die Tür noch nicht zu ist“, sagte sie. Die Dogmatikerin ist bekennende Befürworterin einer Weihe für Frauen. Nicht das Geschlecht sei entscheidend für eine Repräsentanz Jesu Christi. „Ich bin der Überzeugung, dass Menschen Jesus Christus in heilenden, hörenden, vergebenden Menschen wiedererkennen, auch in Frauen in Leitungsdiensten. Wichtig ist nicht in erster Linie, ob er ein Mann war, sondern wie er gehandelt hat.“
Ein Dienst für die folgenden Generationen
Auch die Theologin glaubt nicht, dass sie eine Änderung der kirchlichen Haltung erlebt. Die Diskussion und theologische Arbeit sei aber trotzdem sinnvoll – für die Nachwelt. „Auch für nachfolgende Generationen tun wir diesen argumentativen Dienst“. Andere Anwesende waren weniger geduldig. Eine Teilnehmerin schilderte, wie in ihrem Familienumfeld eine Frau nach der anderen die Kirche verlässt. „Können wir noch so lange warten, denen Menschenrechte zuzusprechen, die die Hälfte der Kirche ausmachen?“ fragte die Hamburger Theologin Barbara Viehoff, ehemals Frauenbeauftragte des Erzbistums. „Man kann man nicht die Augen zumachen, dass wir so viele Frauen verlieren.“
„Auch wenn ich mich nicht dazu berufen fühle, Priesterin zu werden, ich möchte doch wenigstens die Chance haben, mich berufen fühlen zu können, wenn ich es denn wollte“, so Melanie Giering. Die Hamburgerin gehört zu den jüngsten Delegierten des Synodalen Weges.
Der große Gesprächsprozess beginnt jetzt erst. Wohin er führt, ist offen. Die Sprecher auf dem Podium wurden nach ihren Hoffnungen und Befürchtungen befragt. Die meisten versuchten, die Erwartungen zu dämpfen: Franziska Strecker aus Lübeck: „Ich habe die Befürchtung, dass es sehr hohe Erwartungen gibt, die der Synodale Weg und die Kirche in Deutschland nicht erfüllen können. Ich halte es für schwierig, wenn man sagt: Das und das muss herauskommen, sonst ist der Weg gescheitert.“ Auch Weihbischof Horst Eberlein teilt diese Sorge: „Ich befürchte, dass Sackgassen entstehen, und dass bestimmte Leute dann nicht mehr mitgehen. Ich wünsche mir, dass wir das nicht zu oft erfahren.
Text: Andreas Hüser