Die Familienferienstätte der Caritas setzt auf ihre Gäste und auf Tradition

Jahr für Jahr St. Ursula

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Wieder geht der Sommer zu Ende. Glücklich all diejenigen, die ihre Ferien am Ostseestrand verbringen durften. Die Familienferienstätte St. Ursula der Caritas setzt auf Tradition – und auf neue Ideen, die die Gäste glücklich machen.

Das Team der Familienferienstätte. Links oben im blauen T-Shirt steht Markus Dupke, der Leiter des Hauses
Das Team der Familienferienstätte. Links oben im blauen T-Shirt steht Markus Dupke, der Leiter des Hauses. Foto: Andreas Hüser

„Sollen wir im Sommer nicht mal woanders hinfahren?“ Martina Bührlen hat ihre Kinder das schon öfter gefragt. Die Antwort war immer: Nein. Im Sommer fährt die Familie nach Graal-Müritz. Besser als in der Familienferienstätte St. Ursula kann es nirgendwo sein. Stammgast Nicole Hühne hat das Gleiche schon durchexerziert. Jetzt sitzen beide im Schatten des Hauses an der Ostsee, um sie herum noch fünf andere Sommergäste, und sie sprechen darüber, wie oft sie schon da waren – Rekord ist zwölfmal – und warum es nirgendwo besser ist: „Wunderbar, dass hier die Kinder mit den Eltern und später die Omas mit den Enkeln kommen.“ Häuser in Strandnähe, das gibt es in Graal-Müritz zuhauf. Dazu ein großer Garten mit Spielplatz und stillen Rückzugsmöglichkeiten, das ist schon seltener. Aber wo sonst macht ein Team von ehrenamtlichen Jugendlichen für die Kinder jeden Tag Programm? In einem Zelt bereitet dieses Team gerade einen Bastelnachmittag vor. „Die meisten von uns waren als Gäste mit den Eltern schon da. Und wir kommen immer wieder.“ Julia Schmidtke (18) aus Leipzig hält in dieser Runde den Rekord: das fünfte Mal ist sie in diesem Helferkreis. „Wir kennen uns“, sagt Antonia Rother aus dem Erzgebirge. „Für mich ist das hier wie ein zweites Zuhause.“

Wäre das Haus St. Ursula ein Hotel, könnte sich der Hoteldirektor bequem zurücklehnen. Ein ausgebuchtes Haus mit Gästen, die immer wieder kommen, was will man mehr? Aber die Caritas-Familienferienstätte ist kein Hotel. „Die Nachfrage ist im Sommer groß“, sagt Hausleiter Markus Dupke. „Aber wir möchten auch immer offen für neue Gäste sein. Vor allem möchten wir auch solche Familien aufnehmen, die sich einen Urlaub sonst nicht leisten können.“ Deshalb „bucht“ man den Urlaub in St. Ursula nicht, sondern „fragt an“. Ende Oktober sichtet Dupke die Anfragen und stellt die fünf Freizeiten zusammen. Zahl der Kinder, Behinderung, das Einkommen, alleinerziehende Eltern im Stress, all das spielt bei der Vergabe eine Rolle. 

Im Sommer sind immer alle der maximal 140 Betten im Haus belegt. Etwas entspannter geht es in den anderen Jahreszeiten zu – in den Winterferien, Herbsttagen und Osterwochen für Familien, in der Advents-, Silvester- und Seniorenfreizeit, bei den Fastenwochen und in der Zeit dazwischen, in der Einzelgäste, Gruppen Chöre und Tagungsgruppen kommen. Manchmal waren auch schon Organisationen da, die mit Religion nicht viel im Sinn haben. Aber auch dann verleugnen die Hausmitarbeiter nicht ihr Profil: Vor dem Essen wird gebetet. Und es ist erstaunlich: Bei den geistlichen Morgenimpulsen sind – ohne Zwang – auch diejenigen da, von denen man es nicht vermutet hätte. „Und wer weiß, welche Wirkung das hat“, sinniert Markus Dupke. „Glaubensfragen kommen irgendwann für jeden. Und vielleicht erinnern sich die Menschen dann daran: Mensch, da war was!“ 

Die Gäste bestimmen mit, was geboten wird

Da war was! Die lange Geschichte des Hauses ist nicht vergessen. 1922 war St. Ursula in Graal-Müritz die erste Missionsstation der „Missionsschwestern vom heiligen Namen Mariens“. Es gibt heute noch ältere Menschen, die als „Heimkinder“ in Graal-Müritz waren. „Die Heimkinder sind uns sehr wichtig“, erzählt Markus Dupke. Die „Ehemaligen“ legen zum Beispiel Wert darauf, dass sie vieles im Haus wiedererkennen. „Deshalb können wir die Flure nicht einfach verändern oder in einer ganz anderen Farbe streichen“, sagt Markus Dupke. Solche Rücksichtnahme mag einigen übertrieben scheinen. Aber die Rücksicht auf die Gäste ist hier Prinzip. In der Mitte jeder Freizeit gibt es eine „Halbzeitanalyse“. Die Gäste können sagen, was ihnen gefallen und nicht gefallen hat und Vorschläge machen, was sie gern machen würden. Vor Jahren kam der Wunsch: „Am Wochenende voll ausschlafen können.“ Seitdem gibt es samstags „Genießerfrühstück“ ohne Ende. „Wir probieren ständig etwas Neues aus“, so Markus Dupke, „wenn es klappt, machen wir weiter.“ 

Gerade erst, vor dem Essen, hat er den Sieger des gestrigen Fußball-WM-Finales bekannt gegeben. Die Gäste spielen als Länder gegeneinander. Auch das war mal eine neue Idee, die sich durchgesetzt hat. Am nächsten Tag gibt es dann Spezialitäten der Siegernation. Gewonnen hat gestern Griechenland. Glück für die Küche: Griechisches Essen, das ist nicht zu exotisch und schmeckt allen.

Dass in diesem Jahr immer noch Corona-Regeln herrschen,  ist für viele kaum noch ein Problem. An vieles hat man sich gewöhnt: Und draußen geht fast alles, sogar die abendliche Tanzparty, die als „gewerblich organisierte Privatfeier“ erlaubt ist. 

Im Winter, wenn es ruhig wird am Ostseestrand, dann werden einige Gäste  wiederkommen. Der „harte Kern“ ist in einem Förderverein zusammengeschlossen, der das Haus in vielen Dingen unterstützt. Unter anderem mit eigener Arbeit im Haus und drumherum. Vom Graben-Baggern am Fußballplatz bis zum Büchersortieren in der Bibliothek: Die „Ursulaner“ sorgen dafür, dass es andere Gäste demnächst noch schöner haben. 

Text u. Foto: Andreas Hüser