Jeder sucht sich ein Instrument!
Ein Pfarrer, der alte Musikinstrumente sammelte, machte den Anfang. Eine Schar junger Leute wagte den Einstieg mit Trompete, Posaune oder Tuba. Seit 60 Jahren besteht nun die Bläsergruppe Neukloster, Warin und Wismar.
Neukloster. Dass tatsächlich schon sechs Jahrzehnte seit der Gründung des Bläserensembles der katholischen Gemeinde St. Marien Neukloster und der mit ihr verbundenen St. Josefs- Filialgemeinde Warin vergangen sind, versetzt selbst die „alten Hasen“ aus der Anfangszeit in Erstaunen. Dabei hat die momentan siebenköpfige Besetzung, die seit vielen Jahren auch durch Musiker aus Wismar ergänzt wird, durchaus bewegte Zeiten hinter sich.
Angefangen hat die Geschichte Ende der 1950er Jahre, als der damalige Wariner Pfarrer Dr. Josef Traeger mit dem Sammeln alter, gebrauchter Musikinstrumente aus der Nachkriegszeit begann. In den Folgejahren scharte er einen Kreis musikbegeisterter junger Leute um sich, die auch aus Brüel und Witzin kamen. Auf einem großen Tisch lag ein Riesenhaufen Blechblasinstrumente, jeder suchte sich das für ihn passende Instrument aus und es wurde fleißig geprobt. Der erste offizielle Auftritt anlässlich einer Priesterweihe im Frühjahr 1962 in Sternberg bescherte den jungen Musikanten „Lampenfieber und zuvor eine schlaflose Nacht“, so Gründungsmitglied Helmut Hoffmann (83). Bis 2018 spielte er auf seiner Konzerttrompete die erste Stimme, musste dann aber aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Allerdings bleibt er als „Kassenwart“ der eingeschworenen Truppe weiter erhalten und hat über Jahrzehnte akribisch Buch geführt über sämtliche Auftritte. Mit den Jahren sind es über 800 geworden. Im Spätsommer 1989 übernahm der studierte Kirchenmusiker Stefan Beyrau die Leitung der Bläsergruppe und seit 1999 führt Bauingenieur Dietmar Hoffmann aus Wismar das Zepter.
Das Repertoire umfasst 500 Stücke
Sein älterer Bruder Michael Hoffmann, seit 1980 dabei, ergänzt: „Wir machen Musik zur Freude der Menschen und zur Ehre Gottes.“
Viel verändert hat sich nicht nur beim Repertoire: Waren es in den Anfangsjahrzehnten fast ausnahmslos Choräle und kirchenmusikalische Stücke, so erweiterte sich dies nach der Wende stilistisch um Volksmusik und Werke aus der Unterhaltungsmusik wie Swing-, Ragtime- und Dixieland-Titel. Hinzu kommen Songs von populären Künstlern wie den Beatles, Queen, Pink Floyd oder Bob Dylan.
Schwer war es anfangs, an geeignetes Notenmaterial zu gelangen. So wurden die Notensätze mühsam per Hand abgeschrieben, da es kaum Kopiermöglichkeiten gab. Da konnte es durchaus schon mal vorkommen, dass bei Auftritten bei Regenwetter das Notenbild verlief und alles neu geschrieben werden musste. Heute ersetzen moderne PC-Notenprogramme diesen immensen Arbeitsaufwand. Mittlerweile umfasst der Bestand an Liedgut sicher fast 500 verschiedene Werke.
Den Mitwirkenden fallen immer wieder lustige Anekdoten ein; zum Beispiel ein Auftritt auf der Dekanatswallfahrt in Dreilützow. Da die angesagten Musikstücke nicht von allen Anwesenden akustisch genau verstanden wurden, spielten plötzlich einige Musiker „Heiliger Josef, hör uns flehen“ und der Rest „Lobe den Herren“. Auch kam es schon vor, dass man mitten im komplizierten Vorspiel steckenblieb und wieder neu ansetzen musste oder dass die Tuba plötzlich ausfiel und der Bass-Unterbau fehlte. Aber so ist es eben bei Live-Auftritten: Alles ist echt und ungefiltert und eine gehörige Portion Selbstironie gehört mit zum Musikanten-Leben…
Im Jahr kommen die Musizierenden auf 15 bis 20 Auftritte, die sie in Zeiten kleiner werdender Gruppen gemeinsam mit befreundeten Musikern anderer Ensembles bestreiten. Sogar Rundfunkgottesdienste oder Auftritte auf der BUGA in Schwerin gab es schon vor größerem Publikum. Man tritt nicht nur bei kirchlichen Anlässen, wie Gottesdiensten, Wallfahrten oder Kirchentagen auf. Auch Hochzeiten, runde Geburtstage, Firmenjubiläen oder Stadtfeste gehören zur „Setlist“.
Übrigens: Die muntere Truppe freut sich jederzeit über Verstärkung, sei es durch Holz- oder Blechbläser. Probenzeit ist immer freitags ab 19.45 Uhr im katholischen Gemeindezentrum St. Maria in der Eichholzstrasse 16a.
Michael Hoffmann