Proben für ein Klang-Event

Jedes Konzert ist ein Unikat

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Proben fürs Glockenkonzert
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Foto: Edmund Deppe

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Glockenkundler aus Leidenschaft: (v.l.) Jonas Rennspieß, Hendrik Hopfenblatt und Jörn Bergmann vor der „Canta Bona“.

Vor fünf Jahren besuchten Jonas Rennspieß (22), Hendrik Hopfenblatt (21) und Jörn Bergmann (20)​ erstmals das Hildesheimer Domgeläut. Jetzt waren sie wieder im Dom, um das Glockenkonzert für den 14. August vorzubereiten.

Kennengelernt haben sich die drei so richtig auf ihrer damaligen Glockentour, bei der die jungen Glockenfans vom Glockensachverständigen Andreas Philipp begleitet wurden. „Diese Tour, die uns auch in den Glockenturm des Hildesheimer Doms zum größten und schwersten Geläut Niedersachsens geführt hat, hat uns zusammengeschweißt“, erzählt Jonas Rennspieß. „Aus unserem großen Hobby der Kinder- und Jugendzeit ist eine regelrechte Leidenschaft geworden“, ergänzt er. Oft sind sie allein zu Glockentürmen unterwegs, aber wenn es passt gemeinsam. „Unsere nächste Tour ist bereits geplant“, verrät Rennspieß. Beruflich sind alle drei zwar im Norden der Republik unterwegs, allerdings in verschiedenen Regionen: Jonas Rennspieß studiert Elektrotechnik in Göttingen, Hendrik Hopfenblatt Forstwirtschaft in Eberswalde und Jörn Bergmann will Gymnasiallehrer werden – unter anderem mit dem Fach Musik.

Standen früher vor allem die Ton- und Bildaufnahmen im Vordergrund ihres Hobbys, liegt das Hauptaugenmerk der drei inzwischen auf der Analyse der einzelnen Glocken. „Uns interessiert, wo, wann und von wem die Glocken gegossen wurden, wie sie gestaltet sind, wie sie heißen, welche Geschichte sie haben, was für Inschriften es gibt und wir übersetzen zum Beispiel auch lateinische Inschriften, wenn es welche gibt. Diese Informationen sammeln wir genauso wie die Fotos, Videos und Audiodateien der einzelnen Glocken und archivieren sie.“ Bis zu 500 oder sogar mehr Glocken und Geläute haben sie jeweils abgespeichert und viele kann man sich auf ihren YouTube-Kanälen anhören und ansehen.

Bei ihrem Besuch vor ein paar Wochen im Dom haben sich die jungen Glockenexperten intensiv mit den zwölf Glocken beschäftigt, die in den beiden Glockenstuben im Westwerk des Domes untergebracht sind. „Am faszinierendsten ist dabei natürlich die Canta Bona, die mit ihren 8686 Kilogramm nach der Christus-Glocke in der Marktkirche in Hannover die zweitgrößte Glocke Niedersachsens ist“, betont Rennspieß. Doch diesmal waren die Ton- und Bildaufnahmen nur Nebensache. „Unser Besuch diente der Vorbereitung für das Glockenkonzert am Vorabend des Patronatsfestes des Doms. Dafür mussten wir jede Glocke anläuten, um die Zeit vom Anschalten in der Sakristei bis zum ersten Anschlag genau zu stoppen und ebenso, wie viele Sekunden oder Minuten vom Ausschalten bis zum letzten Anschlag des Klöppels vergehen. Das ist für ein Glockenkonzert wichtig“, erklärt Rennspieß.

Glockenkonzert 2023
2023 lauschten auf dem Hildesheimer Domhof rund 500 Besucher dem Glockenkonzert. Foto: bph/Peter Lange

Für das Konzert am 14. August haben sich die jungen Campanologen, wie der Fachbegriff für Glockenkundler lautet, vier Teile überlegt. „Im ersten Block stellen wir die Geburtstagskinder vor, also die sechs Glocken, die 2014 geweiht wurden und das Domgeläut vervollständigten. Sie wurden am 15. August 2014 erstmals geläutet und begehen nun ihren zehnten Geburtstag.“ In diesem Teil wird es verschiedene Motive und Klangkombinationen mit den sechs kleineren Glocken geben. Der zweite Block widmet sich dann dem alten Domgeläut, wie es bis zum Beginn der Domsanierung 2010 bestand. „Neben verschiedenen Kombinationen dieser Glocken wird es unter anderem einen solistischen Part für die Canta Bona geben. Jeder soll die Möglichkeit haben, diese besondere Glocke einmal separat zu hören“, findet Rennspieß.

Im dritten Block erklingen die alten und neueren Domglocken in verschiedenen Zusammensetzungen. In diesem Teil soll auch ein großes Trauermotiv erklingen, das dann in ein großes Freudenmotiv übergeht, „Hierdurch kommt die musikalische Vielfalt und die Harmonie aus alten und neuen Glocken besonders zur Geltung. Den letzten Block bildet dann schließlich das Vollgeläut. Es ist gleichzeitig das Festgeläut aller Glocken, mit dem das Patronatsfest Mariä Himmelfahrt eingeläutet wird“, betont Rennspieß. „Zwar haben Jörn und ich schon vier Glockenkonzerte an der Marktkirche in Hannover gegeben, aber dieses Konzert ist eine besondere Herausforderung, auf die wir uns sehr freuen, denn jedes Glockenkonzert ist ein Unikat und kann nicht wiederholt werden. Schließlich gibt es dafür keine Noten“, erklärt Jonas Rennspieß.

Edmund Deppe

Das Open-Air-Konzert der Domglocken am Mittwoch, 14. August, beginnt um 19.45 Uhr und dauert circa 60 Minuten.